Am Rande des Wahnsinns

Von Nadine

Er fing vor über einer Woche an. Der ultimative Wahnsinn – und Dienstag brachte er mich an den Abgrund. Gründe dafür gibt es gleich zwei. Die Kombination ist denkbar schlecht.

Letzte Woche Dienstag ging es los. Unser Gäste-WC sollte renoviert werden. Eigentlich ein Grund zur Freude, denn danach soll es ja viel schöner sein als vorher. Doch wenn man ein Kleinkind hat, ist Baulärm nicht gerade der ultimative Kick. Wenn rund um die Uhr gehämmert, gebohrt, gesägt, gemeißelt wird ist das schon für uns Erwachsene recht nervtötend. Einem kleinen Kind macht der Lärm jedoch vielleicht sogar Angst. Zumindest die richtig lauten Sachen, wie die Bohrmaschine.

Zu allem Überfluss machte sich am Mittwoch bereits das dumpfe Gefühl breit, dass Herr Sohn etwas ausbrütet. Die Tatsache, dass er freiwillig einen Mittagsschlaf machen wollte, war ein deutliches Zeichen. Und erst recht, dass er am Nachmittag nicht mit seinem Freund spielen und toben wollte, sondern lieber die meiste Zeit auf Mamas Arm verbrachte. In der Nacht wachte er mit Fieber auf. Mehrmals. Wollte trinken, den Schlafsack ausziehen, kuscheln. Am folgenden Tag war er sehr ruhig und schlief wieder viel. Sonst keinerlei Anzeichen einer Erkrankung, ausser dass er einmal sagte “Bauch aua!”

Die Nacht war da schon deutlich schwieriger und wurde nicht nur von ständigem Aufwachen, sondern von viel Geschrei begleitet. Ich ahnte nun, was ihm fehlt, auch wenn er seinen Schmerz nicht in Worte fassen konnte.

Ein Besuch beim Kinderarzt bestätigte meinen Verdacht am nächsten Morgen: eine Mittelohrentzündung! Das tut höllisch weh! Mit Medikamenten ausgestattet, ging es wieder nach Hause und gleich darauf ins Bett. Doch der Mittagsschlaf wurde jäh gestört vom Baulärm. Herr Sohn hatte Angst, wachte schreiend und zitternd auf – und war nicht mehr zu beruhigen. Mit jedem weiteren Lärm wurde es nur schlimmer. Aber was sollte ich tun? Den Handwerker nach Hause schicken? Das ging auch nicht. Die Arbeit muss ja getan werden. Auch ein Spaziergang mit Papa half Herrn Sohn nicht aus seinem Schreianfall.

Die Zeit, wo die beiden unterwegs waren, nutzte ich für den Wocheneinkauf. Ein bisschen gute Laune brachten dann endlich die neuen Spielzeugautos, die ich vom Einkauf mitbrachte. Trotzdem blieb es schwierig. Auch am folgenden Tag. Denn so interessant die Baustelle war (Herr Sohn wollte immer mitmischen, so lange kein Lärm war), soviel Angst machte ihm auch die Geräuschkulisse. Erst der Sonntag wurde daher wieder etwas angenehmer. Doch die Ruhe war nur von kurzer Dauer…

Schließlich gingen die Arbeiten am Montag weiter und dauerten eh schon viel länger als eingeplant. Dienstag erreiche die ganze Sache für mich und meine Nerven den Gipfel. Ich hatte die Baustelle so satt und der Schlafmangel und das ständig schlecht gelaunte Kind machten es nicht besser – auch wenn ich wusste, dass er so gar nichts dafür kann. Doch ich konnte ihm nichts recht machen und je mehr er schrie, desto dünner wurde mein Nervenkostüm. Fazit: ich schimpfte! Den ganzen Tag! Auch wenn ich das gar nicht wollte. Aber Herr Sohn hatte zu allem Überfluss nur Dummheiten im Kopf. Das machte mich nach einer mehr als anstrengenden Woche schier wahnsinnig!

Auf die Spitze brachte es dann noch das blöde Klo. Statt 0815 musste ja Design her, und Design hatte nun mal keine Anschlüsse, die der Norm entsprechen. Ein Klempner musste her, und der sollte um 15.00 Uhr da sein. Er kam – mit drei Stunden Verspätung! Pünktlich zu Herrn Sohns Schlafenszeit wurde hier die Wand aufgestemmt, eine neue Leitung gelegt. Der Fliesenleger hatte sich inzwischen verkrümelt. Papa war im Baumarkt verschollen. Ich war gefangen zwischen Wut und Verzweiflung. Als Herr Sohn endlich im Bett war, verkroch ich mich ins Schlafzimmer und zog mir die Decke über den Kopf. Ich wollte nichts mehr hören und sehen!

Auch am nächsten Tag war meine Laune nicht besser. Mir war zum Heulen zumute, denn schnell wurde klar, dass die Renovierung auch heute nicht zu einem Ende kam. Und somit natürlich auch nicht am folgenden Tag, denn das war ja ein Feiertag.

Heute ist Freitag, ein Tag der mit viel Sonne und wesentlich besserer Laune begann. Den Vormittag verbrachten Herr Sohn und ich bei seinem Cousin und als wir nach Hause kamen, war der Handwerker weg und das Gäste-WC endlich (!!!!!!!) fertig. Nach 11 Tagen und 450,00 € mehr als eingeplant. Und ich glaube Herr Sohn ist auch endlich wieder richtig gesund. Der Wahnsinn hat endlich ein Ende!

Morgen steht Großputz auf dem Plan. Und dann kann ich endlich wieder richtig zur Ruhe kommen. Endlich…