Algarve: Zwischen Empörung und Einsicht
Acht Algarve-Gemeinden (von 16) stehen ab morgen auf der Corona-Hochrisiko-Liste der portugiesischen Regierung: Neben São Brás de Alportel sind das jetzt auch Vila do Bispo, Faro, Vila Real de Santo António, Albufeira, Portimão, Tavira und Lagos. Insgesamt umfasst die aktuelle Liste jetzt 191 Kommunen im ganzen Land. Hier gelten jetzt bis mindestens 1. Dezember zusätzliche restriktive Maßnahmen, u.a. nächtliche Ausgangssperren zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr. An den Wochenenden gilt die Sperre von 13.00 Uhr bis 5.00 Uhr. Die Liste wird alle 14 Tage überarbeitetet. Von den regionalen Lockdowns sind nach Angaben des Nationalen Instituts für Statistik 8.445.007 Menschen betroffen, das sind 86,3% der Festland-Bevölkerung.
Die Bekämpfung der Pandemie wird „Schmerzen verursachen", sagt Portugals Premierminister António Costa (Foto). Er schätzt die aktuelle Situation als „ernster und kritischer als die erste Phase der Pandemie" ein. Mit den neuen Maßnahmen verfolge die Regierung vor allem drei Ziele. Zum einen wolle man die Ausbreitung der Pandemie landesübergreifend stoppen. Zum zweiten solle damit ein kompletter Lockdown mit enorm schädlichen wirtschaftlichen Folgen und sozialen Einschnitten vermieden werden. Ein dritter Grund sei die Entlastung des nationalen Gesundheitswesens.
Die Platzierung auf der „schwarzen" Corona-Liste trifft in den betroffenen Algarve-Kreisen naturgemäß auf wenig Verständnis.
Der Bürgermeisterin von Tavira reagierte auf Facebook "mit Überraschung und Entrüstung". Sie stellte die Daten der nationalen Gesundheitsdirektion DGS in Frage, die "nicht mit denen der registrierten lokalen und regionalen Gesundheitsbehörden übereinstimmen".
Ins gleiche Horn stoßen die Bürgermeister_innen von Sao Bras de Alportel und Vila de Bispo, die davon ausgehen, dass die Einstufung "ohne Berücksichtigung der Besonderheit der Gebiete und der tatsächlichen epidemiologischen Situation der Gemeinden erfolgt ist und zur Anwendung von unangepassten und unwirksamen Maßnahmen" führt, die der Wirtschaft und den Gemeinden "schweren Schaden" zufügen.
Rückendeckung erhalten die Kommunalpolitker_innen von der regionalen Gesundheitsdelegierten der Algarve Ana Cristina Guerreiro. Sie hält die offiziellen Kriterien für mindestens „umstritten" und "verbesserungsfähig". Einen zusätzlichen Aspekt bringt António Pina (Foto), Präsident der interkommunalen Gemeinschaft der Algarve AMAL, - in die aktuelle Diskussion ein. „An der Algarve leben viel mehr Menschen, die nicht in den Statistiken auftauchen und nicht registriert sind". Gemeint sind ausländische Einwohner, Migranten und Touristen. Pina schätzt diesen Bevölkerungsteil auf rund 150.000 Personen. Statt 450.000 müssten bei künftigen Einschätzungen also rund 600.000 Algarve-Einwohner berücksichtigt werden.
Pragmatischer reagierten die Stadtverwaltungen von Portimão und Faro. "Unsere Wirtschaft war bereits sehr anfällig, aber dies ist nun ein echter wirtschaftlicher und sozialer Tsunami", betonte Iselda Gomes, Bürgermeisterin von Portimão. Sie wolle deshalb "direkte Subventionen an die Händler und Unternehmer der Gemeinde, Restaurants, Bars und den Handel" vergeben. Ob das möglich sei, müsse allerdings noch juristisch geprüft werden. Faros Bürgermeister Rogério Bacalhau geht davon aus, dass die Regierung entsprechende Kompensationen für die lokalen Unternehmen schaffen werde, da die Gemeinden "nicht über die finanzielle Kapazität verfügen, um der Wirtschaft zu helfen".
Algarve: Wer sind die Treiber der Pandemie?
Für Ana Cristina Guerreiro (Foto), die Gesundheitsdelegierte der Algarve, steht fest: Fußballer, religiöse Gruppen und Ausländer treiben die Infektionszahlen in der Region nach oben. Auch Schulen stehen immer mehr im Blickpunkt. Sie teilte mit, dass es derzeit 31 infizierte Spieler aus vier U23-Vereinen der Algarve gibt. Betroffen sind Spieler von Internacional de Almancil, São Luís ( Faro), Marítimo Olhanense und Fuzeta.
