All along the Levada

Von Kentakel @KenTakel

awesomatik auf Madeira
Teil 2: Korbflechterei und Levadas

Madeira ist eine steile Angelegenheit. Doch wer sich die Insel wandernd erschließen möchte, braucht dennoch kaum Höhenmeter zu überwinden. Denn meist wandert man entlang der Levadas.

Levadas sind künstliche Bewässerungskanäle, die kurz nach der Besiedelung der Insel im 15 Jahrhundert von Sklaven angelegt wurden, um die reichen Wasserressourcen im Inselinneren für den Anbau von Zuckerrohr und Wein nutzbar zu machen.

Insgesamt entstand so ein Kanalsystem von über 2000 Kilometern Länge, das sich fast ohne Gefälle über die gesamte Insel erstreckt.

Gleichzeitig bilden die Levadas ein einmaliges Wegenetz für Einheimische und Wanderer.   

Unsere erste Tour verläuft entlang der Levada dos Tornos von Camacha zum Sitío das Quatro Estradas (Wanderung 15 im Rother). Doch zunächst schauen wir uns die Korbflechterei in Camacha an.  

In den feuchten Tälern wachsen die kleinen Korbweiden, aus deren Ruten die Bewohner Camachas so ziemlich alles flechten, was man sich vorstellen kann!

Und damit meine ich alles!Meinen Geschmack trifft es nicht aber die Fähigkeiten der Flechter sind wirklich unglaublich. 

Für die Levada-Wanderung werden Stirn- oder Taschenlampen empfohlen, da es häufig Tunnel zu durchqueren gilt. Nicht selten in gebückter Haltung. 

Das Wetter auf Madeira ist ganzjährig hervorragend. Vor allem zum Wandern. Während es am Meer häufig schön warm ist, kann es in den Bergen schon mal frischer sein. Zudem ist der Westen der Insel wärmer als der Osten.

Im Grunde trifft auch hier das schottische Sprichwort zu: If you don’t like the weather, wait five minutes. Schnell sind Wolken auf- oder abgezogen. 

Wer Blumen mag, ist hier im Paradies. Von Afrikanischen Liebesblumen über Hortensien bis zu Madeiras Nationalgewächs, der Paradiesvogelblume Strelizie wächst hier einfach alles. Aber auch sonst gibt es einiges an Flora zu bestaunen. Bananenmaracujas, Brotpalmfarne, Mangos, Avocados, you name it!
Botanik-Fans kommen voll auf ihre Kosten aber auch Banausen (wie ich) können sich daran erfreuen.  

Der Bau der Levadas forderte so manches Menschenleben. An Weidenkörben (da haben wir sie wieder) wurden die Arbeiter an Steilwänden hinunter gelassen und schlugen dann die Kanäle aus dem Fels. 
So kommt es, dass für einige wenige ungesicherte  Passagen auch mal Schwindelfreiheit gefragt ist. Aber alles halb so wild.

Der erste Teil der Levada führt von Camacha aus durch ärmlichere Wohngebiete. Während das Wasser in anderen Regionen so klar ist, dass sogar Fische darin schwimmen, war die Levada hier ziemlich verdreckt. Auch ein paar tote Ratten haben wir im Wasser entdeckt. 

Bis auf zwei Einheimischen sind wir in mehreren Stunden niemandem begegnet. Die Insulaner sind insgesamt sehr zurückhaltend, um nicht zu sagen scheu. Vielleicht grüßt mal einer leise, wenn man es vormacht aber sonst geben sie sich eher wortkarg.

Anfangs hatte man schon mal ein mulmiges Gefühl, wenn einem ein finster dreinblickender Local mit einer großen Sichel in der Hand mitten im Nirgendwo über den schmalen Weg lief.
Wir hatten vorher einiges über Überfälle gelesen (für die sich so eine Levada hervorragend eignen würde) aber eigentlich haben wir uns immer sehr sicher gefühlt. 

Tourismus ist in vielen Regionen noch kein großes Thema. Die Stimmung ist angenehm unaufgeregt. 

Am nächsten Tag starten wir eine weitere Tour entlang der Levada da Serra do Faial von Santo da Serra bis nach Ribero Frio

Perfektes Wanderwetter ist leider nicht immer perfektes Fotowetter. Wie so oft ist es in den Bergen etwas neblig. 
Die Levada ist dafür sensationell. Sehr steil am Hang angelegt aber immer abgesichert.

Häufig riecht es auf dem Weg wie im Tropenhaus des Botanischen Gartens. Auf Madeira läuft man durch Regenwald light.
Light, weil es keine gefährlichen Tiere auf die Insel geschafft haben.
Hier gibt es nur Eidechsen und Vögel. Keine giftigen Spinnen, Schlangen oder Skorpione und angenehm wenig Mücken. Perfekt also auch für die zärteren Gemüter. 

Immer wieder schlängelt sich der Kanal durch kurze Tunnel. 

Die ganz harten Sportler können übrigens am Madeira Ultramarathon teilnehmen. Auf Läufen zwischen 20 und 115 Km kann die Insel auf schweißtreibende Art erkundet werden. 

Nach vier Stunden erreichen wir Ribero Frio. Der Ort besteht eigentlich nur aus einem Restaurant, einem Souvenirshop und einer Forellenzucht. Das Sightseeing ist schnell gemacht. 

Die nächsten Touren sind dann wieder sonnig, versprochen!

Hier geht es zu Teil 1

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