ALL ABOUT EVE [1950]

Von Proletkult

Oh das ist ja eine Premiere auf Proletkult, denn obwohl sie meine Lieblingskostümbildnerin ist, habe ich bisher kein einziges Mal was über die Arbeit von Edith Head geschrieben. SUNSET BOULEVARD, ROMAN HOLIDAY, REAR WINDOW, TO CATCH A THIEF, FUNNY FACE, VERTIGO, BREAKFAST AT TIFFANYS… die Liste geht endlos weiter und wie Ihr unschwer erkennen könnt haben ihre Kreationen die modisch einflussreichsten Filme zwischen den 40ern und 60ern geschaffen. Alfred Hitchcock vetraute ihr seine kühlen Blondinen an und Audrey Hepburn wurde in ihrem kleinen Schwarzen zur ewigen Modeikone.

In ALL ABOUT EVE kleidete sie Hauptdarstellerin Bette Davis ein, die die legendäre Bühnendarstellerin Margot Channing spielt. Auch wenn ihre zwei Mitspielerinnen Anne Baxter (Eve) und Celeste Holm (Karen) ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, galt Zeit und Aufmerksamkeit der größten Kostümbildnerin ihrer Zeit ausschließlich der größten Schauspielerin ihrer Zeit. In WHAT EVER HAPPENED TO BABY JANE? musste ich mich schon über meine Liebe zu Bette Davis auslassen. Das betraf ihr schauspielerisches Talent und ihren wahrhaften Mut zur Hässlichkeit. Hier in ALL ABOUT EVE fasziniert sie jedoch auf eine viel subtilere Art. Ich habe den Film geguckt, da war ich so ungefähr zehn oder elf und hatte noch so ein richtes Hollywood-Bild in meinem Kopf und die Vorstellung von einer Idylle, wie sie die Werbung damals predigte. Dann seh ich den Film und mir wird als Kind zum ersten Mal bewusst, dass das da genau die selben Menschen sind wie heute, nur in Grautönen, mit eleganteren Kostümen. Der verarbeitet Themen, die ferner von einer heilen Welt nicht sein könnten. Und Bette Davis als Margot stellt Emotionen dar, die so mitreißend und doch zurückhaltend sind, als hätte ich das Tagebuch einer alternden Frau gelesen. Da kommen Themen auf wie das Showbiz, der Rivalität zwischen Hollywood und dem Broadway, dem Kino und dem Theater, Regisseuren und Dramatikern, zwischen Männer und Frauen und jung und alt.

Margo steht vor ihrem vierzigsten Geburtstag, ist aber noch genau so erfolgreich wie zehn Jahre zuvor. Sie spielt im Theater 20-jährige Frauenfiguren, hat einen Mann der zehn Jahre jünger ist als sie und säuft, als wäre ihre Leber unzerstörbar. Die Coolness und Anmut, die Bette Davis ihrer Figur verleiht ist einfach umwerfend. Noch umwerfender wird es aber, wenn die zerbrechlichen Momente aufkommen, wenn Margo ängstlich wird, sich einsam fühlt, besorgt ist und sogar eifersüchtig. Sie wechselt zwischen aufbrausender Diva und verängstigtem Kind und steckt mit ihren Emotionen direkt an.

Da tritt der wohl erste Stalker der Filmgeschichte auf, Eve Harrington, die Margo vergöttert und an sechs Abenden die Woche ihre Theatervorstellungen besucht. Margots beste Freundin Karen lädt sie ein, Margo kennenzulernen und weil die kleine Eve so unschuldig romantisch wirkt, stellt diese sie als Assistentin ein. Nur Margots Haushälterin Birdie sieht den Teufel in der Kleinen, doch das wird den anderen erst mit der Zeit bewusst. Margot bemerkt, dass Eve hinter ihrem Rücken Kontakt zu ihrem Freund hat, dass sie ihr Leben nicht nur helfend beeinflusst, sondern intrigant manipuliert. Weil keine außer Margot sehen will, was Eve offenbar vorhat, nämlich den Platz von Margot einzunehmen, sowohl beruflich als auch privat, wird sie wütend und misstrauisch gegenüber ihren Nächsten. In ihrer Eifersucht verliert sie ihren Partner, ihre beste Freunde und verpasst sogar ihre Theatervorstellungen und -proben. Zufällig erkennen auch die anderen langsam die Wahrheit über Eve, mit Hilfe des egoistischen Theaterkritikers Addison DeWitt. Die Intrigen verspinnen sich und am Ende halten Margots Freunde nicht nur loyal zu ihr, sondern Margot selbst erfährt eine tüchtige Lektion über sich selbst. Nach dem Sturm kehrt Ruhe ein und Margot erkennt an, dass sie ihre Leben ändern muss und nicht mehr so tun kann, als sie sie Anfang 20. Ein bisschen kitschig wird es, wenn sie sagt, dass sie ihre Bestimmung darin sieht, “die Frau von” zu sein, dabei schien der Film zuvor noch so feministisch. Aber die Tatsache, dass hier die Frauen die Hauptrollen spielen und die Frauen über die Macht in sämtlichen Situationen verfügen zeigt genügend Mankiewiczs Haltung über Frauen.

