Als Mutter anders als gedacht

Von Frühlingskindermama @fruehlingsmama
Wie seid ihr als Eltern? Seid ihr solche Eltern wie in eurer Vorstellung geworden oder ganz andere? Kommt ihr mit der Elternrolle bzw. -aufgabe besser, schlechter oder genauso zurecht wie vorher gedacht? Konntet ihr euch überhaupt realistisch vorstellen, wie es ist, Mutter oder Vater zu sein? Hattet ihr viele Gelegenheiten zu üben, sei es durch deutlich jüngere Geschwister, Babys im Freundeskreis oder Babysittererfahrungen? Meint ihr, das hat überhaupt einen Einfluss darauf, wie man selbst als Mama/Papa wird bzw. klarkommt, oder spielen da noch viele andere Faktoren hinein, z.B. die hormonellen Veränderungen, der Charakter des Kindes und individuelle Faktoren wie die Unterstützung des Partners oder fehlende Entlastung? Ist eure Partnerin/ euer Partner vielleicht als Mutter/ Vater ganz anders geworden als vorher gedacht?
Es gibt mit Sicherheit alle möglichen Konstellationen: Eltern, die sich nie vorstellen konnten, ein Kind zu bekommen und sich als ungeeignet für die Elternschaft hielten, die aber die erfülltesten und liebevollsten Eltern für ihr Kind wurden, genauso wie diejenigen, bei denen sich ihre Vorahnung oder Selbsteinschätzung bewahrheitete, als sie (vielleicht ungewollt) Eltern wurden. Eltern, die sich sehnlichst ein Kind wünschten und, falls es schwierig war, enorme Mittel und Wege in Kauf nahmen, für die dann aber alles gar nicht so rosig war wie vorgestellt, genauso wie diejenigen, die nach der Erfüllung dieses möglicherweise langgehegten Wunsches ihr Lebensglück tatsächlich fanden. Einige werden sich sicherlich vorher kaum Gedanken gemacht haben und das setzt sich als Eltern fort, indem sie einfach ihren Weg gehen, sei dieser nun besonders reflektiert oder nicht.
Bei mir ist eigentlich alles anders gekommen, als ich es mir vorgestellt und ausgemalt habe. In beide Richtungen, das möchte ich gleich dazu sagen. Als Mama bin ich tausendmal empathischer, einfühlsamer, verständnisvoller, bindungs- und kindorientierter geworden als ich es je für möglich gehalten hätte. Ich hatte in diesem Text schon einmal beschrieben, dass ich früher eher eine "Erziehungs-Hardlinerin" war und den Charakter von Kindern größtenteils dem Erziehungs(un)vermögen der Eltern zugeschrieben habe. Meine eigenen Kinder, vor allem deren Gegensätzlichkeit, haben mich eines Besseren belehrt. Aber gleichzeitig war und bin ich als Mama, vor allem in den ersten sehr anstrengenden Jahren, auch deutlich ungeduldiger, genervter und stressanfälliger als in meiner früheren Vorstellung. Der Schlafmangel und die fehlende Entlastung trugen hier sicherlich einen großen Anteil. Und was noch gravierender ist: ich selbst und sicherlich auch mein Umfeld haben damit gerechnet, dass mich die Mutterrolle hundertprozentig aus- und erfüllen würde, dass ich eine überglückliche Mutter wäre und nichts anderes mehr als Mutter sein wöllte, gerade nach unserer langen und schmerzhaften Kinderwunsch-Vorgeschichte. Dass das anders gekommen ist, und zwar anfänglich extrem anders, hat nicht nur mich selbst aus der Bahn geworfen, sondern auch meine Umgebung überrascht und ratlos gemacht. Denn wenn ein Mensch plötzlich so ganz andere Emotionen zeigt als erwartet, dann erkennt man ihn erstmal gar nicht wieder. Und wenn man dann weder Zeit noch Gelegenheit hat (wie es oft im Babyjahr der Fall ist), um die völlig neue emotionale Situation intensiv zu besprechen und zu reflektieren, fühlt sich jede Seite allein gelassen und missverstanden.
