Immer mehr Menschen wollen auf Plastik verzichten. Auch deshalb sind Produkte aus Bambus mittlerweile sehr beliebt. Seit einigen Jahren gilt Geschirr aus Bambusfasern als tolle, ökologische Materialinnovation und es gibt immer mehr Anbieter auf dem Markt. Jetzt tauchen immer wieder kritische Berichte über Bambusgeschirr auf. Wie berechtigt ist die Kritik? Sollte man jetzt neben Plastikgeschirr auch noch auf das Bambusgeschirr verzichten? Und wenn man sich für Bambusgeschirr entscheiden möchte, worauf ist dann zu achten?
Fakten und Irreführendes zum Geschirr aus Bambus
Das Problem bei sämtlichen Recherchen ist immer wieder, dass es kaum zuverlässige, neutrale Quellen zu finden gibt. Auch „seriöse“ Medien greifen immer wieder auf die gleichen Quellen zurück. Negative Testberichte schaffen populäre Schlagzeilen mit hohen Klickwerten und sind gut fürs Geschäft. Aber wenn sogar Verbraucherzentralen empfehlen besser normales Plastikgeschirr zu nehmen um sicher zu gehen, worauf sollen wir uns dann noch verlassen? Wer verfolgt hier eigentlich welche Interessen in diesem „postfaktischen“ Internet? Zugegeben, wir sind in der Sache auch nicht ganz neutral, weil wir selbst Geschirr aus Bambusfasern im Lilli Green Shop verkaufen. Andererseits wollen wir uns gerade deswegen gewissenhaft und transparent mit der Frage auseinandersetzen und über unseren heutigen Kenntnisstand informieren.
Worauf bezieht sich die viel zitierte Bambusgeschirr-Kritik von Öko-Test?
In Februar 2016 kam ein Testbericht von Öko-Test raus, welcher für ganz viele Negativschlagzeilen zum Thema Bambusgeschirr führte. Auf Basis der damaligen Schlagzeilen würde man denken, dass Bambusgeschirr ganz schön gefährlich und bedenklich ist. Allerdings bezog sich die Kritik des Testberichts tatsächlich auf die unzureichende Kennzeichnung bei Bambusprodukten. Oft wurde zum Beispiel nicht angegeben, dass die Produkte einen Melaminanteil erhalten. Gleichzeitig urteilte Öko-Test, dass Kindergeschirr-Produkte, die nur Melamin erhalten, unbedenklich sind. Die Kritik an dem Bambusfaser-Geschirr betraf also nicht das Enthalten von Melamin, sondern ausschließlich die unklare Kennzeichnung. Laut Verbraucherzentrale betrifft dies übrigens freiwillige Angaben, denn eine Kennzeichnungspflicht gibt es nicht. Obwohl die Kritik an sich berechtigt war, ging es aber vor allem darum, dass klar sein soll, um was für Material es sich handelt.
Ist Bambusgeschirr mit Melamin-Harz-Anteil unbedenklich?
Bei Geschirr aus Bambusfasern wird meistens Melaminharz als Verbindungsstoff hinzugefügt. Das Verbundsmaterial von Bambusfaser und Melamin wird als ein Biopolymer beschrieben. Dieser besteht zum einen aus Bambusfasern, einem hochgradig erneuerbaren Rohstoff, und einem 100% ungiftigen und lebensmittelechten Melaminbindemittel, welches dabei hilft, die Lebensdauer der Produkte zu erhöhen.
Melamin wird industriell aus Harnstoff gewonnen, das bei der Verbrennung von Erdgas entsteht. Es ist ein geschmackloses, weißes Pulver. Geschirr aus Melaminharz oder mit Melamin-Anteil kann zwar gesundheitlich bedenkliche Mengen an Formaldehyd und Melamin in Lebensmittel abgeben, allerdings nur beim dauerhaften Erhitzen des Materials über 100° C! Es wird deshalb empfohlen, Geschirr mit Melamin-Anteil nicht zum Erhitzen in der Mikrowelle zu verwenden, denn Melaminharze können bei Temperaturen über 100° C zersetzt werden. Zur Sicherheit sollte man deshalb das Geschirr nicht mit kochend heißen Getränken befüllen. Außerdem wird empfohlen das Material nicht über 70 Grad zu erhitzen. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) bestehen für die Verwendung von Melaminharz-Produkten bei Temperaturen bis zu 70° C keinerlei gesundheitliche Bedenken.
Pauschal lässt sich die Frage der Unbedenklichkeit allerdings auch nicht beantworten. Es gab auch schon Negativ-Tests bei Geschirr mit Melaminanteil. Gerade bei Billigware fehlen oft sämtliche Angaben und man weiß nicht, wie ernsthaft die Produkte auf Konsumenten-Sicherheit und Schadstoffe kontrolliert werden, bevor sie auf den Markt gebracht werden.
Bild: Vorratsdosen aus Bambusfasern von BIOBU by EKOBO
Ist Bambusfaser-Geschirr kompostierbar?
Die Hauptbestandteile des Bambusgeschirrs, das wir im Lilli Green Shop verkaufen, sind biologisch abbaubar, aber nicht kompostierbar. Dieser Unterschied kann für Konsumenten natürlich etwas verwirrend sein. Biomüllabfälle müssen in der Abfallverwertung innerhalb von wenigen Wochen kompostieren, deshalb sind auch zum Beispiel Nussschalen nicht kompostierbar.
