Aluminiumvergiftungen durch Kapselkaffee?

Von Kaffeewacht

Spezielle Kaffeemaschine für Kaffee-Kapseln (Foto: Nespresso)

Jährlich werden Milliarden an Kapselkaffees abgesetzt. Gemahlener Röst-Kaffee wird dabei in Aluminiumkapseln portioniert und in speziellen Kaffeemaschinen zubereitet. Die komfortable Zubereitung mit Kapseln (und Pads!) beschert allen Beteiligten (Hersteller und Handel) seit einigen Jahren zweistellige Zuwachsraten.

Der Einzelportionsmarkt (aktuellere Zahlen liegen leider nicht vor):
Allein Nespresso (Nestlé) verkaufte im Jahr 2006 etwa 3 Milliarden Kaffeekapseln in 38 Ländern. Damit ist das Unternehmen der drittgrößte Kapselverkäufer (11 %). Marktführer in diesem Segment ist Sara Lee mit Pads (40%), gefolgt von Lavazza (12%). Auch kleinere Kaffeekapsel-Wettbewerber, wie Kraftfoods mit Tassimo oder Tchibo mit seinem Kapselsystem Cafissimo sehen sich auf der Erfolgsspur (Zahlen lt. Studie von Evalueserve/2005).

Der Zufall… oder ein Besuch beim Arzt:

Bioresonanzgerät nach MORA mit Kapselkaffee

Durch befreundete praktische Ärzte für Homöopathie bin ich darauf aufmerksam gemacht worden, dass es in den so genannten Kapselkaffees vermehrt zu Aluminum-Belastungen bei ihren Patienten gekommen sei.

Symptome, wie zum Beispiel Müdigkeit, Hauterkrankungen, hormonelle und nervliche Veränderungen führten auf Grund von Messungen durch die so genannte Bioresonanzanalyse* (nach Mora) der Ärzte zu dem Ergebnis, dass sie entsprechend hohe Aluminium-Belastungen haben sollen.
Nach Analyse der Ursachen wurde vermehrt festgestellt, dass bei den Vieltrinkern von Kapselkaffee nach dem »Ausleiten« der angeblichen Gifte und dem Weglassen dieses Kaffeegenusses diese Belastungen reduziert sein sollen.

Die These der Ärzte: Hervorgerufen durch den Hochdruck bei der Zubereitung in der speziellen Kaffeemaschine – Durchstoßen und mechanischer Abrieb, der zum Loch in der Kapsel führt, werden Kleinstteile dieser Leichtmetalle – mit allerdings toxischen Eigenschaften – in Verbindung mit dem heißen Wasser vermutlich ausgeschwemmt.
So soll das Aluminium die Toxizität von Quecksilber VERSTÄRKEN, welches z.B. durch Amalgam weitverbreitet ist und durch Mangel an Spurenelementen im Körper gespeichert und nicht ausgeleitet werden können. Das soll bei sehr häufigem Konsum zu Ablagerungen im Körper führen. Und damit zu verstärkten Belastungen.
Neueste amerikanische Studien sollen bewiesen haben, dass durch Aluminiumablagerungen Alzheimer entstehen kann, zumindest soll die Wahrscheinlichkeit höher sein, Alzheimer zu bekommen. Natürlich hängt das von der Veranlagung bzw. der Genetik ab, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist.

Kann die These stimmen?
Die Bioresonanztherapie ist umstritten. Aber beim Verifizieren dieser Ärztethese traf ich zu meiner Überraschung auf keine konkreten medizinischen oder wissenschaftlichen Untersuchungen zu dieser Thematik im Internet?! Nahezu gar nichts.
Auch Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Spiteller vom renommierten Institut für Umweltforschung an der Technischen Universität Dortmund konnte mir auf Anfrage nur sagen, dass er mit der Thematik an sich nicht vertraut ist, aber „es wäre durchaus möglich, dass geringfügig etwas erhöhte Aluminium-Belastungen auftreten können„.

Für eine zweite Meinung bat ich einen weiteren Arzt um eine Stellungnahme: Dr. Gerhard Rummel von der Medizinische Gesellschaft für Bioresonanz in Rheinstetten wurde dann doch konkreter.
Zitat: „Diese Schwermetallbelastungen sind ein langfristiges Problem, da diese toxischen Substanzen bei einem Prozentsatz von Patienten nicht oder verlangsamt ausgeschieden wird. Vom Amalgam ist es bekannt. Deshalb stellen diese Kapseln bei allergie-belasteten Patienten ein Risiko dar und Aluminium kann zusammen mit Infektionen den Boden für Parkinson und Alzheimer bereiten. Es sind damit multifaktorielle Zusammenhänge, die nicht einfach durch Studien zu beweisen sind. Das Problem betrifft alle „Umweltgifte“ in gleicher Art, was zu immer geringeren Belastungsgrenzen durch den Gesetzgeber führt. Gesunde haben kaum Probleme, Kranke sicher.