Ich jedenfalls bin eine ganz andere Mutter geworden als ich gedacht hatte, sowohl was meine Beziehung zu meinen Kindern angeht als auch meine eigenen Gefühle, die Mutterrolle, das "Mutterglück" betreffend, und ich glaube, nicht nur ich selbst, sondern auch mein gesamtes Umfeld mussten sich erst einmal daran gewöhnen, dass vieles anders gekommen ist als erwartet, dass ich anders reagierte als erhofft, dass die Umstände insgesamt viel schwieriger waren und dass wir alle viel Zeit brauchten, um uns an das neue Leben zu gewöhnen. Ich habe sehr viel Unverständnis für meine heftigen Emotionen kassiert, denn damit, wie ich mich als Mutter und Mensch fühlte, was ich sagte und hinausschrie, was ich mir wünschte und wonach ich mich sehnte, hat keiner gerechnet, so kannte mich vorher keiner, das war völlig unerwartet. Und deshalb sage ich, man kann nie wissen, wie man als Mutter/ Vater wird, wie man mit der Elternrolle klarkommt und wie sich alles entwickelt.
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Ab und zu lese ich Bemerkungen wie "Du hast doch gewusst, wen du dir als Vater/ Mutter deiner Kinder aussuchst" etc., oft bezogen auf Männer, die sich aus ihrer Verantwortung als Väter zurückziehen, die nicht zugewandt mit ihren Kindern umgehen, die sich das Leben als Eltern anders vorgestellt hatten. Diese Fälle gibt es sicherlich zuhauf, aber darauf will ich gar nicht hinaus. Ich will eher an meinem eigenen Beispiel als Frau und Mutter zeigen, dass man eben vorher nicht weiß, "wen man sich als Vater/ Mutter seiner Kinder aussucht". Mein Mann, meine Eltern, meine Freunde hätten sicherlich niemals damit gerechnet, dass ich so eine unzufriedene, ja unglückliche Mutter werde, wie ich es die ersten Jahre war, dass mich die Mutterschaft eben nicht per se erfüllte, sondern ich stattdessen so einschneidend wie noch nie in meinem Leben geschwächt, überfordert und verzweifelt war. Das hätte ich ja selbst nie für möglich gehalten. Mein Umfeld war davon genauso überfordert wie ich. Und nein, das kann man vorher nicht wissen, woher auch. Weder von sich selbst noch vom Partner. Elternschaft ist für viele Menschen ein mehr oder weniger großer Einschnitt, für einige jedoch bedeutet sie eine radikale Neuorientierung, ein Neu-Erkennen der eigenen Persönlichkeit und damit viele Veränderungen für sich selbst und die Umgebung. Auch das persönliche Umfeld braucht Zeit dafür und es ist für beide Seiten nicht einfach. Ich/ wir haben das durchgemacht und dieser Prozess ist noch nicht beendet.
Gleichzeitig habe ich mich, was meine Überzeugungen und Werte als Mama betrifft, auch völlig neu orientiert. Ich bin keine strenge, regelbewusste, konsequente Mama geworden wie gedacht, sondern weich, bindungsorientiert, verständnisvoll, nachgiebig, empathisch. Das war auch keine bewusste Entscheidung, sondern es hat sich so ergeben und entwickelt im Leben mit meinen Kindern, vor allem mit meinem Großen, der von Anfang an ein bedingungsloses Eingehen auf seine Bedürfnisse einforderte. Die Lektüre von vielen Büchern und Blogs haben ebenso dazu beigetragen wie die Erinnerungen an eigene Kindheitserfahrungen. Nicht nur fühlt sich also das Muttersein für mich anders an als gedacht, sondern ich bin auch in der Beziehung zu meinen Kindern eine andere Mutter geworden als vorgestellt. Auch diese Entwicklung hat mein Umfeld sicherlich überrascht und bis heute habe ich immer noch ab und zu den Eindruck, dass mancher nicht wirklich verstanden hat, welchen Weg ich als Mutter gehe. Das ist schade, aber bei so krassen Veränderungen sicherlich auch verständlich. Umgekehrt würde mir das bestimmt genauso gehen.
 
Aus meiner eigenen Geschichte und vielen ähnlichen Erfahrungen heraus bin ich überzeugt davon, dass man vorher tatsächlich nicht wissen kann, wie man selbst oder der Partner als Mutter/ Vater wird und wie man bzw. der Partner mit der Elternrolle klarkommt. Es ist ein Weg, ein Prozess, der mehr oder weniger weitab von der früheren Persönlichkeit und den alten Überzeugungen führen kann. Und das ist weder für sich selbst noch für das Umfeld einfach. Deshalb bin ich vorsichtig mit solchen Aussagen, dass man doch gewusst hätte, wen man sich als Vater/ Mutter seiner Kinder aussucht. Nein, ich glaube, im Endeffekt kann man das nicht wissen. Elternschaft ist für jeden Menschen eine Überraschung, auf die sich keiner wirklich vorbereiten kann.
Was meint ihr dazu, könnt ihr das aus eurer Erfahrung bestätigen oder seid ihr als Mutter/ Vater genauso wie vorgestellt? Erzählt mal...