Allgemeine Leistungsklage (Zulässigkeit)

Erstellt am 22. Juni 2018 von Juraeinmaleins @juraeinmaleins

A. Sachentscheidungsvoraussetzungen bzw. Zulässigkeit

  1. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges
    1. Aufdrängende Sonderzuweisung
    2. Generalklausel, § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO
      1. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit
      2. Nichtverfassungsrechtlicher Art
      3. Keine abdrängende Sonderzuweisung
  2. Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungsklage
    1. Allgemeine Unterlassungsklage
    2. Vorbeugende Unterlassungsklage
  3. Klagebefugnis, analog § 42 Abs. 2 VwGO
  4. Klagegegner
  5. Qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis (vorbeugende Unterlassungsklage)
    1. Verwaltungsakt
    2. Realakt
  6. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61 ff. VwGO
    1. Beteiligtenfähigkeit
    2. Prozessfähigkeit
  7. Vorverfahren und Klagefrist (Grundsätzlich nicht erforderlich)

B. Klagehäufung und Beiladung (ggfs. Erläutern)

  1. Klagehäufung gem. § 44 VwGO
  2. Subjektive Klagehäufung gem. § 64 VwGO i.V.m. §§ 59 ff. ZPO
  3. Beiladung gem. § 65 VwGO

C. Begründetheit


Die allgemeine Leistungsklage ist in der VwGO nicht konkret geregelt, sie wird aber vorausgesetzt:1 §§ 43 Abs. 2, 111, 113 Abs. 4 VwGO. Siehe dazu auch §§ 169 Abs. 2, 170 VwGO. Sie ist im Gegensatz zur Unterlassungsklage eine auf positive Leistung gerichtete Leistungsklage.2 Mit der allgemeinen Leistungsklage wird ein Handeln der Verwaltung begehrt, das nicht einen Verwaltungsakt darstellt (dafür gibt es ja die Verpflichtungsklage, die auf Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet ist).3 Das Begehren müsste sich also um tatsächliches hoheitliches Handeln (Realakt) handeln.4

Anwendungsfälle der allgemeinen Leistungsklage:5

  1. öffentlich-rechtliche Abwehr- und Folgenbeseitigungsansprüche (FBA)
  2. Ansprüche auf Vornahme schlichthoheitlicher Verwaltungsmaßnahmen
  3. Geld- oder Sachleistungsansprüche, z.B. aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag
  4. Anspruch auf Abgabe öffentlich-rechtlicher Willens- und Wissenserklärungen
A. Sachentscheidungsvoraussetzungen bzw. Zulässigkeit
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges

Für die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges haben wir einen separaten Beitrag geschrieben.

II. Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungsklage

Das Begehren des Klägers kann einmal in Form auf positive Leistung gerichtet sein, also ein Tun i.S.e. schlicht-hoheitlichem Handeln, oder auf Unterlassung. Die Unterlassungsklage ist ein Unterfall der allgemeinen Leistungsklage und existiert in zwei Formen: Allgemeine Unterlassungsklage und vorbeugende Unterlassungsklage.

1. Allgemeine Unterlassungsklage

Bei der allgemeinen Unterlassungsklage handelt es sich um die Verteidigung gegen künftigen Rechtsbeeinträchtigungen bei bereits eingetretener und andauernder Störung.6

2. Vorbeugende Unterlassungsklage

Die vorbeugende Unterlassungsklage behandelt die Fälle der Verteidigung gegen künftiger Rechtsbeeinträchtigungen ohne andauernder Störung.7 Das Begehren könnte sich dabei um das Unterlassen eines künftigen Verwaltungsaktes oder Realaktes handeln.8 Weitere Voraussetzung für die vorbeugende Unterlassungsklage ist ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse (siehe unten).

III. Klagebefugnis, analog § 42 Abs. 2 VwGO

Die Klagebefugnis richtet sich nach den allgemeinen Regeln gem. analog § 42 Abs. 2 VwGo. Siehe dazu den Beitrag Anfechtungsklage.

IV. Klagegegner

Die Klage muss sich gegen den Rechtsträger richten, für den die betreffende Behörde gehandelt hat (Rechtsträgerprinzip).

V. Qualifiziertes Rechtsschutzinteresse (vorbeugende Unterlassungsklage)

Es wird unterschieden zwischen der Abwehr gegen eines künftigen Verwaltungsaktes und eines Realaktes.

