Rasenmähen? Kärchern? Bäume fällen? Nein – wir schlafen einfach aus!
Mit Ostern, Sächsilüüte und dem 1. Mai hat die frühsommerliche Feiertagsphase begonnen, die sich über Auffahrt bis zum Pfingstmontag hinauszieht. Eine willkommene Zeit, um sich über mehrere Wochen von Feiertag zu Feiertag, von Brücke zu Brücke zu angeln und dabei in den Genuss von kleinen Auszeiten zu kommen, während welcher man zur Ruhe kommen kann. Doch nicht alle halten es gleich mit Feiertagen.
Ob es an meinem Alter liegt, an meiner Kultur, an meiner Religion oder einfach nur an meinem Verständnis von einem ausgewogenen Arbeits- und Familienleben: Ich bekunde je länger, je mehr Mühe mit der zunehmenden Verwässerung von Sonn- und Feiertagen.
Als ich selbst noch ein Kind war, kannten wir noch die 6-Tage-Woche. Mein Vater arbeitete auch am Samstagvormittag, während wir Kinder die Schule bis zum Mittag besuchten. Wie gross war damals die Freude, wenn endlich der Sonntag wieder eingeläutet oder gar ein besonderer Feiertag gefeiert werden konnte. Niemals wäre es meinen Eltern in den Sinn gekommen, sich ausgerechnet an diesen dünn gesäten arbeitsfreien Tagen mit Aktivitäten wie Einkaufen im Ausland, Kärchern von Terrassen oder Gehwegen, Autowaschen oder Fensterputzen zu beschäftigen. Stattdessen besuchten wir den Gottesdienst, Verwandte oder Freunde oder fuhren zum See, um gemeinsam zu picknicken oder eine Glace zu essen. Nichts mehr, aber auch nichts weniger.
Heute kennen viele weder Tag noch Nacht, weder Werk- noch Feiertage. Sonntags machen sie dasselbe wie montags, und sie versuchen, das viel zu viele, das sie in eine Woche hineinpacken, aber niemals erledigen können, an den Ruhetagen zu bewältigen. Meist genauso erfolglos.
Ich habe einmal gelernt, dass jedes noch so starke Gebäude Dehnungsfugen braucht. Zur Stabilisierung, damit das Konstrukt nicht zusammenbricht. Bräuchten nicht auch wir solche Dehnungsfugen in Form von Ruhetagen, die diesen Namen auch wirklich verdienen? Müssten wir nicht die Ruhetage schützen, um uns selber zu schützen?
Was meint Ihr dazu?
immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich