Seit fast 30 Jahren war ich im Musikgeschäft tätig, habe bei diversen Labels in verschiedenen Abteilungen gelernt und gearbeitet, bevor ich einen eigenen Verlag gründete.
Von der Künstlerpromotion über Lizenzrechte bis hin zur Tourplanung war alles dabei. Ich begann bei der Rockmusik, erlebte die ersten Dance-Importe und überlebte den Techno-Hype.
Aber eigentlich begann alles viel früher. Bevor ich beim Dance-Kultlabel BCM Records begann, war ich u.a. für diverse Rockverbände tätig, managte Bands, schrieb Kolumnen in den Vereinsmagazinen, organisierte Videodrehs und vieles mehr. Den Musikvideos, die in den 80er- und 90er-Jahren ihren Boom feierten, gingen die Plattencover voraus, auf denen der Künstler bzw. der Inhalt des zu verkaufenden Songs präsentiert wurde. Sie waren schrill und bunt in den Sechzigern und Siebzigern, die typischen Ableger der Hippiekultur, das genaue Gegenteil - nämlich meist schwarzweiß und brav bis niedlich - als schlichte Werbecover für die Künstler in den 40er- und 50er Jahren.
Rückblickend kann man die visuellen Vermarktungsstrategien der Label gut vergleichen.
Man passte sich der Zeit an: von konservativ, brav und höflich über psychelisch oder rockig bis hin zu ... ja, was denn eigentlich? Sexy? Die Musikindustrie setzt heute mehr auf Haut als auf Stimme. Früher genügte es, hochgeschlossen. aber dafür mit perfekter Stimmausbildung aufzutreten. Heute reichen knappe Kleidung und laszive Tänze, um einen Song zu verkaufen. Schnelles Geld mit eingängigen Titeln, oft ohne tiefsinnige Texte.
Zugegeben, die Musik ist heute auch vom Sound her lockerer, kritischer und lauter geworden. Dass wir hier in Deutschland so ganz nebenbei noch "amerikanisiert" wurden, ist als ein Nebeneffekt der Nachkriegs- bzw. Besatzungszeit zu werten.
Nichtsdestotrotz, wenn ich einen guten Titel im Radio hören - so ganz ohne visuelle Anreize - dann würde ich ihn ebenso kaufen als wenn ich ihn als Video verpackt serviert bekomme. Vielleicht sogar eher. Ganz einfach, weil er mir gefällt. An den Bausteinen der Musik selbst, also den Akkorden, Harmonien und Tonleitern wird sich niemals etwas ändern.
Musik ist im Grunde Mathematik mit unveränderlichen Elementen. Sie folgt bestimmten Gesetzen. Nur die Formeln werden jedes mal anders berechnet. Das nennt man Arrangement.
Bei der Präsentation, also der Verpackung, ist den Vermarktern jedoch freie Hand gegeben. Das Platten- bzw. CD-Cover als Werbeträger hat jedoch an Bedeutung verloren und das Internet ist zum Meinungsmacher geworden. In einer Zeit des schnellen Konsums wechseln die Stars in den Top 10 fast jede Woche. Trotzdem würde man sich manchmal etwas mehr Stil wünschen, damit nicht alles in unserem Leben zu Fastfood verkommt.
Hin und wieder ist so ein kleiner Lichtblick dabei. Warum eigentlich meist bei den Männern, die wieder gepflegt und im Anzug auftreten? Hochgeschlossene Kleider bei den Damen kommen dagegen wohl weniger an, trotz überzeugender Stimme. Ganz im Gegenteil, die heutigen Videos sind an Freizügigkeit kaum zu überbieten, getreu dem Motto "Sex sells".Viele Tanzeinlagen erinnern heute an heidnische Rituale.
Halten wir fest: Optische Anreize müssen also nach wie vor sein, um bekannt zu werden. Zumindest im Popbereich. Allerdings wird zu viel des Guten bzw. zu wenig Stoff auch schnell langweilig. Schließlich gibt es ja nichts mehr zu entdecken.
Das gilt übrigens nicht für den klassischen Bereich, ebenso wenig für den Schlager und die Volksmusik. Hier herrschen ganz andere Regeln und Umgangsformen. Warum kann man die nicht auch auf die moderne Musik übertragen? Setzt die Popindustrie voraus, dass der potentielle Konsument ihrer Musik ohne visuelle Reize nicht das notwendige Bildungsformat hat, um gute von schlechten Titeln zu unterscheiden?
Es geht letzten Endes immer nur um die Verpackung, das Bonbon im Glitzerpapier wirkt eben immer verlockender als das im matten weißen aber dafür edlen Papier. Mit der Revolution in den 60ern begann also auch das Zeitalter der Emanzipation für die Musikvermarkter, welche die neu gewonnene Freizügigkeit für sich entdeckten und bis heute immer weiter ausbauten.
Wenn die Musik unsere kulturelle Entwicklung spiegelt (und das kann man seit dem Erklingen der ersten Buschtrommel ja wohl behaupten), dann vermerken wir heutzutage eine gewisse Rückentwicklung. Die Schaffung der Kategorie "Popkultur" verrät da doch alles.
