Alle Ungarn werden Brüder

Alle Ungarn werden BrüderSeit 1. Januar können ethnische Ungarn, vor allem in osteuropäischen Ländern, die ungarische Staatsangehörigkeit beantragen. Die grosse Minderheit der Ungarn in Rumänien hat damit die Möglichkeit von einer doppelten Staatsangehörigkeit zu profitieren, denn ihre rumänische Staatsangehörigkeit können sie dabei behalten. Die Rumänen müssen gute Miene zum bösen Spiel machen, denn ähnlich verfahren sie bei der Einbürgerung der Brüder und Schwestern aus der Republik Moldau.
Das ungarische Parlament hat diese Einbürgerungen mit einem Gesetz möglich gemacht, das die konservative Regierung unter Premierminister Viktor Orbán am 26. Mai unter Zustimmung der rechtsextremen Jobbik-Partei verabschiedete.  Das Königreich Ungarn hatte nach dem Zerfall der Donaumonarchie im Ersten Weltkrieg durch den Vertrag von Trianon im Jahr 1920 zwei Drittel seines Territoriums und die Hälfte seiner Bevölkerung eingebüßt. In Rumänien leben heute rund 1,5 Millionen historische Ungarn, die sogenannten Szekler.
Gestern war nun der erste Tag, an dem die rumänischen Ungarn bei den ungarischen Konsulaten ihren Antrag auf die Staatsangehörigkeit abgeben konnten. Einige Dutzend rumänische Ungarn nutzten gestern die Möglichkeit, ihren Antrag beim ungarischen Generalkonsulat in Cluj / Klausenburg (ungarisch: Kolozsvár) zu stellen. Unter ihnen befanden sich einige Lokalpolitiker aus den Szeklergebieten. Ähnlich sah der Andrag beim ungarischen Konsulat in Miercurea Ciuc / Csíkszereda, der heimlichen Hauptstadt der Szekler, aus. Die Gründe, sich um die ungarische Staatsangehörigkeit zu bemühen, sind aber vermutlich banaler als sich die Hundertprozentigen aus Budapest das wünschen.
Einige Antragsteller erklärten auf Fragen der rumänischen Presse, dass sie sich einige praktische Vorteile von der doppelten Staatsangehörigkeit erwarteten. Zum Beispiel, wenn sie gerne in die USA reisen möchten, dann sei die Visaprozedur für ungarische Staatsangehörige einfacher. Zudem bräuchten ungarische Staatsangehörige keine Arbeitserlaubnis für die Staaten der Europäischen Union, während rumänische Staatsangehörige diesbezüglich noch Restriktionen hätten. Ein Antragsteller erklärt: "Ich studiere in Holland und bald werde ich für einige Zeit in Südafrika arbeiten. Ein Visum für Südafrika ist für einen ungarischen Staatsangehörigen viel einfacher zu erreichen." Manche Antragsteller geben aber auch an, dass sie die ungarische Staatsangehörigkeit deswegen haben möchten, weil sie sich als Ungarn fühlen. Die ungarisch-rumänische Lokalpolitikerin Edit Lokodi hat auch einen Antrag gestellt und erklärt ihre Gemütslage folgendermassen: "Es ist eine rein sentimentale Entscheidung. Ich erwarte keine besondere Veränderung in einem geeinten Europa. Ich werde auch weiterhin rumänische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Rumänien bleiben".
Die Worte von Edit Lokodi geben Hoffnung. Die Entscheidung einer reaktionären Regierung, die gerne das Feuerchen zwischen den Nationaltäten schüren möchte, verblasst vor dem Bild eines Europas, das auch Minderheiten Entwicklungsmöglichkeiten verschafft und damit den Konflikten die Spitze nimmt.
Siehe auch Blogbeitrag:
Wenn aus Miercurea Ciuc Csikszereda wird
Informationsquelle:
Cetăţenii maghiare la Ghişeul Orban | Romania Libera


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