Alle reden über Trauer / Trauer & Verlust in der Literatur

Von Paperdreams @xGoldmarie

Über den Tod und die damit verknüpfte Trauer sprechen viele nur ungern, der Umgang mit diesen durchaus schwierigen Themen ist noch immer mit viel Unsicherheit verknüpft und verleitet dazu, diese Dinge in sich hinein zu fressen, um bloß nichts davon nach Außen zu tragen. Im Rahmen der Aktion "Alle reden über Trauer" der lieben Silke, die auf ihrem Blog " In lauter Trauer" über den Verlust ihres Partners und die Trauer schreibt, soll das geändert werden und einen ganzen Tag offen und vielfältig über Trauer geschrieben, gesprochen und erzählt werden. Auch ich möchte ein Teil dieser Aktion sein und euch ein paar (Jugend)Bücher vorstellen, in denen Trauer, der Umgang und das Leben mit dieser eine zentrale Rolle spielen...

Themen wie Trauer und Verlust werden in überraschend vielen Kinder- und Jugendbüchern behandelt, dabei geht es nicht nur um den Verlust eines lieben Menschen, sondern oft auch mit dem Umgang einer tödlichen Krankheit, psychische Krankheiten und die Trennung der Eltern - alles Themen, in die die Trauer natürlich hineinspielt. In einigen Büchern wird die Trauer zusätzlich zu der Hauptgeschichte eingeflochten und im Laufe des Buches immer mehr zu einem Thema - beispielsweise geht es prinzipiell um die Selbstfindung eines jungen Menschen, der im selben Atemzug einen Trauerfall bewältigen muss und dieser dann zwangsläufig auch zum Selbstfindungsprozess dazugehört. Es gibt viele unterschiedliche Arten wie Romane mit Trauer umgehen, was mir aber aufgefallen ist, ist das einige davon den Tod bunt und - widersprüchlicherweise - lebendig darstellen, versuchen ihm die böse und düstere Maske zu entreißen und stattdessen auf eine spezielle Weise mit dem Thema umgehen, ohne dabei plakativ oder lasch damit umzugehen.

Meiner Ansicht nach sind es genau solche Bücher, die es mit einer provokativ-schönen Art schaffen, dem Tod und der Trauer ein Alltagsgesicht zu verpassen und die den Umgang mit diesen schwierigen Themen eindeutig erleichtern. Wenn man auch einmal lachen darf und wenn die Dinge nicht nur schwarz und weiß sind. Das heißt aber nicht, dass man während des Lesens nicht weinen muss oder dass der Tod und die Trauer nicht ernsthaft behandelt werden - ganz im Gegenteil, jedes der Bücher, die ich euch vorstellen möchte, hat sehr, sehr viel in mir ausgelöst und mich auf spezielle Art und Weisen mit dem Tod und der Trauer konfrontiert.

Ich habe die Bücher in zwei verschiedene Kategorien aufgeteilt, einmal in Bücher in denen es speziell darum geht, einen Trauerfall zu bewältigen, oder in denen der Verlust eines geliebten Menschen im Mittelpunkt steht und einmal Bücher, in denen das Thema eine sehr zentrale Rolle spielen, die aber noch andere Themen zum Schwerpunkt haben.

Caitlins beste Freundin hat sich umgebracht - und Caitlins Welt zerspringt in tausend Scherben, zumal sie nicht weiß, warum und sich fragt, ob sie den Tod hätte verhindern können. Trauer, keinen Boden mehr unter den Füßen zu spüren und Schuldgefühle spielen hier eine große Rolle. Caitlin versucht die Beweggründe ihrer besten Freundin herauszufinden und durchlebt dabei verschiedene Trauerstadien. Definitiv ein bewegendes, und nicht ganz einfaches Buch, das jedoch sensibel und feinfühlig erzählt ist.

Ein Buch, das wohl mit dem mir bekanntesten provokativsten Satz beginnt und knallhart ehrlich ist - dabei aber trotzdem feinfühlig bleibt. Es geht um Rhina, die ihren Vater verloren hat, und dessen Asche an einem Ort verstreuchen möchte, der ihm etwas bedeutet hat - Namibia in diesem Fall. Das Buch ist eine kleine Abenteuerreise, das nicht nur sensibel und direkt zugleich mit den Themen Tod und Trauer umgeht, sondern noch dazu Werte wie Freundschaft, Liebe und Familie vermittelt. Dabei schafft Anke Weber es, den Tod in viele Farben zu hüllen. Der Buchtitel ist hier eindeutig Programm - und das in vielerlei Hinsicht.

Auch Anke Webers zweites Werk "Das verdammte Chaos im Mikrokosmos" beschäftigt sich auf eine bunte und faszinierende Art und Weise mit dem Tod - die sechzehnjährige Milla, die bei ihrem Opa lebt, verheimlicht den Tod desselben und vergräbt ihn im Garten. Ziemlich skurril, oder? Im weiteren Verlauf des Buches geht es viel um den Umgang mit dem Tod, auch in anderen Kulturen. Anke Weber schafft es hier auf eine ganz besondere Art, den Tod bunt anzumalen und erzählt eindringlich, feinfühlig, aber auch sehr schrullig-skurril von Tod, Trauer und Verlust. Dabei hat sie keine Berührungsängste und versteht es, dem Leser die Angst vor diesen düsteren Themen zu nehmen.

