alles passiert aus einem bestimmten grund.

ach, tut es das wirklich? oder ist das einfach eine simple entschuldigung, um unangenehme zeiten oder dumme entscheidungen irgendwie zu rechtfertigen?

hier ein kleines beispiel:
prüfungswoche. prüfungsstress. der wecker klingelt. snooze. der wecker klingelt. snooze. der wecker klingelt nicht mehr. plötzliches aufwachen. fuck. zu spät. aufspringen. umziehen. losrennen. treppe. stolpern. knick. bein. aua.

hätte dieses durchaus unangenehme szenario also einen “wahren” grund und eine tiefere bedeutung als die tatsache, dass ich in diesem fall einfach nur zu tollpatschig gewesen wäre und statt auf mein handy, lieber auf meine schritte geachtet hätte? vielleicht. vielleicht würde mir diese erfahrung aber sagen wollen, dass es im leben viel schlimmere dinge gibt, als ein paar prüfungen. ein gebrochenes bein, zum beispiel.
zugegeben, dieses erfundene geschehnis ist ein bisschen extrem. ich kenne jedoch menschen, die fest davon überzeugt sind, dass genau solche dinge aus einem bestimmten grund passieren und dass das “schicksal” das so vorgesehen hat.

ich glaube eher, dass gewisse begegnungen mit anderen menschen und deren taten einen einfluss auf uns und unser leben haben. jeder hat schon mal jemanden getroffen, von dem er ziemlich enttäuscht wurde und am schluss aber doch feststellen musste, dass es eigentlich gut war, dass das passiert ist und man sich das nächste mal besser vor solch einer enttäuschung (oder person) in acht nehmen wird. natürlich kann auch das gegenteil der fall sein – man trifft einen menschen, der das eigene leben unglaublich bereichert und man fragt sich: “wo warst du nur die ganze zeit?!”

in meiner ausbildungszeit hatte ich eine ziemlich unangenehme chefin. sie war so richtig, richtig scheisse. und der rest des teams (mit ausnahmen) eigentlich auch. anfangs war alles wunderbar. ich liebte meinen arbeitsplatz und ging jeden morgen top motiviert zur arbeit. irgendwann wendete sich das blatt und ich hasste diesen ort. ich verabscheute meine mitarbeiterinnen, diesen dummen, weissen kittel den ich tragen musste und meine chefin. nur schon wenn ich ihre schritte hörte, standen mir die haare zu berge.
ich fragte mich in dieser zeit immer wieder, warum das genau mir passieren musste. von so vielen arbeitsorten in meiner stadt, warum musste genau ich in dieser hölle von betrieb landen? ich wurde immer wieder mit den worten “in der ausbildungszeit muss man eben mal unten durch” getröstet. als ich den betrieb dann wechselte, so kurz vor dem abschluss, wurde ich vom gegenteil überzeugt. das neue team war der wahnsinn und sie unterstützen mich wo sie nur konnten.
im nachhinein bin ich froh, diese erfahrung gemacht zu haben. obwohl es nicht immer einfach war, ich viel einstecken musste und einige tränen flossen, hat mich das ganze stärker gemacht. ich weiss, was ich drauf habe, wo meine grenzen sind und was ich mir bestimmt nie wieder gefallen lassen werde. und ich weiss jetzt auch, wie ich bestimmt nie werden will.

nach meiner ausbildung wollte ich ein praktikum im sozialen bereich machen. ich entschied mich für eine schule für gehörlose und sprachbeeinträchtigte kinder, schickte meine bewerbung ab und wurde zu ein paar probearbeitstagen eingeladen.
mir gefiel die arbeit mit kindern sehr und ich konnte beim probearbeiten einen einblick in die verschiedenen schulstufen gewinnen. als am ende der woche das auswertungsgespräch stattfand und ich gefragt wurde, in welcher stufe ich denn gerne praktikantin sein würde, entschied ich mich für die grundschule. ich konnte damals mit kleinen kindern noch nicht viel anfangen und wollte lieber zu den grösseren. einige wochen später wurde mir das praktikum zugesichert.
zwei wochen vor den sommerferien erhielt ich den stundenplan. voller vorfreude öffnete ich den umschlag und fiel erstmal aus allen wolken. auf dem stundenplan stand eiskalt KINDERGARTEN. ich hielt es zuerst für ein missverständnis, doch wie sich herausstellte, war es das nicht. ich war so unglaublich wütend und enttäuscht. ich hatte extra noch betont, dass ich nicht in den kindergarten möchte und dann das.

nach langen gesprächen mit meinen eltern entschied ich mich dafür, es trotzdem einfach mal zu versuchen. (ich hatte meinen anderen job schon an den nagel gehängt, mir blieb ja quasi nichts anderes mehr übrig.)
der erste tag war, wie zu erwarten, der horror. die kids waren völlig überfordert mit der neuen situation, schrien nach ihren müttern und verstanden überhaupt nicht, was sie jetzt hier im kindergarten zu suchen hatten. da hatte ich noch meine zweifel und fragte mich ernsthaft, ob ich das ein ganzes jahr lang durchstehen würde.
die darauffolgenden wochen wurden dann etwas ruhiger und angenehmer. es fing sogar an, mir zu gefallen. ich hätte nie gedacht, das ich das mal sagen werde aber ja, verdammt, es gefiel mir mit 7 kindern zu arbeiten, die rumrannten wie eine horde flöhe. ich mochte es, mit ihnen zu basteln, zu zeichnen, mit puppen zu spielen oder zu kochen. ich wurde angespuckt, gebissen, angeniest und mir wurde an den haaren gezogen. (ach, kinder.)
es wurden aber auch zeichnungen für mich gemacht, mir wurden umarmungen und ehrliche, herzhafte kinderlachen geschenkt. ich habe unzählige nasen geputzt, vermalte tische gereinigt und tränen getrocknet und es war die schönste erfahrung, die ich je gemacht habe. ich bin so vielen tollen menschen begegnet. menschen mit ihren persönlichen geschichten, problemen und schicksalen und ich habe von den meisten etwas mit auf den weg nehmen können.

der grund, weshalb ich im kindergarten und nicht in der grundschule gelandet bin, liegt vielleicht an einem zwischenmenschlichen missverständnis zwischen mir und dieser schule.

vielleicht liegt er aber auch einfach daran, dass es das schicksal so wollte.

namasté.

(bemerkung zum beitragsbild: ein mädchen aus meiner klasse hat mein tattoo am arm gesehen und wollte auch welche.)

wwww


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