Alles ist längst bekannt! - Leiste dennoch Widerstand!

Von Sf2000

Schon seit vielen Jahren bin ich kein regelmäßiger Fernsehkucker mehr und für "aktuelle Serien" interessiere ich mich gewöhnlich auch nicht. Dennoch ist es schon oft vorgekommen, dass SF2000 mir Empfehlungen gegeben hat (Sachen die wirklich keiner in Deutschland kennt) und die mich förmlich in Ekstase versetzen.

Momentan ist es die Serie The Newsroom mit Jeff Daniels in der Hauptrolle des menschlich unausstehlichen, aber der Wahrheit verpflichteten Nachrichtensprechers der mich in Entzückung bringt. The Newsroom erzählt davon wie unsere Nachrichten uns mehr und mehr mit sinnlosem Zeug zumüllen und uns manchmal regelrecht die Wahrheit vorenthalten bei dem was die Medien "Berichterstattung" nennen. Und doch wählt der Nachrichtensprecher den unbequemen Weg. Ihm platzt in einer öffentlichen Veranstaltung der Kragen, sagt dass Amerikas Fundamente anfangen zu faulen und macht Nachrichten wieder zu einem Instrument der Demokratie. Er legt sich sogar mit Amerikas gefährlichsten Verfassungsfeinden an: der republikanischen Tea Party-Bewegung.

Es ist so herrlich Nachrichten sehen zu dürfen, welche das Streben nach Wahrheit und Vernunft als Maßgabe nehmen und es mit den wahren Schurken im Staat aufnehmen. Auch wenn es alles nur Fiktion ist. Ungeachtet der Tatsache, dass die Tagesschau von heute kaum anders/besser/schlechter ist als die von vor zwanzig Jahren hege ich ehrlich gesagt kaum Hoffnung, dass die amerikanischen oder deutschen Medien sich demnächst die Frage stellen: "Was und warum berichten wir hier eigentlich? Was sind wir eigentlich verpflichtet zu berichten?"

Meine Damen und Herren, ist es Wahlkampf da draußen. Deutschland, eine der führenden Nationen in dieser Welt steht nächste Woche vor der Wahl ob es vier weitere Jahre schlecht belogen werden möchte. Und die Stimmung im Volke sagt "ja, warum auch nicht". Ich erinnere mich noch zugut an die Wahl Barack Obamas letzten Herbst wo ich mehrmals täglich die Prognosen der Institute und Stimmungsschwankungen in der US-Bevölkerung bewachte und mit Zittern in den Knien am Wahlabend zu Bett ging bangend und beten
d, dass ja nicht "die böse Seite Amerikas" wieder die Oberhand gewinnt.

Und jetzt? Es ist Wahl nächste Woche in Deutschland und die spannendste aller Fragen ist, ob die AfD in den Bundestag kommt oder nicht und Merkel damit den uneingeschränkten Sieg streitig macht. In Amerika ging es noch um "halbwegs gut gegen wirklich böse", bei uns im Wahlkampf geht es dagegen "Ersticken der politischen Diskussion (Merkel) versus Ich biete euch ein bisschen Hoffnung (Steinbrück)".

Heute Abend habe ich mal den Wahl-o-mat gemacht und war halbwegs überrascht. Nicht unbedingt darüber, dass ich inhaltlich mehr mit Grünen und der Linkspartei mehr Übereinstimmung hatte als mit der SPD, nein sondern darüber, dass ich sowenig mit meiner Partei übereinstimmte.

Was sagt mir das? Wähle ich die falsche Partei? - Vielleicht.

Sollte ich mein Parteibuch zurückgeben? - Nein. Ganz im Gegenteil.

Das Ergebnis sagt eigentlich nur etwas darüber aus, wieviel Veränderungsdruck meine Persönlichkeit der SPD beimisst, damit wir übereins sind. Das sollte jetzt kein Scherz sein - lassen Sie einen Politiker ihrer Wahl einmal diesen Test machen und die/der wird sicherlich ähnliche Werte in dem Test aufweisen. Kleiner Tipp: Die Politiker die parteiübergreifend Hochachtung haben und oftmals missliebig sind werden bei diesem Test sicherlich "am schlechtesten" abschneiden.

Und das ist gut so. Politische Diskussion entsteht aus Reibung. Diskussion über unterschiedliche Auffassungen ist das Salz in der Suppe in einer Demokratie. Wenn man Mitglied einer Partei ist muss man vor allem dem Wertekanon dieser Partei sich verpflichtet fühlen. Positionen sind dagegen veränderbar und überholen sich ganz schnell.

Wenn also die deutschen Medien gerade auf innenpolitischen Durchzug schalten, lieber über Syrien und andere internationale Krisen berichten (wo einzig die Linkspartei aus dem Positionenkanon der etablierten Parteien sich positiv herausschält), dann zeigt das doch nur, dass….

uns die innenpolitische Debatte relativ egal ist. Sogar der Ausgang der Wahl scheint den Medien und dem Volk relativ egal zu sein. Selbst den etablierten Parteien scheint das fast egal zu sein, da Umfragen nur kleine Prozentverschiebungen gegenüber 2009 voraussagen.

Und das betrübt mich. Nein. Das macht mich sogar wütend.

Und dann denke ich wieder an diese Serie The Newsroom. Dann denke ich, dass wenn doch auch nur jetzt und hier jemand wie dieser Nachrichtensprecher sich erheben und schreien würde "Mit mir nicht! Mit mir nicht mehr! Ich verbreite nicht mehr Eure Lügen! Ich will ein anderes, ein besseres, ehrlicheres Land!", dann würde der Teufel los sein und alle würden mitmachen und sich fragen "Was war denn eigentlich los die letzten vier Jahre? Warum haben wir das nicht früher gemerkt? Warum habe ich eine Partei gewählt, die gegen meine Interessen handelt?"

Zu solch einem Schritt gehört Mut. Und Mut ist genau das, was dem Wahlkampf 2013 so grausam offen vorenthalten wird. Dass es schon weh tut.

Wählen Sie also am 22. September eine Partei und Politiker, die ihre Interessen und ihre Positionen vertreten. Und wir Parteimitglieder versuchen durch unser Engagement der deutschen Demokratie wieder Mut einzuhauchen.

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