Am Anfang war der Frost
Delphine Bertholon
Limes, 2014
978-3809026273
19,99 €
1981. Grâce Bataille führt in ihrem malerischen Familienhaus in der französischen Provinz ein Leben wie aus dem Bilderbuch – mit zwei wunderbaren Kindern und einem Mann, den sie abgöttisch liebt. Doch die Fassade bröckelt, als eines Tages ein neues Au-Pair-Mädchen bei ihnen anfängt.
2010. Nathan kehrt nach Hause zurück, um wie immer mit Mutter und Schwester Weihnachten zu feiern. Doch dieses Jahr ist alles anders … Sein Vater, der dreißig Jahre zuvor wortlos verschwand, taucht wieder auf. Und plötzlich geschehen seltsame Dinge im einst idyllischen Haus …
Grâce ist kalt, verherrlichend und unzufrieden. Sie kann schöne Briefe schreiben, redet über die Liebe, aber ich glaube nicht, dass sie dieses Gefühl kennt. Sie erzog ihre Kinder im, heimlich mit dem Wissen, dass sie ein Lieblingskind hat und es diesem nicht zeigt. Unfreundlicher konnte sie zu mir als Leserin kaum sein.
Nathan ist ruhig, manchmal spöttisch gegenüber seiner Schwester, aber immer für seine Kinder da. Er ist das Gegenteil von Grâce. Trotzdem bleibt die Familienkonstellation reichlich unausgewogen.
Winterlich, weihnachtlich – aber es ist ein komisches, ernstes Weihnachtsfest. Das Haus steht abseits, nicht viele Nachbarn. Es ist alt, einmal renoviert. Es könnte eine Geschichte erzählen, aber auf die wird kaum eingegangen.
Dieses Buch hat eine schwere und träge Atmosphäre an sich, die man auf jeder Seite spürt. Vielleicht ist es genau das, was ich nicht ertragen konnte und was alle Gefühle der Figuren unterdrückt hat. Diesen Gedanken halte ich nun schon so lange fest, dass ich ihn zuerst aufschreiben musste. Vielleicht geht es Euch auch manchmal so.
Diese Familiengeschichte ist so ganz anders. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so ein hübsches Buch und so ein toller Klappentext mir nicht gefallen konnten.
Zuerst lese ich Briefe von Grâce. Sie sind zutiefst traurig und verstörend und geplagt von Einsamkeit. Trotzdem kann ich sie nicht bemitleiden, denn sie hat gemein und harte Züge an sich, die in jedem Wort mitschwingen. Trotz der greifbaren Gefühle, blieben sie taub und entfernt. Es gab irgendwie keinen Grund für Grâce so zu denken und so zu fühlen, jedenfalls fand ich keinen Zugang zu ihrem Problem.
Die Handlung springt immer wieder hin und her: 1981 – 2010. Grâce Sohn hat selbst schon Kinder und Schicksalsschläge zu ertragen. Auch er ist traurig, aber auf eine sanftere Art, auch um die Kinder zu beschützen. Mich hat gestört, dass diese Familie vom Unglück verfolgt wird und nicht einmal versucht etwas dagegen zu tun. Alles ist Fluch, die anderen sind Schuld.
In der ganzen Familie herrscht eine bittere Kälte, die mir die Stimmung zum Lesen vermiest hat. Ich hatte nur schlechte Gefühle beim Lesen, wollte Grâce ärgern und das Buch zu klappen und nicht mehr lesen.
Es gab für mich kein Licht in diesem Roman, nicht einmal die Andeutung davon. Ich denke, dass deswegen auch keine Gefühle wirklich wichtig und relevant waren für die Handlung. Was einmal schlecht ist, wird schlecht bleiben.
Die Autorin hat einen klar französischen Stil: melancholisch, still und zum Teil sehr hart. Aber in anderen französischen Roman ist das Verhältnis der Protagonisten ausgeglichener und ruhiger.
Eine einsame Figur in einer Winterlandschaft, ein paar rote Blüten und ja, ich mag das Cover. Es ist ein sehr hübsches Winterbild, der Roman beginnt auch zu Weihnachten.
Der Roman konnte mich nicht gefangen nehmen. Es kränkt mich, dass ich es versucht habe und gescheitert bin. Doch er war zu dunkel, zu wüst und zu unausgewogen.