Was sagt eigentlich die kapselproduzierende Industrie dazu?
Lavazza, einer der größten Kaffeekapsel-Produzenten weltweit, verwies mich an die zuständige PR-Agentur, die mir mitteilte, dass sie in Deutschland keine Untersuchungen dazu vorliegen haben. Eine Stellungnahme aus Italien war nicht zu bekommen. Das war schon mal enttäuschend – auf diese Thematik war man scheinbar nicht vorbereitet.

Ein Sprecher von Tchibo teilte mit, dass die oben erwähnten Auswirkungen in der geschilderten Form nicht nachvollzogen werden können -  insbesondere die Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken.
Eine Studie des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die u. a. die Thematik „Aluminium aus Bedarfsgegenständen“ thematisiert, stütze diese Einschätzung, so Tchibo.
Zitat: „Ein Zusammenhang zwischen einer erhöhten Aluminium-Aufnahme aus Lebensmitteln inklusive Trinkwasser, Medikamenten oder kosmetischen Mitteln und einer Alzheimer Erkrankung wurde bisher wissenschaftlich nicht belegt. Weder bei Dialyse-Patienten, noch bei Aluminium-Arbeitern – beides Personengruppen, die in großem Umfang mit Aluminium in Kontakt kommen – wurden die für Alzheimer typischen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn überdurchschnittlich oft beobachtet. Das BfR sieht deshalb keine Gesundheitsgefahr für Verbraucher durch eine Aluminiumaufnahme aus Lebensmittelbedarfsgegenständen und kosmetischen Mitteln.“ Übrigens eine Studie aus dem Jahr 2005, aktualisiert in 2007.

Ergänzend wurde seitens Tschibo angemerkt, dass die Aluminiumfläche der Tschibo-Kapseln nur kurzfristig und in geringer Fläche in Kontakt mit Kaffee bzw. Brühwasser kommt. Erst beim Einlegen der Kapsel und dem anschließenden Verriegeln des Kapselhalters durchstößt ein Dorn die Aluminiumschicht, die durch eine Folierung vom Kaffee getrennt ist. Sonst kommt der Kaffee nur mit Kunststoff in Kontakt. Eine erhöhte Löslichkeit von Aluminium unter dem Einfluss von Säuren und Salzen wie vom BfR beschrieben, ist ebenfalls bei Kaffee nicht gegeben.

Nespresso (Nestlé) bzw. deren PR-Agentur benötigte bedingt durch diverse Outlookprobleme mehr als 5 Wochen für eine Stellungnahme, aber konnte mit konkreten Zahlen aufwarten. Also hatte man die Zeit genutzt und sich vermutlich schlau gemacht.
Zum Beispiel: Wie andere Pflanzen nimmt auch der Kaffeebaum durch die Erde eine kleine Menge Aluminium auf, die zu einem natürlichen Gehalt von 0,73-52mg/kg Aluminium in Kaffeebohnen führt. Dies entspricht einem Gehalt von bis zu 0,042 mg in einer Nespresso Kapsel und 0,002 – 0,005 mg in einer zubereiteten Tasse Nespresso Kaffee. Ergo: „Bei einer geschätzten Aluminiumaufnahme durch Speisen und Getränke von 8 mg am Tag liefert eine Tasse Nespresso Kaffee ca. 0,06%“. Klingt wenig: aber bei 4 Tassen am Tag, bei einem täglichen Konsum auf das Jahr gerechnet, bezogen auf zum Beispiel die letzten 5 Jahre, macht das ca. 35 mg!

Weiter wurde mitgeteilt, dass die Nespresso-Kapsel sowie die Membran mit einer lebensmittelunbedenklichen Beschichtung versehen sind. Kleine Partikel des Aluminiums, die sich unter der Verwendung von Wasser unter hohem Druck in seltenen Fällen lösen könnten, können aufgrund der Beschichtung nicht in den gerösteten und gemahlenen Kaffee gelangen.

