Der Wohnimmobilien-Markt der Algarve, so unterschiedlich wie die sonnenverwöhnte Küstenlandschaft selbst, verzeichnete 2016 starke Nachfrage bei Käufern und Mietern. Die Kaufpreise, die nach der Finanzkrise noch günstig waren, stiegen. Das berichten vom Algarve-Entdecker befragte Makler. Wie die Entwicklung weitergehen wird, an welchen Fakten man sich als Immobilieninteressent orientieren sollte und woran man gute Makler erkennt, schildert dieser Report.
Eine der besonders eleganten Top-Immobilien an der Algarve. Foto: Engel & Völkers
Noch prägt nach der Brexit-Entscheidung des Vereinigten Königsreichs Gelassenheit die Gemüter der Branchenexperten. Aber falls durch die Ergebnisse der anstehenden Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland Verbraucher zusätzlich verunsichert würden, könnte sich das auch negativ auf die Kaufbereitschaft bei Auslandsimmobilien auswirken, ist zu hören.
Übereinstimmend verweisen die antwortenden Immobilienexperten darauf, dass sich der starke Zustrom von hunderttausenden Ersturlauber aus Europa im vergangenen Jahr fortsetzte. Das habe das Interesse für Algarve-Wohnimmobilien weiter stimuliert. Bei Mietwohnungen etwa gebe es in allen Preisklassen beträchtlich mehr Nachfrage für langfristige Nutzung, sagt Stefan Humpenöder von Yellow Homes.
Susanna Gross. Foto: Togofor-Homes
Seine Kollegin Susanna Gross von Togofor-Homes ergänzt, dass vor allem viele Deutsche erst mieten und dann eventuell kaufen wollten. Gängig sei im Winter eine Langzeitmiete von maximal sechs Monaten: „Mehr ist schwierig an der Algarve und da ist auch keine Änderung in Sicht.“ Das hänge vor allem damit zusammen, dass Wohnungen in den Sommermonaten kurzfristig und zu überdurchschnittlichen Preisen bevorzugt an Feriengäste vermietet werden. Das bringe wesentlich mehr Umsatz. Das Langzeit-Vermietgeschäft sei äusserst schwierig: „Die Objekte sind fast alle überteuert und viele in nicht gutem Zustand“.
Generell sei bei ihren deutschsprachigen Kunden vor allem der Westen der Algarve sehr beliebt, so die Maklerin. Es gebe auch für die Costa Vicentina viele Anfragen. Gross empfiehlt Kaufinteressenten, sich für vier bis sechs Wochen zunächst einmal an der Algarve einzumieten und in dieser Zeit in Ruhe die Region von Ost nach West zu erkunden, um Kriterien für eine geeignete Immobilie zu entwickeln: „Sind diese ‚Hausaufgaben‘ gemacht, haben es Kunde und Makler einfacher, denn die Algarve ist so unterschiedlich“, sagt Gross.
Zur positiven Gesamtentwicklung des Immobilienmarkts an Portugals sonniger Südküste tragen nach übereinstimmender Beobachtung mehrerer Makler zudem staatliche Programme wie Golden Visa oder die Vergabe des „Non-Habitual Residence“-Status (NHR) bei. Das werde auch 2017 anhalten. Vor allem Skandinaviern bescheinigen die Experten großes Interesse daran, dank des NHR-Status für zehn Jahre von der Einkommenssteuer befreit zu werden und einen Zweitwohnsitz, eine Ferienimmobilie oder einen Altersruhesitz zu erwerben.
Stefan Humpenöder. Foto: Yellow Homes
Nach Humpenöders Beobachtung stiegen die Preise für Algarve-Wohnimmobilien 2016 um rund neun Prozent, hätten aber immer noch etwa 25 bis 30 Prozent unter dem Niveau vor der Finanzkrise 2008/2009 gelegen. Viele seit Jahren unverkaufte Immobilien seinen mittlerweile an den Mann gebracht worden und die Nachfrage steige, was die Preiserholung erkläre.
Andernorts ist zu hören, hauptsächlich Eigentümer aus dem Vereinigten Königreich hätten nach der Krise die Preise erhöht. Diese würden aber unter Druck geraten, wenn klar werde, wie viele Briten nach den Brexit-Verhandlungen noch Algarve-Immobilien kaufen könnten und wollten. Es gebe gleichzeitig viele Eigentümer, die auch heute noch ihre Preise reduzierten, heißt es ergänzend.
