Dieser Tage habe ich ein Erlebnis gehabt, dass mich einmal mehr zu einer der interessantesten Fragen des Menschseins gebracht hat. Ich ging hinter einer Gruppe von drei Mädchen, die etwa im Alter von zwölf Jahren waren und sich lebhaft unterhielten. Ich weiß nicht worum es ging, konnte aber ein Paar Wortfetzen aufschnappen, bei denen mir unwillkürlich ein Lächeln über das Gesicht huschte und die da lauteten: "... als ich noch Kind war ..." Gewiss, der Gedanke an sich ist nicht neu. Der 2016 verstorbene Schauspieler Hilmar Thate beispielsweise verfasste 2006 ein Buch mit gleichnamigem Titel, lediglich ergänzt durch das vorangestellte Wort "neulich". Auch ein Kinderbuch mit diesem Titel gibt es, das 2018 erschien und in dem eine Oma einen Blick zurück wirft. Sogar der vielfach ausgezeichnete österreichische Schriftsteller Peter Handke hat sich mit dem Thema beschäftigt, als das Kind Kind war. Nun handelt es sich bei den Autoren allesamt um etwas betagtere Menschen und nicht um zwölfjährige Mädels, deren Erfahrungshorizont naturgemäß begrenzt ist. Dennoch stellt sich die Frage, warum Menschen lieber nach hinten blicken als nach vorne. Vielleicht liegt es ja daran, dass, wie schon Karl Valentin wusste, heute die gute alte Zeit von morgen ist. Hinzu kommt, dass Prognosen eben schwierig sind, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen - wer auch immer dies nun wieder gesagt hat. Da hilft selbst der Blick zurück nicht, denn die Urheberschaft wechselt von dem gerade zitierten Valentin über Mark Twain, Winston Churchill und Kurt Tucholsky. Was soll ich sagen? „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten", hat der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl einmal gesagt und damit sicher nicht unrecht. Aber erstens kommt es, zweitens anders und drittens als man denkt, lautet eine Volksweisheit, die nur noch übertroffen wird von der Erkenntnis: Morgen ist heute schon gestern. Insofern wird es dabei bleiben, dass der schönste Gedanke eben der ist, als ich noch Kind war. Belassen wir es einfach dabei.
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