Ich hatte mich sehr auf das Erscheinen des OM-D-Buches gefreut und gehofft, dass sich die Verkaufszahlen besser entwickeln als bei den Nikon-Büchern. Zwar ist das Feedback zu den Büchern zur D600 und D7100 hervorragend, doch Lob allein – so wohl es tut – kann den Aufwand für so ein Werk nicht rechtfertigen. Bislang waren alle meine Kamerabücher, obwohl gut beleumundet (ich bekomme jetzt noch gelegentlich Anfragen wegen meines D700-Buchs), wirtschaftliche Flops für mich.
Zu meiner Überraschung scheinen sich Olympus-Fotografen weniger für mein Konzept kreative Fotografie in den Mittelpunkt zu stellen und Funktionen nebenher zu erklären zu begeistern als Nikon-Fotografen. Zwar bin ich mir sicher, dass es kaum eine fotografische Funktion an der OM-D gibt, die mein Buch nicht beschreibt, doch der Aufbau folgt ganz klar der Praxis kreativer Fotografie – deshalb heißt das Buch ja auch wie es heißt.
Habe ich die Fokussierung der Kamerakäufer auf Featurismus unterschätzt? Sicher ist es toll was Olympus seinen OM-D-Kameras alles mitgibt. Doch für die praktische Fotografie sind vor allem Objektive, Brennweiten, Blende und Belichtungseinstellungen von Bedeutung – und das Verständnis der Zusammenhänge dieser Dinge.
Dabei fallen mir Fotoworkshops ein an denen ich teilnahm und wo ich Hobbyfotografen mit Profikameras jenseits der 2000 Euro traf, die kaum ein exaktes Verständnis davon hatten was die Abkürzungen A/AV, S/Tv, P und M auf dem Moduswahlrad ihrer Boliden genau bedeuten. Eine Beobachtung von der mir auch Kollegen berichteten.
Es ist schon klar, dass manche Leute glauben eine gute Kamera mache bessere Bilder. Doch ich hatte gedacht es gäbe genügend Leute die mehr daran interessiert sind wie man mit einer Kamera kreativ fotografiert als an den ganzen elektronischen Gimmicks. Habe ich mich getäuscht?
Tatsächlich würde sich das mit einer Beobachtung die ich gelegentlich in meinen Kursen zu Kreativprogrammen mache decken: Manche Anwender von Photoshop & Co erwarten, dass sie nur den richtigen Knopf zu drücken bräuchten um kreative Arbeiten ausgespuckt zu bekommen.
In der Praxis jedoch muss Kreativität vom Anwender ausgehen – Photoshop ist nicht klüger als der Pinsel eines Malers und eine hochgezüchtete Digitalkamera ist nicht kreativer als ein mechanischer Fotoapparat aus präelektronischen Zeiten.
In Photoshop brauche ich Ebenen, Kanäle, Ebenenmasken und Einstellungsebenen. Das alles kennt Photoshop spätestens seit Version 4. Seither sind tolle Werkzeuge hinzugekommen, doch alles Wesentliche was ich mit der aktuellen Version 14 machen kann, könnte ich genauso gut mit Version 7 auch umsetzen. Das heißt Photoshop 14 kennt viel tolles Beigemüse, doch die zentral wichtigen Dinge haben sich seit Version 4 kaum geändert.
In der Fotografie ist es nicht anders. Kameras wie die OM-D kommen mit innovativen Funktionen daher und vieles davon ist begrüßenswert für Situationen in denen man es braucht. In 90% der fotografischen Situationen jedoch braucht man nur eine Brennweite zur Gestaltung der Perspektive, eine Blende zur Gestaltung der Schärfentiefe und eine optimale Belichtungseinstellung. Das ist der Kern um den sich meine Bücher drehen, um die Zusammenhänge dazwischen und wie man damit mit der Kamera in der Praxis arbeitet.
Das meiste was sich in Menüs findet ist Beigemüse. Vieles muss man einmal einstellen und dann hat sich die Sache. Vieles braucht 90% der Fotografen selten und jene, die sich nicht für Brennweite, Blende und Belichtungseinstellungen interessieren, eigentlich gar nicht.
Ich bin vom Konzept einer Fotoschule zur Kamera noch immer überzeugt. Nützt allerdings nicht, wenn diese Überzeugung nicht ausreichend Anwender teilen. Eine Rezension die kritisiert mein Buch (mit dem Titel »Kreativ fotografieren mit …«) drehe sich zu sehr um kreative Fotografie und habe kaum Bezug zur Kamera (dabei dreht sich alles um das kreative Fotografieren mit der OM-D) und das Buch stürzt im Rating bei Amazon ab – nun deutlich hinter einem Mitbewerber das noch gar nicht verfügbar ist.
Schade. Und bitter eine gute Idee gehabt zu haben und damit zu scheitern. Denn dass Ein- und Aufsteiger mehr davon profitieren würden sich mit kreativer Gestaltung zu befassen, als mit Features, wird jeder der wirklich fotografieren kann bestätigen.