Altersdepression: Wenn das Leben im Alter seinen Sinn verliert – und was wir für echte Langlebigkeit daraus lernen können

Voraussichtliche Lesezeit: 4 Minuten

Mit einem Blick auf Wolfgang Grupp als Beispiel für ein gesellschaftliches Tabu

Langlebigkeit braucht mehr als nur gesunde Zellen

Langlebigkeit ist in aller Munde. Biohacker, Mediziner und Gesundheitsinteressierte sprechen von Mitochondriengesundheit, Telomerverlängerung, Sirtuinen und NAD+ – von allem, was den Alterungsprozess verlangsamen und unsere Lebensspanne verlängern kann. Doch bei aller Begeisterung über Anti-Aging und Life Extension vergessen wir einen entscheidenden Punkt: Ein langes Leben ist nur dann ein gutes Leben, wenn es auch seelisch erfüllt ist.

Altersdepression: Wenn der Sinn im Alter verloren geht

Genau hier liegt das Dilemma der Altersdepression. Sie betrifft viele ältere Menschen – gerade jene, die körperlich noch fit sind, aber innerlich ihre Lebensfreude verloren haben. Ein eindrückliches, aktuelles Beispiel ist Wolfgang Grupp, der charismatische Chef von Trigema, der nach der Übergabe seines Lebenswerks in eine tiefe seelische Krise stürzte.

Der Fall Wolfgang Grupp – ein Weckruf für die Gesellschaft

Der Unternehmer, jahrzehntelang Symbol für Disziplin, Ordnung und Traditionsbewusstsein, gestand offen, an einer sogenannten Altersdepression zu leiden – und versuchte sich im Sommer 2025 das Leben zu nehmen. Dieser drastische Schritt erschütterte nicht nur sein berufliches Umfeld, sondern auch die gesamte Öffentlichkeit. Denn er führt uns vor Augen, dass Langlebigkeit ohne emotionale Stabilität und seelischen Sinn auch zur Last werden kann. Grupp fragte sich laut in seinem Brief an seine Mitarbeiter: „Ist es richtig, in meinem 84. Lebensjahr noch zu leben, wenn ich mich nicht mehr gebraucht fühle?“ Diese Frage ist brisant – nicht nur für ihn persönlich, sondern für die gesamte Diskussion rund um gesundes Altern.

Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit

Longevity beginnt im Kopf – und endet oft im Herzen. Wer nur auf körperliche Parameter achtet, verkennt die Tiefe des menschlichen Erlebens im Alter. Denn die biologische Lebenszeit ist nicht gleichbedeutend mit subjektiv empfundener Lebensqualität. In der Anti-Aging-Forschung sprechen wir gerne von „Healthspan statt Lifespan“ – also von einem langen Leben in Gesundheit. Doch Gesundheit umfasst nicht nur das Fehlen von Krankheit, sondern auch psychisches Wohlbefinden, Sinnhaftigkeit und Verbundenheit.

Die stille Krise: Warum Altersdepression oft unerkannt bleibt

Was wir am Beispiel Grupp sehen, ist genau dieser Bruch zwischen äußerer Gesundheit und innerer Leere. Denn Wolfgang Grupp war bis zuletzt körperlich aktiv, führte Gespräche, war medial präsent – und dennoch verlor er offenbar das Gefühl von Sinn und Zugehörigkeit. Der Übergang in den Ruhestand, die Übergabe seines Lebenswerks an die nächste Generation, der Verlust der täglichen Aufgabenstruktur – all das führte zu einer existenziellen Krise. Und genau diese Art von seelischer Destabilisierung ist typisch für Altersdepressionen.

Anders als bei jüngeren Menschen äußert sich die Depression im Alter oft nicht über klare Traurigkeit oder Grübeln, sondern über Rückzug, Müdigkeit, Hoffnungslosigkeit oder körperliche Beschwerden. Viele Betroffene klagen über Schmerzen, Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit – und nicht selten wird dies als altersbedingt abgetan. Dabei sind die Ursachen viel tiefer. Es geht um die Frage: „Wofür lohnt es sich, jeden Morgen aufzustehen?“ Wenn auf diese Frage keine klare Antwort mehr kommt, beginnt der seelische Verfall.

Emotionales Anti-Aging: Sinn, Beziehungen und Zugehörigkeit

Für ein echtes Anti-Aging – im ganzheitlichen Sinne – braucht es also mehr als Resveratrol, Fastenprotokolle oder Supplements. Es braucht emotionale Langlebigkeit. Das bedeutet: einen sozialen Rahmen, in dem man sich gebraucht fühlt. Eine Aufgabe, die Sinn stiftet. Beziehungen, die nähren. Eine Vision, die über den eigenen Lebensabend hinausreicht.

