Algarve spielt alle Brexit-Konsequenzen durch

Von Alexander Kroll
Drei Monate vor dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, spielt die Algarve alle denkbaren Brexit-Konsequenzen für sie durch. Am Montag, 17. Dezember, nahm in Faro der neue starke Mann der Tourismusförderung, João Fernandes, in einem Interview mit "Algarve für Entdecker" Stellung zu dem Problem. Er ist seit diesem Datum gemeinsamer Präsident der beiden sich ergänzenden Organisationen RTA und ATA.

Herr Fernandes, für britische Portugalurlauber ist die Algarve das Hauptziel. Sie sorgen für gut sechs Millionen Übernachtungen an der Südküste, das sind 40 Prozent aller Übernachtungen von Ausländern. Rund die Hälfte aller Fluggäste am Flughafen Faro kommen aus dem Vereinigten Königreich. Wie stellen sich Ihre beiden Organisationen auf das ein, was da an Brexit-Konsequenzen auf Ihre Region zukommt?

Wir arbeiten seit einiger Zeit in einem Projekt daran, wie wir mit den Brexit-Konsequenzen umgehen. Wir wollen unsere werblichen Aktivitäten Richtung Großbritannien verstärken. Das wird unter anderem auch Auswirkungen aufs Budget und auf den Einsatz der entsprechenden Instrumente haben.

Gleichzeitig arbeiten wir daran, das Angebot der Algarve, das wir kommunizieren, zu diversifizieren. Das betrifft zum Beispiel den Naturtourismus, den maritimen Tourismus und den Bereich Meetings und Incentives. Hier haben wir schon viele Ressourcen, die wir allerdings besser herausstellen müssen. Das unterstreicht auch, wie wichtig es ist, die Destination sowohl gemeinsam weiterzuentwickeln, als auch sie bekannter zu machen.

Brexit-Konsequenzen: Algarve bearbeitet neue Märkte

Das allein dürfte nicht reichen...

Wir müssen uns nicht allein um die Brexit-Konsequenzen, sondern ebenso um die verstärkte Bearbeitung vorhandener Märkte und die Erschließung neuer kümmern. Da sehen wir zum Beispiel ein starkes Nachfrage-Potenzial und -Wachstum in Frankreich. Wir erleben zudem wachsende Unterstützung im Bereich der Flugverbindungen und wir verstärken gleichzeitig unsere Beziehungen zu skandinavischen Ländern. Was Deutschland anbetrifft, so ist und bleibt das einer unserer Hauptmärkte, für den wir auch viel tun.

Was macht die Regierung in Lissabon?

Wir sind in engem Kontakt mit der Regierung in Lissabon, um über den Fortgang der Arbeiten am möglichen bilateralen Abkommen informiert zu werden, über das gerade verhandelt wird. Da der Austrittstermin Ende März 2019 immer näher rückt, ist jedes EU-Land gerade dabei, im Rahmen diplomatischer Kontakte die Rahmenbedingungen für die Zeit nach einem ‚harten' Brexit, also ohne Vertrag mit der EU, zu sondieren. Da geht es um Aspekte der Brexit-Konsequenzen wie Sicherheitskontrollen, Reisemodalitäten, Steuern usw. Da interessiert uns natürlich das Ergebnis des Gesprächsprozesses - auch für den schlechtesten Fall eines Austritts Großbritanniens - den ohne Vertrag.

So sieht João Fernandes die Brexit-Konsequenzen

Wie sieht Ihre persönliche Sicht der Brexit-Konsequenzen aus?

Schon in diesem Jahr 2018 haben wir nach der Insolvenz der britischen Fluglinie Monarch einen Rückgang bei den Übernachtungen britischer Urlauber registriert. Allerdings wurden im zurückliegenden Quartal auch wieder mehr Ankünfte britischer Fluggäste auf dem Flughafen Faro gemeldet. Prognosen sind in Tagen wie diesen immer ein wenig riskant. Wir wissen letztlich nicht genau, wie sich jemand verhält, der sich in einer unsicheren Situation befindet. Wir werden sehen, wie's weitergeht...

Was meinen Ihre Partner in Großbritannien zu den Brexit-Konsequenzen?

Wir waren im Oktober auf dem World Travel Market in London. Dort haben sich Airlines, Reiseveranstalter und andere Reiseexperten nicht sehr besorgt gezeigt. Aber man weiß natürlich nicht, ob das eher ‚wishful thinking' ist oder aber das richtige Gespür fürs Geschäft. Drücken wir die Daumen und machen wir unsere Arbeit!

Doppel-Präsidentschaft, um gemeinsam effizienter zu entwickeln und zu bewerben

Seit heute stehen Sie zwei Tourismusförderungs-Organisationen der Algarve als Präsident vor. Warum?

Wir haben dieses „joint venture" zwischen den beiden Tourismusförderungs-Organisationen RTA und ATA geplant, um mit den selben Ressourcen effizientere Ergebnisse zu erreichen. Es ist wichtig, dass derjenige, der die Reisedestination entwickelt, auch auf die Kapazität derer zurückgreifen kann, die sie bewerben. Wir sprechen da übrigens von zwei Organisationen, deren Mitglieder schon seit langem am gleichen Ort arbeiten und sogar im selben Haus. Wir kennen uns gut, wollen eng zusammenarbeiten und die Möglichkeit nutzen, zu einem Team zusammenzuwachsen. Wir freuen uns auch auf die Möglichkeit, näher dran an unseren Mitgliedern zu sein.

Herzlichen Dank für das Interview, Herr Fernandes!