Der Film ist ganz klassisch aufgebaut, mit Rahmenhabndlung, Anfang, Höhepunkt und Ende. Der Höhepunkt wird im Film selbst mit einem Sturm verglichen und die heftigen Wortgefechte und Emotionsausbrüche lösen in der Tat das Gefühl eines Sturms aus. Wie SUNSET BOULEVARD oder eben BABY JANE befasst sich der Film nicht nur mit einer individuellen Geschichte, sondern behandelt in seinen cleveren Dialogen und Handlungssträngen das komplette Filmbusiness. In den 40ern und 50ern muss Krieg geherrscht haben. Das Kino gewinnt zunehmend an Macht, das klassische Theater verliert seine Position, der Generationswechsel seiner Akteure sortiert die alternden Darsteller aus und holt seine neuen im immer schnelleren Tempo rein. Starlets wollen nichts sehnlicher, als berühmt werden und Filmemache nicht mehr, als das große Geld machen. Eine riesige Maschine, die sie alle zusammen zerkaut und hintereinander wieder ausspuckt. Das Starlet hier unten hat Glück gehabt. In einer kurzen Szene tritt auf Margots Geburtstagsparty Miss Casswell auf, die von Marilyn Monroe gespielt wird. Es ist Marilyns erste Rolle überhaupt und hätte auch ihre letzte sein können, wäre sie nur halb so dumm wie ihre Rolle der Miss Casswell gewesen.

Karen Richards (Celeste Holm) ist Margots bodenständige Freundin. Auch wenn ihre Kostüme laut Credits nicht von Edith Head persönlich sind, muss ich auch sie abbilden, weil Kostüme aus Filmen der 40er und 50er generell einfach der Knaller sind.

Das ist Eve, die hinterhältige Stalkerin. Ihr erster Auftritt erfolgt im Trenchcoat mit Fischerhut. Mit der Zeit blüht sie auf, vermutlich weil sie die Kohle als Margots Assistentin verdient und sich teurere Kleidung leisten kann. Aber vor allem auch, weil sich Eve einige von Margots Kostümen aneignet und sie umändert, sie “verjüngt”. Heimlich hinterm Vorhang probiert sie Margots Bühnenkostüme an und träumt von ihrer Zukunft als ihre Nachfolgerin. Und am Ende, als sie für ihre schauspielerische Leistung ausgezeichnet wird, inzwischen aber ihre engsten Freunde verloren hat, trägt sie ein hochelegantes, weißes Kleid mit Pailettenbesatz und Cape.

Und Margot. Zu Beginn sehen wir sie nach einer Aufführung, das Gesicht glänzend von Creme zum Abschminken, in einem schlichten Bademantel.

In dieser legeren Hose und dem bestickten Cardigan lehnt sich Margo genüsslich zurück, weil Eve sich fortan um ihre Angelegenheiten kümmert.

Und dann gibt es drei Auftritte von Margot im Kleid. Auf ihrer Geburtstagsparty, zum Ende hin im Restaurant mit ihren Freunden und in der Anfangs-/Schlussszene bei den Theaterauszeichnungen. Alle drei Kleider ähneln sich stark, die gute Edith scheint sich da keine großen Umstände gemacht zu haben. Der Schnitt des Kleides, die fast offene Schulterpartie, die schlanke Taille, die omnipräsente Brosche… das alles verleiht Margot ziemliche Femininität und Grazie. Das wirkt besonders elegant, wenn ihre Locken nach einigen Gläsern Martini ins Gesicht fallen, das Kleid aber weiterhin steht und vor sich hin glänzt. Während die Kleider von Eve etwas überknielang sind, verlaufen Margots Kleider bis zum Boden. Klar, die ältere Genertion hällt sich vornehm zurück und Aufgabe der Kostüme hier ist größtenteils auch, den Kontrast zwischen dem Alter der beiden rivalisierenden Frauen aufzuzeigen. Zumindest schafft Edith Head es, einen typischen Margot-Look zu kreieren, der sie selbstbewusst und weiblich erscheinen lässt. Und wunderschön, denn Bette Davis zählt wohl trotz ihrer großen Augen nicht zu den klassischen Schönheiten, sondern vielmehr zu den Charaktergesichtern. Zwischendurch folgt ein Auftrit Margots im Kostüm, wieder mit betonter Taille, weißen Handschuhen und einer großen, weißen Kragenschleife, die das selbstbewusste Outfit wieder verniedlicht und auflockert. Moviediva dazu: “Costume check photo with Edith Head’s (?) notations. Davis wanted a blouse with softness near her face, so if her scripted insults were shot in extreme close-up there would be a contrasting feminity in her attire.

Entzückend auch wie sie in einer Szene im Auto in ihrem riesigen Pelz versinkt, einem Mantel, der Schultern und Statur der Frau betont, irgendwie Stärke ausdrücken soll und in dem sich Margot in dieser Situation versteckt.