Allein die Existenz dieses Buches hat schon eine besondere Vorgeschichte: Patrick Ness hat die Geschichte nach dem Tod von Siobhan Dowd, die an Krebs gestorben ist, zu Ende geschrieben und veröffentlicht und somit das Thema und die Botschaft des Buches noch einmal unterstrichen: das man seine Lieben manchmal gehen lassen muss und dass sie im Herzen bei einem bleiben. Das klingt nun erstmal sehr klischeehaft, doch das Buch hat einen besonderen Plot: es geht um den dreizehnjährigen Conor, dessen Mutter unheilbar an Krebs erkrankt ist. Jede Nacht plagen ihn Albträume, bis eines Nachts ein uraltes, weises Monster ans Fenster klopft - und alles verändert. Man kann die Tiefgründigkeit und Schönheit dieses Buches in keinem so kurzen Text zusammenfassen, aber nur so viel: die Geschichte um Conor geht tief unter die Haut und beschäftigt sich mit Trauerbewältigung und Verlust und der Angst davor, verloren zu sein. Definitiv nicht nur ein Kinderbuch. Übrigens: die Geschichte wird verfilmt und kommt im Mai ins Kino...


Ein Sommerroman, der viel ernster und tiefgehender ist, als es der Name vermuten lässt. Das Thema trauer wird hier bereits vor dem Verlust des geliebten Menschen thematisiert, denn Taylors Vater leidet an Krebs, unheilbar. Ein letztes Mal will die Familie den Sommerurlaub gemeinsam in ihrem geliebten Sommerhaus verbringen. Für Taylor wartet dort nicht nur die letzte Zeit mit ihrem Vater, sondern auch die Vergangenheit. "Vergiss den Sommer nicht" beschäftigt sich zwar zu großen Teilen mit Trauer und der Verarbeitung eines Verlusts, bevor er überhaupt geschieht, doch es geht auch viel um Freundschaft, Streit und Familie - und natürlich um einen sehr ereignisreichen Sommer, der viel verändert. Die Geschichte hat mich bewegen können und ist mir unter die Haut gegangen - schließlich verbringt die Familie wissentlich ihre letzten Momente, was einerseits sehr schön ist, da man nah zusammenrückt, andererseits aber auch sehr, sehr traurig. Die Konfrontation der Trauer mit dem Menschen, der sterben wird, ist hochsensibel und sehr eindringlich erzählt.

Auch "Ich gebe dir die Sonne" ist ein Buch, das sich zwar sehr viel mit den Themen Tod, Trauer und vor allen Dingen Schuld und Trauerbewältigung beschäftigt, jedoch auch viele andere Dinge wie Homosexualität, Kunst, Freundschaft, Liebe und Familie, bearbeitet. Es geht um das Zwillingspaar Jude und Noah, und wie dieses durch einen schweren Schicksalsschlag auseinandergetrieben werden. Jeder trägt sein Päckchen mit sich herum und versucht auf seine Weise mit der Trauer umzugehen. Dabei müssen sie lernen, dass man gemeinsam stärker ist und dass man manche Geheimnisse teilen muss, um Trauer bewältigen zu können. Die Geschichte ist sehr poetisch erzählt und beleuchtet beispielsweise Kunst als Ventil für Trauer. Die zwischenmenschlichen Beziehungen werden sehr lebensecht beschrieben, sodass man mit jeder Zeile mitfühlt und die Figuren am Ende nur sehr ungern gehen lässt. Die Autorin Jandy Nelson ist mir bereits von ihrem Debüt "Und über mir der Himmel" nachhaltig im Kopf geblieben, welches sich ebenfalls mit dem Verlust eines Menschen beschäftigt.

Natürlich ist dies nur eine sehr, sehr kleine Auswahl an Romanen über Trauer und Verlust und es gibt noch einige, die mich ebenfalls begeistern konnten und hier erwähnenswert wären. Und sicherlich werde ich noch einige Bücher lesen, die in diese Richtung gehen und das Thema Trauer in den Fokus rücken und zeigen, dass der Tod zum Leben gehört, dass es zwei untrennbare Dinge sind. Meiner Meinung nach findet man diese bunte Mischung, die einen offenen Umgang mit Trauer, Verlust und Tod suggeriert und vorlebt, vor allen Dingen im Jugendbuchbereich, was ich besonders schön finde. Die Bücher haben allesamt wichtige Botschaften und zeigen, dass man nicht alleine ist, dass alle Gefühle, die man beim Verlust eines geliebten Menschen hat, vollkommen okay, notwendig und wichtig sind.

Weitere Posts zur Aktion findet ihr hier.