Als Schminke noch richtig toll war und ich bereit zu konsumieren

Es war einmal ein Mädchen in der Blüte ihrer späten Jugend. Sie war 17, 18, 19 und eben vielseitig interessiert in Kunst und in Konzerte und ab und an ging es ins Kino oder Feiern. Sie war immer die, die fahren durfte und nicht trank. Und neben der Musik, einer Liebe, zu intim für die mediale Öffentlichkeit, meine analoge und ewige Geliebte, war ihre große Liebe die Fotografie. Damals noch ohne Smartphones und Selfies, eben digital mit Freunden, wilde, verrückte Fotos machen, Dinge, die einem heute bei Prism is a dancer nicht peinlich wären, weil sie eben Teil von einem sind, der damals so war. Heute ist man anders, aber das ist Teil meiner Geschichte, das war ich früher.

Und so Anti, wie ich heute beim Thema Konsum bin, so sehr ich nur noch das Nötigste kaufe und fühle, dass Ereignisse wie das gestrige Olli Schulz Konzert oder ein gemeinsames Pizzakneten mehr wert sind als alle schönen Lippenstifte dieser Welt, so hatte ich doch genauso eine Konsumphase, digital festgehalten, durch die ich durch musste.

Heute sehe ich die grellen Aufsteller der Limited Editions und habe alles schon irgendwie gesehen. Und wann brauche ich schon einmal Glittereyeliner? Und mag ich das überhaupt?

Aber damals war das bunt und neu. Ich kam vom Dorf und wollte mich austoben am Anfang meines Studiums, endlich mal mit Smokey Eyes zur Vorlesung, einfach krass geschminkt im Alltag und zeigen: Hey, hier bin ich. Dass ich am Theater und andernorts geschminkt habe, hat schon dazu verführt,  viel zu kaufen. Viel zu konsumieren. Weil es das alles im beschaulichen Cux nicht gab, nur den schlimmen, schmuddeligen Rossmann nahe des Ritzebüttler Schlosses und den Ihr Platz in der Abschnede. Dann fährt man nach Berlin und lebt in Göttingen und hat alles um sich, will sich ausprobieren. Das gehört dazu. Wir alle haben diese Phase, jeder auf seine Art und Weise, mal laut, mal leise. Wir müssen uns dessen nicht schämen. Aber genauso befreiend wie der einstige Konsum ist es jetzt, meine Schminkschätzchen Stück für Stück an Freunde zu verschenken und zu merken, dass ich in einem Alter in meinem Leben bin, wo ich diese Massen an Besitz eher belastend finde und überall da glücklich bin, wo ich singen, schreiben, malen und fotografieren kann - solange ich ab und an von den Menschen umgeben bin, die mir gut tun und denen ich Gutes zurückgeben kann. Ja. Und sorry, diese Menschen sind eben die Konstante in meinem Leben ist mehr wert, wertvoller als alles. Hütet diesen Schatz. Das sagt euch eine gefühlt sehr alte einstige Schminktussi. Denn Schminke war einst Teil meines Lebens und damals war das richtig. Und jetzt ist es nicht mehr so ein großer Teil meines Lebens. Und nun gibt es andere Interessen in meinem Leben, die für mich mehr bedeuten.

Als Schminke noch richtig toll war und ich bereit zu konsumieren

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