Laut Ekobo braucht das Bambus in den Produkten etwa 2-3 Jahre in der Erde, um sich aufzulösen. Der Melaminharz braucht etwas länger, aber wesentlich kürzer als 100% erdölbasierte Kunststoffe. Trotzdem bleibt die Frage, ob und wie die Produkte recycelt werden können, noch nicht endgültig geklärt. In die Biotonne sollen die Produkte auf jeden Fall nicht – bei vielen neueren Materialien ist die Frage der Mülltrennung noch nicht geklärt und es wird leider im Zweifelfall oft dazu geraten, solche Produkten im Restmüll zu entsorgen. Dies ist aber vor allem auch ein Problem des jetzigen Mülltrennungs-Systems und soll sicher kein Argument sein, nur noch Plastik zu konsumieren!
Bambus ist nicht gleich Bambus – Auf den Hersteller kommt es an
In den letzten Jahren sind viele neue Anbieter von Bambusgeschirr auf den Markt gekommen, oft handelt es sich um Produkte ohne Markennamen, die über größere Handelsgeschäfte verkauft werden. Hier ist oft nicht nachvollziehbar, wie die Produkte hergestellt werden, wo sie herkommen, und was genau enthalten ist. Gerade solche Produkte geraten öfter in die Kritik. Sie enthalten Schadstoffe oder andere beigemischte Materialien – die „günstigere“ Massenware hat eben doch ihren Preis. Achten Sie deshalb immer genau auf die Herstellerangaben. Übrigens geht es hier nicht nur um das Thema Schadstoffe; auch ökologische Nachhaltigkeit sowie eine faire Produktion sollten berücksichtigt werden. Gibt es dazu keinerlei Angaben, verzichten Sie auch hier lieber auf einen Kauf!
Ekobo – Strenge Tests und Zertifizierungen
Bei Lilli Green arbeiten wir nur mit Unternehmen zusammen, die schon viel Erfahrung mit dem Bambusfaser-Material haben und ihre Produkte strengen Tests unterziehen. Das Unternehmen EKOBO ist seit 2003 ein Pionier auf dem Gebiet von Bambusgeschirr und Bambusprodukten, die unter kontrolliert fairen Bedingungen gefertigt werden. Der Bambus-Rohstoff ist FSC-zertifiziert, und auch bei anderen Produktmaterialien wird auf eine ökologische und soziale Herstellung geachtet. Es gibt keine unnötige Beschichtung und keine Lackierung auf diesen Produkten, wodurch sich auch nichts ablöst, und keine Schadstoffe oder Mikropartikel in oder auf Lebensmittel übergehen können laut Hersteller.
Das Material des Ekobo-Bambusgeschirrs „BIOBU ECO-Composite“ wird regelmäßig von unabhängigen Institutionen wie dem TÜVund SGS auf Schadstofffreiheit getestet. Dabei lagen die Werte immer weit unterhalb der erlaubten EU-Grenzwerte. Im jüngsten Test vom Januar 2019 bei <0,2 mg/kg Melamin-Migration bei einem EU-Grenzwert von 2,5 mg/kg, was dem bestmöglichen Laborergebnis entspricht. BIOBU erfüllt sämtliche Lebensmittel-Sicherheitsstandards der FDA und des LFGB und ist frei von BPA, PVC, Phthalaten (Weichmachern), Blei, Cadmium und Quecksilber.
Zuperzozial – Material mit sehr hohem pflanzlichen Anteil
Seit letztem Jahr verkaufen wir auch einige Bambus-Produkte von Zuperzozial. Auch bei Zuperzozial ist der Anteil an pflanzlichen Rohstoffen sehr hoch. Hier wird zur Bambusfaser auch Maismehl beigemischt, wodurch das Material eine etwas andere Haptik als die BIOBU Produkte von Ekobo hat. Auch Zuperzozial lässt die Bambusfaser-Produkte nach höchsten Sicherheitsstandards überprüfen: sie werden von der renommierten Schweizer Prüfungsinstanz SGS kontrolliert. Außerdem haben sie das EU Food Safe Certificate und den REACH Report.
Ist Bambus ein nachhaltiger Rohstoff?
Bambus ist einer der erneuerbarsten Rohstoffe auf unserem Planeten. Bambus ist eine schnell wachsende und sich auf natürliche Weise regenerierende hölzerne Grasart, welche bei unseren Herstellern ohne den Einsatz von Pestiziden, Düngemittel oder Herbiziden gedeiht. Es kann kontinuierlich alle drei Jahre geerntet werden, ohne dabei die Pflanzen oder die umliegende Umwelt zu beschädigen. Der in den BIOBU Produkten verwendete Bambus stammt aus Bambusspänen, die in der Essstäbchen-Industrie oder der Parkettherstellung beim Zuschneiden oder Schleifen anfallen und meistens als Abfallprodukt entsorgt werden.
Fazit – Ja zu Bambus, aber Augen auf beim Einkauf!
Es gibt auch Geschirr, das wirklich nur aus natürlichen Materialien hergestellt ist, wie z. B. Holzgeschirr. Wenn wirklich korrekt produziert wird, ist die Herstellung davon eventuell noch nachhaltiger als Geschirr aus Bambusfasern. Aber als praktische Alternative zu Plastik- sowie Keramikgeschirr ist Bambusgeschirr immer noch überzeugend, wenn es richtig hergestellt wird. Verzichten Sie auf jeden Fall auf Billigware aus Bambusfasern – es kann sein, dass hier tatsächlich nur ein kleiner Bambusanteil enthalten ist und der Rest der Inhaltstoffe unklar und eventuell auch bedenklich ist. Unser Credo: Ja zu Bambus, aber Augen auf beim Einkauf!