Die Biologie der Einsamkeit – wie seelischer Schmerz uns schneller altern lässt

Die Biologie zeigt uns, dass chronischer Stress, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit zu vorzeitiger Alterung führen. Telomere verkürzen sich, Entzündungsprozesse nehmen zu, die Schlafqualität leidet – all das kann mit einer depressiven Episode im Alter einhergehen. Studien belegen, dass Menschen mit stabilen sozialen Bindungen, positiver Lebenshaltung und einem klaren Ziel im Leben messbar länger und gesünder leben. Das Gegenteil gilt genauso: Wer sich nutzlos, isoliert oder innerlich leer fühlt, altert schneller – und verliert im schlimmsten Fall den Lebenswillen.

Vom Lebenswerk zur Leere: Wenn Rollenbilder zerbrechen

Im Fall Wolfgang Grupp zeigt sich, wie tiefgreifend diese psychischen Prozesse sein können. Er, der über Jahrzehnte als Fels in der Brandung galt, gab offen zu, dass er an sich selbst zweifelte. Nicht, weil er krank war – sondern weil er seine Rolle verloren hatte. Genau das ist die größte Gefahr im Alter: der Verlust von Bedeutung. Wer sich nur über Leistung definiert hat, gerät im Ruhestand in eine Identitätskrise. Und das ist kein individuelles Problem, sondern ein gesellschaftliches.

Neue Perspektiven fürs Alter: Mit Sinn und Aufgabe in die zweite Lebenshälfte

Wir brauchen neue Modelle für das Alter(n), in denen Menschen nicht nur verwaltet oder betreut werden – sondern inspiriert, beteiligt und gebraucht. Das beginnt im Kleinen: durch Integration in Familienentscheidungen, durch Mentoring-Projekte, durch Weitergabe von Wissen. Ältere Menschen tragen einen immensen Erfahrungsschatz in sich – doch dieser wird oft nicht mehr abgerufen. Stattdessen geraten viele in einen Zustand der Passivität. Und dort entsteht der Nährboden für die Altersdepression.

Purpose-driven Longevity – warum Ziele Leben retten können

Was wir aus Grupp’s Beispiel lernen können, ist die Bedeutung des „zweiten Lebens“. Nach dem ersten – dem aktiven Arbeitsleben – braucht es einen neuen Abschnitt, der nicht nur aus Konsum, Fernsehen oder Spaziergängen besteht. Es braucht eine Aufgabe, die dem Leben Struktur und Bedeutung gibt. Genau das ist einer der unterschätzten Faktoren im Bereich der Longevity-Forschung: die sogenannte Purpose-driven Longevity. Menschen, die morgens mit einem Ziel aufwachen, leben länger – ganz unabhängig von Ernährung oder Bewegung.

Hoffnung statt Rückzug: Altersdepression ist behandelbar

Die gute Nachricht: Altersdepression ist behandelbar. Oft reichen schon kleine Schritte – ein Gespräch, ein neuer Tagesrhythmus, ein Projekt, bei dem man wieder Verantwortung übernehmen darf. Die Kombination aus Psychotherapie, sozialen Aktivitäten und – wenn nötig – medikamentöser Unterstützung kann Leben retten. Doch der wichtigste Schritt ist, die Krankheit überhaupt zu erkennen. Und genau hier liegt das große Verdienst von Wolfgang Grupp: Er hat das Schweigen gebrochen. Er hat sichtbar gemacht, was sonst unsichtbar bleibt. Und er hat gezeigt, dass selbst ein Mann, der alles erreicht hat, Hilfe braucht – und verdient.

Wahre Longevity beginnt im Herzen – und in der Seele

In einer Gesellschaft, die auf Langlebigkeit setzt, dürfen wir die seelische Dimension des Alterns nicht vergessen. Es geht nicht nur darum, wie alt wir werden – sondern wie wir dieses Alter erleben. Mit Würde, mit Freude, mit Sinn. Der Fall Grupp ist ein Mahnmal – aber auch ein Hoffnungssignal. Denn er zeigt: Es ist nie zu spät, um Hilfe zu bitten. Und es ist nie zu spät, gebraucht zu werden.

Wenn wir die Vision eines langen, gesunden und glücklichen Lebens wirklich ernst nehmen, dann müssen wir über Einsamkeit, Sinnverlust und seelischen Schmerz genauso sprechen wie über NAD+, Sirtuine oder biologische Marker. Ein gesundes Herz schlägt nicht nur im Körper, sondern auch in der Seele. Und genau dort beginnt wahre Longevity.


Wenn du selbst oder jemand in deinem Umfeld von Altersdepression betroffen ist, suche Hilfe – für ein langes Leben, das sich auch lohnt zu leben:

  • Deutsche Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
  • Deutsche Depressionshilfe: www.deutsche-depressionshilfe.de
  • Telefonseelsorge Österreich: 142
  • Suizidprävention Österreich: www.suizidpraevention.at

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