Ali Baba und die goldene Pistole

Ali Baba und die goldene Pistole

Ali Baba und die 40 Räuber (c) Alain Kaiser

Waren das noch Zeiten, als arabische Räuber mit Krummsäbel und Degen ihre Widersacher um die Ecke brachten! In der neuen Inszenierung der Kinderoper „Ali Baba und die vierzig Räuber“ produziert vom Opéra Studio in Colmar, blitzen zwar jede Menge Messer in kleinen Kinderhänden, wenn es aber darum geht seiner Sache richtig Nachdruck zu verleihen, dann greift der Räuberhauptmann Ours-Khan schon mal zu seiner goldenen Pistole um sie stilecht an die Schläfe von Ali Baba zu halten. Jenem arabischen Kaufmann, dem Geld und Gold über alles geht und der seine Tochter frischweg jenem verspricht, der dafür am meisten zahlt. Am liebsten sähe er es, wenn sie der Zollchef Aboul-Hassan heiraten würde, denn dann hätte Ali Baba selbst Gewissheit, von diesem nicht bei seinen kleinen Gaunereien und Steuerhinterziehungen belangt zu werden. Bis die schöne Délia schließlich aber mit ihrem Angebeteten, dem Habe-Nichts Nadir, Hochzeit feiern kann, muss sich Sesam, die geheime Höhle, die voll von Schätzen steckt, mehrfach öffnen und schließen.

Das Märchen aus den Erzählungen von „Tausend und einer Nacht“ gelangte 1833 an der Pariser Oper zur Uraufführung. Allerdings wurde die Oper von Luigi Cherubini kein wirklicher Dauerbrenner. Pierre Thilloy, der für die aktuelle Kürzung von über drei auf eineinviertel Stunden verantwortlich ist und der das Orchester wesentlich verkleinert hat um dem eingesetzten Kinderchor mehr Hörbarkeit zu verleihen, schafft es vielleicht, dass mit seiner Neuorchestrierung nun wieder mehr Kinder rund um den Globus die Geschichte von Ali Baba in den Opernhäusern dieser Welt mitverfolgen werden können. In Colmar und Straßburg, sowie in den noch kommenden Aufführungen in Mulhouse und Paris wurden bzw. werden die 40 Räuber vom Kinderchor der Opéra National du Rhin gesungen. Die Solopartien waren von den Solistinnen und Solisten des Opéra Studio besetzt worden, das zugleich für die Produktion verantwortlich zeichnete. Diese Nachwuchsschmiede beherbergt pro Jahr 2 Soprane, 1 Mezzosopran, 2 Tenöre, 2 Baritone, 1 Bassisten sowie 2 Korrepetitoren, die mit einem monatlichen Gehalt versehen werden und an den Produktionen der Opéra du Rhin mitwirken dürfen. Darüber hinaus erhalten die jungen Künstlerinnen und Künstler noch Gesangsunterricht. Ein Umstand, der zur Aufnahmsprüfung jährlich 160 junge Leute nach Straßburg anreisen lässt, obwohl pro Jahr nur 3 Neubesetzungen stattfinden. Als herausragend in dieser Produktion ist Jean-Gabriel Saint-Martin zu nennen, der die Partie des Ours-Khan, den Räuberhauptmann singt. Sein kräftiger Bariton, gepaart mit einer beeindruckenden Bühnenpräsenz lassen ihm eine tolle Zukunft voraussagen.

Die Inszenierung, vom Schweizer Markus Bothe durchgeführt, setzt zwar einerseits auf Direktheit – in Deutschland wäre wohl die Idee, in einer Kinderoper eine Pistole an die Schläfe der Sänger zu setzen, einem lauten Aufschrei diverser Elternverbände zum Opfer gefallen – auf der anderen Seite ist das “humane” Ende – anstelle der 40 Räuber wird lediglich der Räuberhauptmann in Brand gesetzt – kindergerechter als im Original, in welchem alle 40 Räuber hingemetzelt werden. Die Verwandlung der Räuber in Kinder bei der elsässischen Inszenierung zeigt viel mehr, dass diese unter dem herrischen Räuberhauptmann unfreiwillig ihren Dienst taten und erst durch dessen Tod wieder zu freien Menschen werden. Das eher puristische, ja fast trockene Bühnenbild wird durch die fantasiereichen Kostüme von Sabine Blickenstorfer ausgeglichen, in welchen Délia wie eine richtige Prinzessin und Ours-Khan mit  Bart, wilden Haaren und einem messerbestückten Bauchgurt tatsächlich wie ein Räuberhauptmann aus dem Bilderbuch aussehen dürfen. Der Zollchef Aboul-Hassan, der als Inspektor Gadget auftritt und Ali Baba, der über seinem Kaftan ganz zeitgenössisch ein graues Sakko trägt, bilden schöne Brücken in unser vom Fernsehen so bestimmtes Zeitalter und holen die Kinder dort ab, wo sie medial zuhause sind.

Bemerkenswert an der Inszenierung ist das Zusammenspiel zwischen Gesangsnachwuchstalenten sowie dem jungen Orchester selbst, das sich aus Studentinnen und Studenten des Straßburger Konservatoriums zusammensetz. Die Herausforderung, innerhalb eines Monats 19 Aufführungen zu bestreiten, wurde mit einer orchestralen sowie choralen Doppelbesetzung gemeistert und auch einige Solopartien wurden hierfür zweifach besetzt. Eve-Maud Hubeaux als Dienerin Morgiane erfreute auch noch die letzte Reihe mit ihrem kraftvollen Sopran und Yuriy Tsiple als Ali Baba beeindruckte die Großen mit seinem geschmeidigen Bariton, das junge Publikum wohl mehr mit den kleinen Tanzschritten, ganz im Stile eines coolen Rappers.

Nähere Infos zu den Aufführungen in Mulhouse: Opéra national du Rhin


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