Hinsichtlich eines potentiellen Gesundheitsrisikos von Aluminium gibt es laut Nestlé Annahmen, denen zufolge Aluminium bei exzessivem Konsum zu einem Risikofaktor für Knochen- und Hirnschäden wie z.B. die Alzheimer-Krankheit werden kann. Experten der WHO (World Health Organisation) haben jedoch erforscht und bestätigt, dass es keinerlei Anlass für die Annahme einer primären Verbindung zwischen Alzheimer und Aluminium gibt.
Schlussbemerkung seitens der PR-Agentur von Nestlé: Nespresso ist selbstverständlich stets auf dem neuesten Kenntnisstand der Studien und Forschungen und führt regelmäßige, vorbeugende Messungen des Aluminumgehaltes im Nespresso Kaffee durch. Diese Messungen unterstützen die Aussage, dass der Gehalt sehr gering ist und zu keiner signifikanten Steigerung der täglichen Aluminiumaufnahme durch Speisen und Getränke führt.

Eine Sprecherin von Kraftfoods (Tassimo) verwies auf die Ausgabe der „test“ Zeitschrift der Stiftung Warentest. Danach hatten beide Tassimo Geräte bei „Schadstoffen“ von allen Kaffeemaschinen im Test die besten Ergebnisse. Zitat: „Hier geht die Stiftung Warentest zwar nicht direkt auf Aluminium ein, aber diese Tests sind durch die unabhängigen Labore der Stiftung Warentest sehr gründlich. Wenn Aluminium im Getränk vorhanden gewesen wäre, hätte die Stiftung Warentest die Öffentlichkeit mit Sicherheit darauf aufmerksam gemacht.“

Eine Sprecherin der Stiftung Warentest sagte dazu:
Zitat: „Es gibt verschiedene Thesen, inwiefern akkumulierte Stoffe im menschlichen Körper bestimmten Konsumgewohnheiten zuzuordnen sind. Nicht alle sind durch wissenschaftliche Studien belegt.
Da die Stiftung Warentest keine solche Grundlagenforschung durchführt, arbeiten sie mit dem Umweltbundesamt (UBA) und dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR) zusammen.
Auch aus dieser Zusammenarbeit kamen keine Anstöße über die bisher untersuchten Stoffe (Blei und Nickel) weitere problematische Substanzen in die Untersuchung von Espresso- oder Portionskaffeemaschinen einzubeziehen.
Die Schadstoffbelastungen Blei und Nickel in dem Test 12/09 wurden – wie in „Ausgewählt, geprüft, bewertet“ dargestellt – im Wasser aus dem Kaffeeauslass und aus dem Dampf/Heißwasserauslass bestimmt. Hintergrund dieses Vorgehens ist, dass nur so eine eindeutige Zuordnung der gemessenen Werte zu der Portionskaffeemaschine möglich ist. Leider können wir keine weiteren Aussagen dazu machen.“
Vermutlich ist das auch ein salomonisches Urteil, dass man zum jetzigen Zeitpunkt am besten treffen kann.

Meine persönliche Schlussfolgerung:
Holzauge sei wachsam. Zumindest Menschen mit einem schwachen Immunsystem, allergischen Erkrankungen bzw. deren Abwehrsystem angegriffen ist, sollten sich vermutlich trotzdem bei dieser Art des Kaffeekonsums zurückhalten. Dennoch bleibt es eine These, die nicht wissenschaftlich bewiesen ist. Grundlagenforschung tut Not. Und das BfR scheint für alle Beteiligten die einzige Anlaufstelle bzw. die letzte Instanz zu sein … In diesem Zusammenhang zwei letzte Links: ein lesenswerter Artikel aus dem American Journal of Clinical Nutrition zur Evidenzdebatte in den Vereinigten Staaten sowie ein interessanter Beitrag auf dem Vitalblog von Dr. Uwe Alschner zum Thema Paradigenwechsel in der evidenzbasierten Medizin.

*Was ist Bioresonanztherapie?
Die Bioresonanztherapie abgekürzt BRT, ist eine Methode der Alternativmedizin. Alternative Bezeichnungen sind Mora-Therapie, biophysikalische Informationstherapie oder Multiresonanztherapie.
Sie wurde 1977 von dem deutschen Arzt Dr. Franz Morell und seinem Schwiegersohn, dem Ingenieur Erich Raschke als MORA-Therapie veröffentlicht.
Bioresonanztherapie gehört nicht zum Methodenspektrum der wissenschaftlichen Medizin. Die Bioresonanztherapie hat auch nichts mit Biofeedback zu tun.
Kritische und weitere erläuternde Informationen zum Thema Bioresonanz unter: wikipedia oder Naturheiltherapie

© 2010 by Axel R. Bollmann


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