Topik. Warum Topik? Was interessiert uns heute an einer Denkmethode, die weit über 2000 Jahre auf dem Buckel hat? Schnee von gestern? Ist, was heute zu diesem Thema geschrieben wird, nicht alter Wein in neuen Schläuchen? Schließlich gibt es nichts Neues unter der Sonne. Also warum Topik?
Vielleicht weil uns hier ein sehr nützliches Werkzeug an die Hand gegeben wurde, um herrschende Meinungen, sowohl in der alltäglichen wie auch in der wissenschaftlichen Kommunikation, zu untersuchen. Ein Werkzeug, das in einem gut sortierten Analysewerkzeugkoffer neben Kuhns Paradigmen, Bourdieus Habitus und Foucaults Epistemen nicht fehlen sollte.
Foucault dachte darüber nach, wie das-was-ist nicht länger das-was-ist zu sein braucht. Vielleicht gibt es ja doch etwas Neues unter der Sonne? Und Topik hilft dem Denken, die Stelle zu finden, an der dieses Neue entstehen kann.
Eine „Stelle“, die mich immer fasziniert hat, war Lothar Bornscheuers Buch zur Topik – eben weil das Denken, das sich in diesem Buch zeigte, mir half, meine Leseerfahrungen mit Foucault und den anderen oben genannten Autoren „zu verbinden“.
Es ist ein Denken, welches Vorurteils-Struktur und Freiheit nicht als Gegensatz vorstellt:
Alle Produktivität, alles Nachdenken, alles Überzeugen, jede Lebensgestaltung, jedes Werk (ob nun Kunstwerk oder wissenschaftliches Werk) findet auf dem Boden der herrschenden Topik statt. Hier auf diesem Boden der Topik ergeben sich für den Menschen und Künstler aber auch Möglichkeiten der Freiheit.
Kurz gesagt: Mit Bornscheuer Topik zu betreiben, bedeutet nahe an Foucaults Auffassung von Philosophie zu sein als einer Denkhandlung, deren eigentlicher Sinn in der Veränderung eingeübter Denk-, Sprach- und Erfahrungsweisen besteht
Topik, so wie sie Bornscheuer analysiert hat, ist, um es Foucault zu sagen: „[...] eine Analyse der Zivilisationstatsachen, die unsere Kultur charakterisieren, definieren [...] eine Ethnologie der Kultur, der wir angehören“ (Foucault, Michel: Von der Subversion des Wissens, hrsg. u. aus d. Franz. u. Italien. übers. von Walter Seitter, Frankfurt/M., Berlin, Wien 1974 (Ullstein, S. 13).
Und so fand – und finde ich – es sehr lohnenswert, sich mit dieser Art des Denkens zu beschäftigen. Und wer hier neugierig ist, der mag vielleicht ein wenig mehr in diesen Gedankengängen stöbern…
„Das Wahrnehmen seiner Selbst“, eine Auseinandersetzung mit Foucaults Gedanken über Ästhetik und Ethik, wie er sie vor allem in den – kurz vor seinem Tode – 1984 veröffentlichten Bänden von “Sexualität und Wahrheit” äußerte – und zwar anhand meiner Lektüre von Bornscheuers Topik-Auffassung.
Also etwas Material von meiner „wissenschaftlichen Baustelle“ (Link auf meine Homepage zu einem pdf)… Eine alte Liebe, die mir immer wieder begegnet – und mir sagt, es gibt etwas Neues unter der Sonne.
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