Klassische Kochbücher erklären das Pochieren von Eiern folgendermaßen: man soll mithilfe eines Kochlöffels in einem Topf mit siedendem Wasser einen Strudel erzeugen. In diesen Strudel kippt man die Eier, hofft, dass sie nicht zusammenpappen und wundert sich anschließend, dass das Ergebnis ziemlich unansehnlich ist.
Um die Eier ästhetisch aufzupeppen wird mitunter geraten, dass man das Ei direkt nach dem Gang ins Wasser mit zwei Löffeln in Form bringen solle. Klingt kompliziert und ist es auch – zumindest für Menschen mit meinen motorischen Fähigkeiten.
Für ganze Eier funktioniert die alternative Methode von Heston Blumenthal ziemlich gut.
Viel schöner finde ich jedoch die hier vorgestellte Methode von Alain Passard, die sich auf das wirklich Gute im pochierten Ei konzentriert – das Eigelb.
Und wäre das allein nicht schon toll genug, ist die Methode völlig entspannt und hält erfischende Erinnerungen an die Kindheit bereit.
Denn die Eier schwimmen wie kleine Bötchen im Topf herum…
Das pochierte Ei mit Nussbutterschaum ist eine phantastische Vorspeise.
Das wachsweiche Eigelb passt wunderbar zum fluffig-karamelligen Butter-Schaum, und der Ingwer und das kräftig-röstige Brot sorgen dafür, dass das Ganze nicht zu dekadent wird.
Zudem kann bei der sehr einfachen Pochiertechnik und dem Einsatz des ISI Siphon kaum etwas schief gehen. Allein der Sollbruchstellenverursacher (s.u.) ist eine (überschaubare) Investition, die möglicher Zweifel wecken könnte.
Aber ich kann Euch guten Gewissens versichern: es lohnt sich.
Redaktioneller Hinweis
Dieser Artikel ist eine überarbeitete Version eines der ersten Texte, die ich vergangenes Jahr auf cookin’ veröffentlicht habe. Nachdem die Qualität des damaligen Fotos in diametralem Gegensatz zum Spaßfaktor dieses Gerichtes stand, habe ich mich entschlossen, das Gericht neu zu photographieren, den Artikel zu überarbeiten und das Ganze als neuen Artikel zu veröffentlichen.
Pochierte Eigelbe
4 Eier Größe M oder L
Die Eier an der dicken Stelle mit dem Sollbruchstellenverursacher köpfen. 30 Minuten abgedeckt im Kühlschrank „anpappen“ lassen. Am besten funktioniert das im Eierkarton, abgedeckt mit Frischhaltefolie.
Wasser in einem breiten Topf aufkochen. Den Topf vom Herd nehmen und ein bis zwei Minuten warten. Die Eier in dem nicht mehr kochendem Wasser 5 – 7 Minuten neben dem Herd wie Schiffchen schwimmen lassen.
Die Eier sind fertig, wenn das Rest-Eiklar um das Eigelb herum deutlich milchig eingetrübt ist.
Nussbutterschaum
150 g Butter
100 ml kräftiger Hühnerfonds
1 Msp. Soja-Lecithin
0,3 g Xanthan
0,3 g Guarkernmehl
Salz, Pfeffer
Quattre Epices
1 cm frischen Ingwer
1 EL Ingwersirup
Schnittlauch
Rosensalz
Der Nussbutterschaum basiert auf einer klassischen Beurre blanc (hier allerdings mit brauner Butter).
Exkurs: ultra-stabile Beurre blanc mit Sojalecithin, Guarkernmehl und Xanthan
Eine klassische Beurre blanc besteht im Wesentlichen aus einreduziertem Fonds und viel Butter. Sie ist leider ebenso köstlich wie kniffelig. Denn erstens ist das Kasein in der Butter, als einzig verfügbarer Emulgator, beileibe kein Leistungsträger.
Und zweitens ist die Butter ein zickiger Geselle. Trifft sie auf zu heißen Fonds, trennt sie sich. Dann kann man sich einen Wolf schlagen, ohne dass man auch nur einen im entferntesten stabilen Schaum erhält.
Hier können ein ISI Siphon und ein paar moderne Pülverchen Wunder bewirken. Das Sojalecithin sorgt als Emulgator für die freundschaftliche Bindung zwischen Fett (Butter) und Fonds. Der ISI Siphon besorgt die Luftbläschen, und Guarkernmehl und Xanthan stabilisieren das Ganze als, in diesem Fall, synergetisch auftretendes Team.
Und das beste: während man klassische, schaumige Soßen mit Butter “à point” zubereiten muss und die Geschichte selbst bei besten Timing noch schief gehen kann, kann man den hier beschriebenen Nussbutterschaum entspannt vorbereiten und im ISI Siphon komfortabel warm halten.
Da tut es auch nicht weh, wenn ein Gast ganz spontan kurz vor dem Service noch aufs Klöchen muss.
Am besten vorab die Nussbutter herstellen. Dazu die Butter in einem kleinen Topf bei mittlerer Hitze bräunen.
Experimentierfreudige Naturen können 1/3 des Gewichtes der Butter in Milchpulver dazu geben. Dann werden die Karamellaromen noch intensiver.
Achtung: erst tut sich lange nichts, dann geht alles sehr schnell.
Sobald die Butter deutlich zu bräunen beginnt, sofort in ein kühles (!) Gefäß umziehen. Die Butter sollte sofort zu karamellisieren aufhören, sonst wird sie zu dunkel.
Dann mit Fonds und den Texturgebern (Lecithin, Xanthan, Guarkernmehl) in einen guten Mixer, z.B. einen Thermomix geben, sorgfältig homogenisieren und kühl stellen.
Ingwer und Schnittlauch sehr fein schneiden, den Ingwer in den Ingwersirup einlegen.
Die Nussbutter-Emulsion passieren, in einen ISI Siphon geben, zwei Kapseln eindrehen und im Wasserbad auf 50 Grad erhitzen. Als Wasserbad verwende ich einen großen Topf, die Wassertemperatur messe ich mit einem Fleischthermometer.
Das Wasserbad sollte nicht wesentlich heißer werden – sonst risikiert man einen explodierenden Siphon.
Geröstetes Brot
Frisches, gute Sauerteigbrot mit Roggenanteil
Das Brot in ca. 5 cm lange und jeweils 1 cm breite/ hohe Stifte schneiden. In einer Pfanne bei mittlerer Hitze mit wenig Butter und Olivenöl goldbraun anrösten.
Anrichten
Die Eier aus dem Wasser nehmen, Ingwer darauf geben. Nussbutterschaum ausspritzen. Mit etwas Rosensalz und dem gerösteten Brot servieren.
Weiterführende Links
Hier das Video zur Pochiertechnik von Alain Passard
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Applaus ist das Brot des Künstlers!
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