Außerdem verweist sie auf die hohe Zahl der unter Ausländern registrierten Fälle, die z.B. in Vila do Bispo bei 70% Prozent liegen soll. Für Portimão und Albufeira gibt sie diesen Wert mit 30% an. Das betreffe Arbeitsmigranten in der Landwirtschaft ebenso wie Touristen.
Bei einem kürzlichen Corona-Ausbruch auf dem Alvor Camping Park seien z.B. 13 Personen positiv getestet worden, die Mehrzahl davon Ausländer.
Guerreiro bestätigte auch Ausbrüche mit aktuell 34 Infektionsfällen in evangelikalen Gruppierungen in Portimão, Lagoa, Faro und Olhão. „Hier stehen die Infektionen im Zusammenhang mit der Ausübung der Religion in geschlossenen Räumen, wobei sich die Menschen sehr nahe beieinander befinden und singen", so die regionale Gesundheitsdelegierte. Nach Ansicht von Guerreiro sind Schulen (noch) keine zentralen Ausbruchsorte. Derzeit (13. November) gebe es an 50 Algarve-Schulen 86 Infektionsfälle, davon seien 72 Schüler.
Algarve: Best place for Americans
Das Forbes-Magazin und die Organisation European Best Destinations (EBD) haben jetzt eine Liste der "20 besten Orte für Amerikaner, um in Europa zu leben, zu investieren und zu arbeiten" veröffentlicht. Kriterien für die Aufnahme waren das Vorhandensein einer internationalen Schule, Lebensqualität, Gesundheitssystem, Internetverbindung, Nähe zu Flughäfen mit internationalen Flügen, Lebenshaltungskosten, aktive Expat-Gemeinschaft und niedrige Kriminalitätsrate. Zur Wahl standen 120 Reiseziele.
Aus Portugal wurden Braga, die Azoren und die Algarve ausgewählt. Die Südregion punktete mit 330 Sonnentagen, den schönsten Stränden, niedriger Bevölkerungsdichte, vielen internationalen Schulen, die Nähe zu Lissabon. Besonders hervorgehoben werden Aljezur, Lagos und São Brás de Alportel.
Auf der Liste stehen außerdem Madrid, San Sebastian und Malaga (Spanien); Brighton (Großbritannien); Hamburg und Berlin (Deutschland); Athen (Griechenland); Brest-Terres Oceánes und Elsass (Frankreich); Brüssel (Belgien); Wien (Österreich); Rotterdam (Niederlande); Toskana (Italien); Basel (Schweiz); Dubrovnik (Kroatien); Cork (Irland) und Poznan (Polen).
Algarve: Lehrermangel "schlimmer als gedacht"
Die Schulen an der Algarve und im Alentejo leiden unter Lehrermangel. Die Lehrergewerkschaft Sindicato dos Professores da Zona Sul ( SPZS) klagt, dass die Situation "schlimmer ist als gedacht". Es bestehe Bedarf an 41 Lehrern im Bezirk Portalegre, 27 in Évora, 48 in Beja und 119 in Faro, so die Gewerkschaft in einer Presse-Erklärung. Der Mangel betreffe alle Bildungsstufen, vor allem aber die siebte, achte und neunte Klasse sowie die Sekundarschule, wo 169 Lehrerinnen und Lehrer gebraucht werden, "vor allem Portugiesisch‑, Englisch‑, Spanisch‑, Geschichts‑, Geographie‑, Mathematik‑, Physik- und Chemielehrerinnen und ‑lehrer sowie IT- und Kunstlehrer". Laut SPZS gibt es außerdem einen gravierenden Mangel an Sonderschullehrern. Die Gewerkschaft fordert deshalb die Zahl der fest angestellten Lehrer an den Schulen zu erhöhen, den "missbräuchlichen Einsatz befristeter Verträge" zu beenden und mehr freie Stellen für Lehraufträge zu schaffen.
Portugal: Kinos von Schließung bedroht
Aufgrund der Corona-Pandemie sind mehr als die Hälfte der portugiesischen Kinos von der Schließung bedroht. Das teilte der portugiesische Verband zur Verteidigung audiovisueller Werke ( FEVIP) jetzt mit. Die aktuellen Einschränkungen, insbesondere die regionalen Lockdowns, beträfen den größten Teil der der 544 Kinos des Landes, von denen sich die meisten in den Bezirken Lissabon (144), Porto (90), Setúbal (48) und Braga (40) befinden. Der Verband fordert deshalb zinsgünstige Darlehen und flexiblere Mietpreise zur Unterstützung der Filmtheater.