(ck)
Von der Künstlerpromotion über Lizenzrechte bis hin zur Tourplanung war alles dabei. Ich begann bei der Rockmusik, erlebte die ersten Dance-Importe und überlebte den Techno-Hype.
Aber eigentlich begann alles viel früher. Bevor ich beim Dance-Kultlabel BCM Records begann, war ich u.a. für diverse Rockverbände tätig, managte Bands, schrieb Kolumnen in den Vereinsmagazinen, organisierte Videodrehs und vieles mehr. Den Musikvideos, die in den 80er- und 90er-Jahren ihren Boom feierten, gingen die Plattencover voraus, auf denen der Künstler bzw. der Inhalt des zu verkaufenden Songs präsentiert wurde. Sie waren schrill und bunt in den Sechzigern und Siebzigern, die typischen Ableger der Hippiekultur, das genaue Gegenteil - nämlich meist schwarzweiß und brav bis niedlich - als schlichte Werbecover für die Künstler in den 40er- und 50er Jahren.
Rückblickend kann man die visuellen Vermarktungsstrategien der Label gut vergleichen.
Man passte sich der Zeit an: von konservativ, brav und höflich über psychelisch oder rockig bis hin zu ... ja, was denn eigentlich? Sexy? Die Musikindustrie setzt heute mehr auf Haut als auf Stimme. Früher genügte es, hochgeschlossen. aber dafür mit perfekter Stimmausbildung aufzutreten. Heute reichen knappe Kleidung und laszive Tänze, um einen Song zu verkaufen. Schnelles Geld mit eingängigen Titeln, oft ohne tiefsinnige Texte.
Zugegeben, die Musik ist heute auch vom Sound her lockerer, kritischer und lauter geworden. Dass wir hier in Deutschland so ganz nebenbei noch "amerikanisiert" wurden, ist als ein Nebeneffekt der Nachkriegs- bzw. Besatzungszeit zu werten.
Nichtsdestotrotz, wenn ich einen guten Titel im Radio hören - so ganz ohne visuelle Anreize - dann würde ich ihn ebenso kaufen als wenn ich ihn als Video verpackt serviert bekomme. Vielleicht sogar eher. Ganz einfach, weil er mir gefällt. An den Bausteinen der Musik selbst, also den Akkorden, Harmonien und Tonleitern wird sich niemals etwas ändern.
Musik ist im Grunde Mathematik mit unveränderlichen Elementen. Sie folgt bestimmten Gesetzen. Nur die Formeln werden jedes mal anders berechnet. Das nennt man Arrangement.
Bei der Präsentation, also der Verpackung, ist den Vermarktern jedoch freie Hand gegeben. Das Platten- bzw. CD-Cover als Werbeträger hat jedoch an Bedeutung verloren und das Internet ist zum Meinungsmacher geworden. In einer Zeit des schnellen Konsums wechseln die Stars in den Top 10 fast jede Woche. Trotzdem würde man sich manchmal etwas mehr Stil wünschen, damit nicht alles in unserem Leben zu Fastfood verkommt.
Hin und wieder ist so ein kleiner Lichtblick dabei. Warum eigentlich meist bei den Männern, die wieder gepflegt und im Anzug auftreten? Hochgeschlossene Kleider bei den Damen kommen dagegen wohl weniger an, trotz überzeugender Stimme. Ganz im Gegenteil, die heutigen Videos sind an Freizügigkeit kaum zu überbieten, getreu dem Motto "Sex sells".Viele Tanzeinlagen erinnern heute an heidnische Rituale.
Halten wir fest: Optische Anreize müssen also nach wie vor sein, um bekannt zu werden. Zumindest im Popbereich. Allerdings wird zu viel des Guten bzw. zu wenig Stoff auch schnell langweilig. Schließlich gibt es ja nichts mehr zu entdecken.
Das gilt übrigens nicht für den klassischen Bereich, ebenso wenig für den Schlager und die Volksmusik. Hier herrschen ganz andere Regeln und Umgangsformen. Warum kann man die nicht auch auf die moderne Musik übertragen? Setzt die Popindustrie voraus, dass der potentielle Konsument ihrer Musik ohne visuelle Reize nicht das notwendige Bildungsformat hat, um gute von schlechten Titeln zu unterscheiden?
Es geht letzten Endes immer nur um die Verpackung, das Bonbon im Glitzerpapier wirkt eben immer verlockender als das im matten weißen aber dafür edlen Papier. Mit der Revolution in den 60ern begann also auch das Zeitalter der Emanzipation für die Musikvermarkter, welche die neu gewonnene Freizügigkeit für sich entdeckten und bis heute immer weiter ausbauten.
Wenn die Musik unsere kulturelle Entwicklung spiegelt (und das kann man seit dem Erklingen der ersten Buschtrommel ja wohl behaupten), dann vermerken wir heutzutage eine gewisse Rückentwicklung. Die Schaffung der Kategorie "Popkultur" verrät da doch alles.
(ck)