1. Verwaltungsakt

Grundsätzlich liegt kein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse in Bezug auf das Unterlassen des Erlasses eines Verwaltungsaktes vor. Als vorrangige Rechtsschutzmittel des Betroffenen kommen Anfechtungsklage und Widerspruch in Betracht, da diese den Suspensiveffekt gem. § 80 Abs. 1 VwGO auslösen. Denn durch die aufschiebende Wirkung wird der Betroffene ausreichend geschützt.9 Von diesem Grundsatz werden Ausnahmen gemacht, nämlich wenn eine Verweisung auf die „anderen“ Rechtsschutzmittel für den Betroffenen unzumutbar wären. Unzumutbarkeit liegt insbesondere bei folgenden Fallgruppen vor:10

  1. Schaffen vollendeter Tatsachen11
  2. kurzfristig erledigender Verwaltungsakt12
  3. Straf- oder bußgeldbewehrter Verwaltungsakt13
2. Realakt

Keine besonders hohen Anforderungen liegen bei einem Realakt vor. Denn anders bei Verwaltungsakten existiert keine vergleichbare Vorschrift wie § 80 Abs. 1 VwGO für Realakte.14 Unter Einbeziehung des Rechtsgedankens des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis dann vor, wenn eine

  1. Wiederholungsgefahr oder
  2. Erstbegehungsgefahr besteht.15
VI. Beteilligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61 ff. VwGO
  • Für den Kläger als natürliche Person: § 63 Nr. 1 VwGO
  • Für den Beklagten als juristische Person: § 63 Nr. 2 VwGO
1. Beteiligtenfähigkeit
  • Für den Kläger: § 61 Nr. 1, 1. Alt. VwGO
  • Für den Beklagten: § 61 Nr. 1, 2. Alt. VwGO
2. Prozessfähigkeit
VII. Vorverfahren und Klagefrist (Grundsätzlich nicht erforderlich)

Bei einer allgemeinen Leistungsklage ist im Grundsatz kein Vorverfahren durchzuführen. Ausnahmen finden sich im Beamtenrecht:

  1. § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG (Landesbeamte, vorbehaltlich gesetzlicher Ausnahmen in Satz 3)
  2. § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG (Bundesbeamte)

Auch gelten grundsätzlich keine Fristen mit Ausnahmen im Beamtenrecht:

  1. § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Landesbeamte)
  2. § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Bundesbeamte)
B. Klagehäufung und Beiladung (ggfs. Erläutern)
  1. Objektive Klagehäufung gem. § 44 VwGO
    1. Verfolgung mehrer Klagebegehren zulässig, wenn
    2. diese sich gegen denselben Beklagten richten,
    3. im Zusammenhang stehen und
    4. dasselbe Gericht zuständig ist.
  2. Subjektive Klagehäufung gem. § 64 VwGO i.V.m. §§ 59 ff. ZPO
    1. Mehrere Kläger
    2. Ein Begehren
  3. Beiladung gem. § 65 VwGO
    1. Gem. § 63 Nr. 3 VwGO ist der Beigeladene Beteiligter am Verfahren. D.h. es muss für den Beigeladenen die Beteiligungs- und Prozessfähigkeit (s. o.) nach den §§ 61 f. VwGO geprüft werden.
C. Begründetheit

1 – Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 10. Auflage, 2016, § 17, Rn. 1.
2 – Hufen, (Fn. 1), § 16, Rn. 1, § 17, Rn. 1.
3 – Supra, (Fn. 1).
4 – Supra, (Fn. 1).
5 – Mann/Wahrendorf, Verwaltungsprozessrecht, 4. Auflage, 2015, § 18, Rn. 281.
6 – Gersdorf, Verwaltungsprozessrecht, 5. Auflage, 2014, Rn. 102.
7 – Supra.
8 – Supra, (Fn. 6); Mann/Wahrendorf, (Fn. 5), § 18, Rn. 283.
9 – Gersdorf, (Fn. 6), Rn. 106.
10 – Supra.
11 – VGH München, NJW 1986, 3221 (3222).
12 – BVerwGE 101, 157 (158).
13 – BVerwGE 39, 247 (249).
14 – Gersdorf, (Fn. 6), Rn. 107.
15 – Supra.
16 – Bei dir gelten andere Landesvorschriften? Teile sie uns in den Kommentaren mit, wir fügen sie dann hier in den Beitrag ein.