Lange bevor Algen als Superfood in allen Medien waren, missionierte meine Großmutter die gesamte Familie dazu, Spirulina zu essen. Da ich das Pulver kaum runterbrachte, lutschte ich Tabletten – natürlich nur, wenn ich alleine war, denn ich bekam davon super grüne Zähne.
Wer sich mal intensiver mit Entgiftung beschäftigt, kommt früher oder später auf die Grünalge Chlorella, die nicht nur Schwermetalle ausleiten kann sondern auch mehr Vitamin B12 enthalten soll, als Rinderleber.
Mit dem Sushi-Trend kamen Algen vor einigen Jahren dann endgültig auf deutsche Teller – vor allem Norialgen haben vermutlich die meisten von uns schon mal gegessen. Aber Algen im Brot, im Kuchen, in der Suppe oder als Smoothie? Das klingt doch noch ein bisschen befremdlich – und das obwohl sich Algen bereits in 70% aller Lebensmittel verstecken. Bei meinem Kräutersalz weiß ichs sogar, aber dass der beliebte Bubble Tea seine „Popping Bobas“ dem Natriumalginat verdankt, war mir neu.
40 000 verschiedene Algenarten kennen wir derzeit, Schätzungen zufolge gibt es bis zu zehnmal mehr auf unserem Planeten. Algen sind die Grundlage unseres Lebens: „Oder hätten Sie gewusst, dass jedes zweite Sauerstoffmolekül, welches Sie gerade einatmen, von einer Alge gebildet wurde?“, fragt der Biologe, Hobby-Taucher und Hobby-Koch Jörg Ullmann in seinem neuen Kochbuch „Algen“.
Algen bieten völlig neue Geschmackserlebnisse, stecken voller Nährstoffe, sind kalorienarm und verbinden die Vergangenheit mit der Zukunft: schon britische Seefahrer kauten Algen um Skorbut vorzubeugen und weil Algen 10 bis 30 mal schneller wachsen als Landpflanzen, gelten sie als d a s Nahrungsmittel der Zukunft. Gute Gründe also, sich näher mit Algen zu beschäftigen und deren genussvolle Seiten zu entdecken. Allein die Fotos von Kirstin Knufmann machen richtig Lust darauf!
„Es gibt Algen die nach Schinken schmecken und solche, die Butter und Ei in Backwaren ersetzen können“, wissen die beiden Algen-Experten. Auch Gelatine kann prima durch bestimmte Algen ersetzt werden – neben dem hohen Vitamin B12-Gehalt mancher Arten sind diese Eigenschaften vor allem für Vegetarier und Veganer interessant.
Jörg Ullmann erklärt den Unterschied zwischen Mikro- und Makroalgen, stellt die interessantesten Sorten für die Küche vor – Dulse zum Beispiel, Nori, Meersalat, Kombu oder Meerespaghetti- und liefert gleich einige vegane Gerichte mit. Los gehts mit den Vorspeisen:
Da ich Sushi ehrlich gesagt ein bisschen langweilig finde, werde ich mit einer Miso-Suppe anfangen – die esse ich hin und wieder auch ohne Algen gern, deshalb eignet sie sich bestens, um sie das nächste Mal mit Wakame anzureichern. Die Kokos-Zitronengras-Suppe mit Kombu klingt ebenfalls ziemlich lecker.
Tomaten-Orangensaft-Suppe mit Chlorella-„Kaviar“ ist mir ein bisschen zu aufwändig und zu überkandidelt, deshalb probiere ich lieber Tomaten und „Mozzarella“ mit Wakame – der Mozzarella wird aus rein veganen Rohstoffen zubereitet. Und da ich in Zukunft sowieso meine Brotaufstriche selber machen möchte, stehen das Tatar von Algen, Kapern und Brennesseln sowie die Wakame-Tapenade ganz oben auf der Liste.
Im Kapitel Hauptspeisen gefallen mir die Dulse-Bratkartoffeln mit Mixed Pickles gut, allerdings werde ich das süßsaure Beilagen-Gemüse nicht in Gelee servieren. Auch der Auberginen-Dulse-Burger sieht einfach verführerisch aus!
Wer schon mit Zucchini-Spaghetti vertraut ist, freut sich bestimmt über die Variante mit Meeresspathetti und bei Bratlingen mal Kelp statt Grünkernschrot und Karotten zu verwenden, ist ebenfalls ein kleiner Schritt zum neuen Geschmackserlebnis.
Mit Kapitel 3 – Süßes und Gebäck – fremdel ich noch ein bisschen, aber würziges Flagenbrot mit Meeresspaghetti stelle ich mir köstlich vor und gebackene Banane mit Schokolade und Basilikumeis möchte ich unbedingt mal probieren. Obs auch ein Chia-Pudding mit Mango & Minze sein muss – mal schauen…😉
Ergänzt werden die Algenmenüs durch Snacks und Drinks in Kapitel 4 – wer den Aufwand nicht scheut, kann sich seinen Bubble Tea ab sofort selbst zubereiten, ich halte mich eher an die „Zauberlimonade Tiefsee“. Da kommt meine geliebte Zitronenmelisse mit rein. Auch meine Smoothies und das Guten-Morgen-Müsli werde ich gern mal mit Algen aufpeppen. Gleich morgen schau ich, wo ich im Städtle welche bekomme…
Jörg Ullmann | Kirstin Knufmann „Algen. Das gesunde Gemüse aus dem Meer: kreativ vegan, ob als Smoothie, Suppe, Salat, Pasta oder Kuchen“, 128 Seiten, zahlreiche Farbfotos, Hardcover, 25 Euro, Kosmos Verlag