Schwer beladene Esel ziehen durch die Wälder und tragen kostbares Gut auf ihren Rücken. Begleitet werden sie von Rittern und Tagelöhnern zum Schutz vor Räubern und Überfällen aus dem Hinterhalt. Der Weg quer durch den Spessart war müßig und anstrengend. Heute dagegen lässt es sich sehr gut auf seinen Pfaden wandern. Am letzten Tag unserer Wanderung quer durch den Spessart folgen wir größtenteils dem Eselsweg und damit erneut ein Stück europäischer Geschichte.
Hinter Eschau geht es erst einmal über Wiesen und Acker bevor es bei Mönchberg wieder in die Wälder geht.
Von Eschau nach Freudenberg (20km)
Auch am letzten Morgen offenbart der Blick aus dem Fenster einen wolkenlosen Himmel und bestätigt meine Vorahnung. Es wird wohl mal wieder sehr warm heute. Neuer Tag, altes Leid. Nichtsdestotrotz stehen mein Bruder und ich zeitig auf. Auch der letzte Wandertag durch den südlichen Spessart verspricht sommerliches Feeling in schattigen Wäldern. Sehr schön! Seit dem Jakobsweg vor acht Jahren liebe ich es genau so und nicht anders…
Nach einem ausgiebigen Frühstück machen wir uns am frühen Vormittag auf den Weg. Doch von Schatten keine Spur. Stattdessen brennt die Sonne erbarmungslos vom Himmel. An Wiesen und Feldern vorbei, begleiten uns rechts und links des Weges lediglich krumme, zumeist verdorrte oder abgestorbene Obstbäume. Nur hin und wieder finden wir ein schattiges Plätzchen unter einer alten Eiche oder Kastanie. Landwirtschaft rund um Eschau wird seit Generationen hochgehalten, die Vegetation hat sich dem menschlichen Begehr untergeordnet.
Da hat wohl jemand hochgestapelt oder gut für den Winter vorgesorgt.
Nach knapp 4 Kilometern stoßen wir auf einen kleinen Weiler, der außer einer alten Mühle nur wenige Häuser umfasst aber geschichtlich eng mit Mönchberg und Eschau verbunden ist. Die Wiese vor der abseitigen Waldmühle trägt auch heute noch den Namen Hexenbrand. Die Vermutung liegt nicht nur nahe sondern ist goldrichtig: an dieser Stelle wurden im Mittelalter Hexen verbrannt. Auf einer kleinen Anhöhe direkt daneben stand der Eschauer Galgen. Was anderenorts inmitten dörfischen Geschehens zur allgemeinen Belustigung stattfand, wurde hier ins Umfeld ausgelagert. Etwas morbide fühle ich mich beim Überschreiten des Abhangs und der Wiese. Denn der Wanderweg führt geradewegs darüber hinweg.
Weite Wiesen bei Eschau unterbrechen die dichten Wälder des Spessarts.
Geschichte überall
In Mönchberg überrascht die Kirche St. Johannes der Täufer mit farbenfrohen Altären und einzigartiger Schönheit. Das eindrucksvolle Deckengemälde lädt zum Verweilen ein. So genau kann man gar nicht sagen, wann die Kirche geschichtlich gesehen ihren Ursprung hat. Erste Erwähnungen eines Pfarrgebäudes gehen ins 14. Jahrhundert zurück, wobei der Ort bereits 1250 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Nur die Datierung der Burg im Jahre 1215 liegt nach früher und lässt vermuten, dass es schon recht früh an dieser Stelle eine dauerhafte Siedlung gab. Immerhin! Das ist mittlerweile ja auch schon wieder über 800 Jahre her.
Eher Dorf als Stadt, eher Weiler mit ländlichem Charme.
Ein Blick zurück, vorbei an der Stadtmauer und die dunklen Wälder des Spessarts haben uns wieder.
Auf dem Eselsweg
Von Mönchberg aus wandern wir ein Stück des Weges zurück und folgen einem Trampelpfad hinauf in die Wälder. Nach knapp 2 Kilometern stoßen wir auf einen breiten Forstweg, der als sogenannter Eselsweg bezeichnet wird. Über insgesamt 110 Kilometer zieht sich dieser Weg durch den Spessart und zählt damit zu den großen Fernwanderwegen der Region. Seinen Namen verdankt er den Orber Salzkarawanen, die dereinst mit schwer beladenen Eseln hier entlang zogen. Von Rittern zum Schutz vor Räubern schwer bewacht trieben sie ihr kostbares Gut auf den Rücken der Grautiere durch die dunklen Wälder.
Entlang des Eselswegs führt uns der Weg weiter bis nach Freudenberg.
Seit mehr als zwei Jahrtausenden wird dieser Weg quer durch den Spessart bereits genutzt. So ließen sich in archäologischen Forschungen auch schon Relikte keltischen Ursprungs finden, genauso wie Überbleibsel römischer Kaufleute. Ein Weg also mitten durch die Geschichte Europas. Und heute gehen wir ein Stück auf ihm.
Rastplatz an der Wegkreuzung nahe dem Querberg
An einer Weggabelung machen wir unsere letzte Rast, bevor es über den Geiersberg (512m), den Schöllesberg (482m) und den Langer Berg (445m) im steten Auf und Ab endlich nach Freudenberg geht. Schon von Weitem ist das Maintal und der gegenüberliegende Odenwald sichtbar, zieht uns die weit über dem Tal thronende Freudenburg magisch in ihren Bann.
Direkt am Main, im Tal zwischen den Bergen des Spessarts und des Odenwalds, liegt Freudenberg und damit das Ziel unserer viertägigen Wanderung.
Ankunft in Freudenberg
Oberhalb Freudenbergs werden wir von unserer Cousine und ihrer Familie in Empfang genommen und lassen bei einem gemeinsamen Picknick die letzten vier Tage Revue passieren. Von der Suche nach einer geeigneten Unterkunft bis zur Geschichte dieses Mittelgebirges haben wir erlebnisreiche Tage verbracht und sind um einige Erfahrungen reicher.
Trotz der gemachten Erfahrungen würde ich allerdings auch zukünftig die Streckenlänge dem Zufall überlassen. Das Wandern nach Tagesgefühl entspricht eher meiner Motivation, im Vorfeld festgelegte Routen grenzen mich dann doch zu sehr ein.
Der Weg hinauf zur Freudenburg ist kein leichter
Die letzten Kilometer bis in den Ort wandern wir gemeinsam in Familie und genießen ein letztes Mal die sommerliche Wärme. Die Haut bräunt auf schattenlosen Wegen, Grillen zirpen am Wiesenrand. Schritt für Schritt kommen wir uns und dem Ziel näher. Eine schöne Wanderung findet am Abend bei Grillgut und Wein ihren königlichen Ausklang. Auch wenn der Start etwas holprig war, werde ich keinen der Tage missen wollen. Langsam versinkt die Sonne hinter dem Horizont und färbt den Himmel blutrot. Noch wissen wir nicht, dass es ein letztes Mal für diesen Sommer sein wird, dass wir so unbeschwert wandern konnten. Der nächste Tag bringt einen Temperatursturz und Regen. Und bis zur nächsten gemeinsamen Wanderung müssen leider erst wieder ein paar Monate vergehen.
„Burgunderblut“ auch am Nachthimmel. Rot färbt sich der Horizont in der Pause.
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