Nach Angaben des Instituts für Kino und audiovisuelle Medien (ICA) sind die Zahl der Kinobesucher und die Einnahmen an den Kinokassen zwischen Januar und September um jeweils 71% zurückgegangen. Die Kinos verzeichneten in den ersten neun Monaten des Jahres 3,2 Millionen Kinobesucher, verglichen mit 11,5 Millionen im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Algarve: ARD dreht Komödie
Aktuell laufen an der Algarve die Dreharbeiten für die neue ARD-Degeto-Produktion " Alte Freunde". Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Livia (Ulrike C. Tscharre) und Martin (Oliver Mommsen), die zum ersten Mal ohne ihre Ehepartner, aber mit ihren jeweiligen Kindern, gemeinsam in den Urlaub fahren. Dort lernen sie sich von einer neuen Seite kennen, erleben intensive Momente - und stellen am Ende ihre Leben und Ehen grundsätzlich in Frage. Mit Ulrike C. Tscharre, Oliver Mommsen, Melika Foroutan und Barry Atsma ist der Fernsehfilm hochkarätig besetzt. In weiteren Rollen sind Julius Gause und Kya-Celina Barucki zu sehen.
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Nachrichten aus Polizei und Justiz
Portimão :132 Kilo Drogen gefunden
Nach einem Hinweis auf verdächtige Aktivitäten in der Gegend von Praia da Rocha in den frühen Morgenstunden des 10. November hat die Polizei in Portimão 132 Kilo Drogen gefunden. Nach einer Verfolgungsjagd mit einem ausländischen Fahrzeug konnte die Polizei nur noch das Fluchtauto sicherstellen. Bei der anschließenden Inspektion der Umgebung wurden die Drogen in einem Müllcontainer gefunden.
Lagoa: Waffen beschlagnahmt
Im Landkreis Lagoa hat ein 72-jähriger Mann wiederholt seine aktuelle Partnerin, eine 61 jährige Frau, mit dem Tod bedroht. Im Rahmen ihrer Ermittlungen zu häuslicher Gewalt hat die Polizei mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt. Dabei wurden u.a zwei Schwerter; vier Säbel; ein Messer; ein Revolver und ein Gewehr sowie Munition beschlagnahmt.
São Bartholomäus de Sines: Diebe erwischt
Die Polizei hat am 10. November nach einem Diebstahl auf einer Baustelle vier Männer im Alter von 17 bis 25 Jahren festgenommen. Bei fünf Durchsuchungen wurden u.a. 65 Packungen Tabak; zwei Druckluftwaffen; ein Messer und diverses Diebesgut wie Bohrmaschinen, Schrauber und andere Werkzeuge beschlagnahmt.
Albufeira: Schwedischer Gewalttäter verhaftet
Die Polizei hat in Albufeira einen 44-jährigen Schweden verhaftet, der seine Frau zu Tode geprügelt haben soll. Nach einem Bericht von Correio da Manhã soll der Verdächtige nach dem Verbrechen die Leiche noch zwei Tage lang in seinem Haus aufbewahrt haben. Die örtliche Feuerwehr hatte die Tote auf dem Boden im Haus des Ehepaares gefunden, umgeben von "zerbrochenen Flaschen und Fäkalien". Die Polizei vermutet, dass der tödliche Angriff nach einem Streit zwischen dem Paar stattfand, "wahrscheinlich nach dem übermäßigen Konsum von alkoholischen Getränken und anderen Substanzen". Das 44-jährige Opfer wurde mit "großer Gewalt" geschlagen und starb nach Angaben der Polizei an "schweren Hirnverletzungen".
Die Polizei hat vergangene Woche in Albufeira einen 33 Jahre alten Mann wegen häuslicher Gewalt verhaftet. Nach einer Anzeige erwischte die Polizei den Verdächtigen, wie er seine 30 Jahre alte Frau, bedrohte und körperlich und verbal angriff. Das Opfer musste nach dem Übergriff im Krankenhaus medizinisch behandelt werden.
Faro: Großmutter getötet
Nach kurzer Flucht wurde am 7. November ein 59-jähriger Mann verhaftet, dem vorgeworfen wird, die Großmutter seiner Freundin getötet zu haben. Nach einem Streit soll der vorbestrafte Verdächtige die 85-jährige Frau mit einem Stich in den Hals tödlich verletzt haben. Die Enkelin des Opfers soll zum Zeitpunkt des Angriffs "bei der Arbeit" gewesen sein.