Alle doof, auch Mutti: Mein Baby im Gefühlschaos

Von Bellaberlin

Mein Baby hat gestern erstmals etwas getan, was mich überraschte: sie hat mich weggeschubst. Und das, obwohl sie mich eigentlich bei sich haben wollte. Offensichtlich, denn der Grund für ihre Tränen war, dass ich mich einen Meter von ihr entfernte. Das ist aktuell ein ganz heikles Thema bei familieberlin, wenn Mama sich zu weit entfernt oder gar den Raum verlässt. Dann gibt es Tränen und das nicht zu knapp. Grundsätzlich bin ich, nach wie vor, kein Freund davon, mein Baby schreien zu lassen und sie und ihre Gefühle zu ignorieren. Aber ich möchte sie auch nicht verwöhnen und ihr zeigen, dass sie mit ihren Tränen und ihrem Wutausbruch bekommt, was sie will. Ich nehme sie nicht hoch, ich setzte mich dann zu ihr auf den Boden und rede mit ihr. Mit ruhiger normaler Stimme erzähle ich ihr, dass ich jetzt z.B. die Wäsche aufhängen muss und dafür den Raum verlasse. Ich erkläre ihr, was auf sie zukommt. Das habe ich auch schon vor dem Trotzanfall getan, aber offensichtlich hat es ihr nicht gereicht. Wie auch? Mit einem Jahr erwarte ich nicht, dass sie die Worte Waschmaschine u.ä. versteht. Für miniberlin war nur offensichtlich: Mama geht und ich will das nicht. Schließlich war sie schon den ganzen Tag ohne mich.

Doch wie komme ich aus dem Dilemma wieder raus? Wie gesagt, ich habe mir angewöhnt, ruhig mit meinem Kind zu reden. Ich verstelle meine Stimme nicht zu einem kitschigen “Ach mein Schnuckel, was ist denn?” noch rede ich ernst mit ihr und sage, dass sie sich nicht so haben soll oder es  doch nicht so schlimm sei. Anscheinend war es schlimm für sie. Ich bin ein Mensch, der oft erst von sich ausgeht. Wenn ich traurig bin, würde ich nicht wollen, dass jemand so mit mir spricht und meine Gefühle ignoriert. Somit rede ich mit meinem Kind auf Augenhöhe. Das bedeutet auch, dass ich aktuell viel Zeit auf dem Boden verbringe…Augenhöhe eben. Aber dann ist das so. Ich versuche, mit meinem Kind “zu erörtern”, wo das Problem liegt und was wir tun können, dass es ihr und mir besser geht. Der Grund für miniberlins Gefühlsausbrüche ist klar: sie will bei mir sein. Warum sie mir dann nicht einfach ohne Geschrei hinterher kommt? Ja, das frage ich mich auch. Da sie es aber nunmal nicht tut, muss ich ihr zeigen, dass sie es aber kann. Und so nehme ich sie meist an die Hand. Ich zeige ihr, dass ich nicht aus der Welt bzw. der Wohnung gehe, was ich mache und wie sie mir helfen kann. Ok, ihre Hilfe ist nicht wirklich hilfreich. Trotzdem kann ich sie in meine Tätigkeiten mit einbeziehen. So lasse ich beim Ausräumen der Spülmaschine immer alle Schubfächer und Schränke auf. miniberlin krabbelt fröhlich durch die Küche und schließt alle. Wenn ich die Wäsche aufhänge, dann hänge ich auf die unterste Ebene immer nur leichte Sachen, Dinge, die sie sich angeln und durch die Gegend werfen kann, wie z.B. Socken. Mal ehrlich, die werden nicht wieder dreckig, nur weil meine Einjährige sie auf den Fliesen stapelt. Wie oft musste ich schon die untersten Schubfächer der Kommoden wieder einräumen, weil mein fleißiges Bienchen sie neu geordnet hat. Egal. So beziehe ich sie mit ein. Mal gut, mal… naja, schlecht. Denn wenn ich am Rechner sitze und miniberlin mittippen möchte, dann gibt es einfach keine Alternative. Dann wird der Rechner eben zugemacht. Ob ich dann nicht nachgebe und dem Kind seinen Willen gebe? Vielleicht, aber ich entscheide auch zugunsten des Rechners. Wenn ein Laptop auf dem Boden landet, ist er in der Regel nunmal kaputt. Das muss auch nicht sein.

Manchmal möchte miniberlin mir einfach die Tür vor der Nase zuknallen.

So sehr ich nun meine Wege suche, mit den Wutausbrüchen meiner Tochter klar zukommen, so sehr frage ich mich auch, woher es kommt. Vor einiger Zeit war sie noch nicht “zickig”, “bockig” oder “eine Diva”. Was ist auf einmal los? Ich bin keine Pädagogin oder Erziehungswissenschaftlerin. Aber ich kenne mein Kind so gut, um zu wissen, dass sie gerad extrem unter Mama-Entzug leidet. Nicht nur, dass sie nun den ganzen Tag in der KiTa ist, ich bin auch wieder arbeiten. Das bedeutet mitunter auch, dass nicht ich sondern papaberlin sie aus dem Kindergarten holt. Es gibt auch Abende, an denen muss ich arbeiten oder ich bin auch einfach mal mit einer Freundin was trinken. Mein Baby merkt langsam, dass Mama nicht mehr immer da ist, obwohl sie es gern möchte. Hinzu kommt, dass sie nun mal auch, wie jedes Kind in dem Alter, testen möchte, was sie kann und was nicht. Damit sind nicht nur kleine Stunts auf dem Bobbycar gemeint, sondern auch: Bekomme ich, was ich möchte, wenn ich nur lang genug schreie? Nein, sie bekommt nicht alles, was sie will! So dauert das gemeinsame Abendessen durchaus auch mal länger, wenn miniberlin etwas anderes möchte, als im Hause ist.

Wutausbrüche, Mama-Entzug und eine ganz neue Welt aus Laufen können, KiTa-Alltag und so vielen neuen Eindrücken schaffen dieses Gefühlschaos in miniberlin. Ich merke ihr nachmittags richtig an, dass sie nicht weiß, was sie will und wie sie sich ausdrücken soll. Denn das kommt auch noch hinzu: sie kann nicht für alle verständlich ausdrücken, was sie möchte. Und so sitzt sie nun manchmal da, schreit, schubst mich von sich und möchte gleichzeitig Nähe. Mir bleibt dann nichts weiter übrig, als mich kurz zu ihr zu setzen, sie nicht zu bedrängen, aber da zu sein. Dann geht es auch ganz fix (für die ungeduldigen Eltern unter euch, die jetzt sicher sagen, sie haben für so einen Quatsch keine Zeit), sie kommt zu mir gekrabbelt, kuschelt sich kurz an, nimmt meine Hand und wir ziehen gemeinsam Richtung Waschmaschine. Die 5 Minuten, die das jetzt länger dauerte, geben mir trotzdem ein besseres Gefühl als meinem Kind zu zeigen, es solle sich nicht so haben.

Habt ein entspanntes Wochenende,
eure Bella


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