Der Bergbauer war früher ein angesehener Mann. In der heutigen Welt wird er eher als eigenartig und seltsam betrachtet. Das Leben der Bergbauern war kein einfaches und in den Wintermonaten ein sehr hartes. Über Monate hinweg waren die Bergbauernfamilien oft von der Außenwelt abgeschnitten. Unter sich, abgeschottet. Wer in den Bergen überleben wollte, der musste insbesondere damals über eine ausgeprägte Naturverbundenheit verfügen. Etwas, das uns in der Hektik des Alltags verloren gegangen ist. Über Rauhnächte habe ich bereits einiges zusammengetragen, Zeit, sich mit dem ursprünglichen Österreicher zu befassen, dem Ötzi.
Brauchtum, Bräuche … heute nur noch Feste
Bräuche sind für uns heute, zumindest für viele von uns, nur noch ein Grund ein Fest zu feiern. Wir haben den Bezug zu beinahe allen Festen verloren. Wie wir auch die früher so wichtige Naturverbundenheit verloren haben. Früher war diese nicht selten Überlebenswichtig, zugegeben heute ist sie das auch nicht mehr, aber zumindest etwas mehr würde uns nicht schlecht zu Gesichte stehen und vielleicht auch zu etwas mehr inneren Mitte verhelfen.
Bräuche waren früher nicht nur Rituale, sie haben Menschen zusammen gebracht. Menschen, die sich oft lange Zeit – aufgrund harter Winter in den Bergregionen – nicht gesehen haben und mit ihren Familien zurückgezogen gelebt haben. Natürlich hatten sie – deutlich mehr als heute – nicht selten religiösen Hintergrund.
Rituale und Bräuche haben den Menschen früher auch Sicherheit gegeben. Auch heute hat jeder von uns seine Rituale, aber nur selten haben sie Bezug zur Natur oder zu anderen Menschen. Lediglich der christliche Gottesdienst hält noch an alten Ritualen fest.
Viele Brauchtümer und Feste haben christlichen oder keltischen Ursprung.
Welche Feste haben die Kelten und unsere Ahnen im Jahreskreis gefeiert?
Wintersonnwende
Die Wintersonnwende war für früher von ganz besonderer Bedeutung. Es ist auch die Zeit der Rauhnächte. Die Weihnachtszeit. Schutzrituale wurden praktiziert, es wurde meditiert und gebetet. Aber man versuchte auch in die Zukunft zu blicken.
Imbolc
Das Fest des Lichtes und der Reinigung. Ein Fest, das nicht ohne Grund im Frühjahr angesiedelt war – Frühjahrsputz war angesagt, aber nicht nur in der Wohnung, sondern auch bei sich persönlich. Ärger, Trauer und Zorn wurden verabschiedet.
Frühlings-Tagundnachtgleiche
Alles ist in der Waage. Kräfte in der Natur sind in Balance. Nicht ohne Grund hat sich in dieser Zeit eingebürgert zu heiraten, Kinder zu taufen oder die Erstkommunion zu feiern.
Sommersonnenwende
Die Zeit der Fülle. Alles gedeiht und die Natur strotzt vor Kraft. Früher wurden in dieser Zeit Kräuter gesammelt, da die Heilkräfte in dieser Zeit besonders ausgeprägt sind. Das Sonnenlicht verleiht ihnen eine besondere Kraft. Die Sommersonnenwende war und ist aber auch die Zeit der Liebe, Lust und Unbeschwertheit.
Lughnasadh
Die Erntezeit steht vor der Tür. Die wichtigste, wenn nicht die entscheidende Zeit für die Bauern. Segnungen und Dankfeste wurden in dieser Zeit gefeiert. Man bereitete sich auf die bevorstehende Winterzeit vor.
Herbst-Tagundnachtleiche
Wie im Frühling steht auch jetzt alles in der Waage. Die Natur ist in Balance. Obst wird geerntet und eingelagert, verkocht und haltbar gemacht. Erntedank stand im Mittelpunkt und man blickte auf das Jahr zurück.
Samhain
Was der Frühlingsputz im Frühling ist, ist Samhain im Herbst. Es ist die Zeit des Aufräumens. Nicht nur im Haus, sondern auch bei sich persönlich. Allerheiligen und Allerseelen – man beschäftigt sich auch mit dem Tod.
Blick auf die aktuelle Jahreszeit – Kräuterzeit – Zeit der Gottesmutter
Der Spätsommer war früher von besonderer Bedeutung. Die Kräuter haben dank der Sonne – wenn sie denn entsprechend aktiv war – ihre volle Kraft entfaltet und die Erntesaison ist in vollem Gange.
Die Zeit zwischen dem 15. August (Mariä Himmelfahrt) und dem 13. September nennt man auch „Frauendreißiger“. Unsere Ahnen waren davon überzeugt, dass in diesen Tagen in den Kräutern und auch den Wurzeln besondere Kraft und Segen liegt. Die Zeit wird „Frauendreißiger“ genannt, da viele Kräuter in jener Zeit der Frauenheilkunde dienen. Früher wurden Kräuter gegen Mensturationsbeschwerden, oder zur Verhütung und zur Erfüllung von Kinderwunsch in jener Zeit gesammelt. Für den Bauer, insbesondere den Bergbauer, war diese Zeit eine heilige Zeit. Maria wurde in diesem Zeitfenster geehrt und Wallfahrten abgehalten.
Kein Wunder also, dass die Heilkräuter und den Schutz der Gottesmutter Maria gestellt wurden. Früher wurden die gesammelten Kräuter zu Mariä Himmelfahrt in der Kirche geweiht. Wobei großer Wert darauf gelegt wurde, dass der zu weihende Kräuterstrauß aus einer magischen Zahl – also sieben, neun, fünfzehn, 77 oder 99 – bestand. Nach der Weihe in der Kirche wurden diese zum Trocknen mit dem Blütenkopf nach unten aufgehängt.
In den alten Bauernstuben wurde der Kräuterstrauch im „Herrgottswinkel“, den jeder Hof hatte, aufgehängt. Den hier gelagerten Kräutern wurden besondere Kräfte zugeschrieben. Sie wurden bei jeder Art von Krankheit als Tee, Umschläge oder Räucherwerk eingesetzt. War das Vieh krank, so hat man etwas vom Kräuterstrauch in das Futter beigemengt.
In den Rauhnächten wurde mit dem „Kräuterbuschen“ das Haus, der Stall und die Räume geräuchert.