Jetzt wird die NPD fokussiert. Und flugs ist die Problematik, wie rechte Gewaltbereitschaft entsteht, wer sie herbeizündelte, schon wieder vom Tisch. Sie wird in die Nische des Extremismus gebannt. Soll die NPD doch die Alleinschuld tragen - und dann schnelles Parteiverbot und alles wird gut. Einfache Mechanismen, die den Diskurs nicht fruchtbar gestalten, ihn dafür allerdings abwürgen.
Mitgefühl braucht die NPD nicht. Ein Parteiverbot scheint vernünftig - man verdrängt damit aber die Denkmuster jener Gesellen nicht. Das ist aber durchaus unerheblich, denn Brandstifter war und ist nicht nur jene Partei. Das ist nur die derzeit offizielle Wahrheit, die von der Berichterstattung abgesegnet und damit auch erst wirklich zur wirklich wahren Wahrheit gemacht wird. Entrückt ins Extremistische, aus Sicht der bürgerlichen Mitte: entrückt irgendwo ins geifernde und eiferische Transzendente, wird die geistige Vorarbeit der NPD alleine in die Schuhe geschoben.
Vergessen, dass es eben nicht ausschließlich die NPD oder andere Duodez-Nationalparteien waren, die Anfang der Neunzigerjahre, im megalomanischen Taumel der vereinten Deutschländer, auf Ausländerjagd und Asylantenfang gingen. Das waren Affekte aus der bürgerlichen Mitte heraus. Applaus von Zuschauern ohne Springerstiefel, Ausländer raus!-Rufe von stinknormalen Bürgern.
Vergessen, dass es eben nicht die Initiative der NPD war, das Asylrecht zu überarbeiten. Das taten die Christdemokraten mit Anhang, später übernahmen es die Sozialdemokraten mit ihrem Anhang anstandslos. Das deutsche Asylrecht, diese durch Grundgesetz verordnete Farce um Drittländer und Abschiebungserleichterungen, es wurde zum Modell für die europäische Asylpolitik. So galt Libyen als Drittstaat, gleichwohl dort Flüchtlinge inhaftiert, gefoltert oder in der Wüste ausgesetzt wurden. Später sprachen bekannte Sozialdemokraten von Auffanglagern in Nordafrika.
Vergessen, dass seit geraumer Zeit Stimmen den öffentlichen Diskurs diktieren, die von rassischen Merkmalen sprechen, als seien sie der Wissenschaft letzter Clou. In Gefechtsstellung: bestimmte Sozialdemokraten! Sie vergifteten das Klima, sie schürten Verächtlichkeit gegen Ausländer und spalteten die Gesellschaft. Gut, die NPD applaudierte dabei. Aber das tat der Blätterwald auch. Verbieten wir den auch gleich?
Stichproben nur. Aber sie untermauern, dass das gesellschaftliche Klima auch ohne NPD auf Xenophobie und Chauvinismus getrimmt wurde. Sie hat Beifall gespendet, sie hat gefordert - aber die Ereignisse und Debatten bestimmt hat sie nicht. Man hat die NPD überhaupt nicht gebraucht. Entschuldigung, das war vorschnell. Natürlich braucht man die NPD - vielleicht auch ein Grund, warum man sie V-Männer-gestützt am Leben hält und sie nicht endlich einschläfert. Wer, wenn nicht diese Partei, soll denn dann als das deutsche Gesicht der Ausländerfeindlichkeit herhalten? Als die gestrige Fratze, die das heutige Deutschland eifrig bekämpft? Um selbst nicht zu hässlich zu sein, braucht es noch hässlichere Gesichter: das ist die Aufgabe der NPD. Oder soll etwa diese Rolle die SPD übernehmen, am Steuer der springergesellige Messias? Oder bekennt die Union, dass auch sie geistige Brandstiftung leistete? Oder etwas Leichenschändung? Schiebt man den Freien Liberalen die Verantwortung für das vergiftete Klima zu?
Das alles ist kein Plädoyer auf die NPD. Aber so einfach, ihr nun eilends die geistige Verantwortung hinzuschieben, kann man es sich nicht machen. Dass man von Ausländern und dabei von einer ganz bestimmten Sorte von Ausländern, von Muslimen nämlich, spricht wie von Ballast: das ist doch nicht auf dem Mist der NPD gewachsen. Die finden das natürlich gut. Aber die Affekte gegen Fremde, die stammen direkt aus der bürgerlichen Mitte. Taten sie damals - tun sie heute...