“Die Zinsen sind sehr niedrig geblieben”, erinnert Humpenöder. Die Banken vergäben zwar mehr Kredite als früher, aber der Anstieg sei nicht außergewöhnlich stark. Laut seinen Aussagen ist es derzeit im Prinzip sehr preiswert, zum Beispiel eine portugiesische Festzins-Hypothek für die Laufzeit von fünf Jahren zu bekommen. Er erwartet, dass sich die Bankmargen durch verbesserte Kapitalausstattung der Institute auch in Portugal bald der Marke von einem Prozent annähern dürften.
Barzahler greifen schnell zu
Skeptiker befürchten allerdings, dass es mit der tatsächlichen Vergabe von Krediten, vor allem an Ausländer, nicht so einfach werden könnte. Manche Kunden warteten sehr lange auf die offizielle Bewilligung des beantragten Kredits und müssten gelegentlich erleben, dass Barzahler in der Zwischenzeit die Immobilie schon erworben hätten. Zudem neigten Verkehrswert-Ermittler in Lissaboner Bankenzentralen derzeit dazu, Immobilien abzuwerten. Wenn der Verkaufspreis zu hoch sei, gebe es nur geringe Chancen.
Aufmerksam gemacht wird ganz allgemein auch darauf, dass einige Banken wegen Kreditausfällen aufgrund der Krise noch über ein großes Immobilien-Portfolio verfügen. Oft seien diese Objekte aber entweder viel zu teuer oder entsprächen nicht den Wünschen der Käufer oder beides sei der Fall.
Togofor-Homes in Vilamoura
Für 2017 zeigen sich die Fachleute verhalten optimistisch. „Ich rechne mit vielen Transaktionen. Unsere Kunden erkennen, dass sie eine sehr gute Chance haben, nun eine Qualitätsimmobilie oder ein Haus an der Küste zu kaufen. Wer als Interessent zu lange wartet, kann Pech haben, denn die besten Objekte werden schnell verkauft sein“, sagt Gross.
Sie freut sich über den „besten Januar seit 14 Jahren“. Es gebe auch sehr viele
junge Käufer, die aus Investitionsgründen ein Apartment erwerben wollten. Zudem kauften wesentlich mehr portugiesischsprechende Kunden an der Algarve.
Gross rechnet mit zwei Jahre dauernden Verhandlungen zwischen London und Brüssel über den so genannten „Brexit“, den Austritt Großbritanniens aus der EU. „Viele Briten, die große Algarve-Liebhaber sind, werden in dieser Zeit noch kaufen. Was danach geschieht, hängt vom Ergebnis der Verhandlungen ab“, erklärt Gross.
Yellow Homes in Boliqueime
Ihr Kollege Humpenöder sieht das Transaktionsvolumen 2017 leicht zurückgehen – bei voraussichtlich weiter steigenden Preisen. Er rechnet mit einem Plus von etwa fünf Prozent. „Wie wir sehen, hinterlassen der Brexit und die Regierungspolitik von US-Präsident Trump ihre Spuren, die wirtschaftliche Erholung in Europa werden sie aber nicht aufhalten können“, mutmaßt er.
Immobilien in Portugal sind nach Humpenöders Worten “eine hervorragende Anlagemöglichkeit, auch für viele Investoren, die aufgrund überhitzter Preise im Heimatland und der andauernden Niedrigzinspolitik nach Alternativen suchen”.
Nicht frei von einigen Sorgenfalten auf der Stirn geht gleichzeitig mancher Makler-Blick hin zu den in diesem Jahr anstehenden Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland. Vermutet wird, dass Immigrations- und Globalisierungs-Gegner unter Umständen gestärkt aus den Urnengängen hervorgehen. Dass könne manchen Verbraucher verunsichern und zur Zurückhaltung veranlassen. Und das würde sich vielleicht dann auch auf einen Immobilienkauf im Ausland auswirken, hört man hinter vorgehaltener Hand.
Wie Immobilien-Portale die Entwicklung sehen
Aber was sagen zum Beispiel Immobilienportale im Internet zur Situation in Portugal und an der Algarve? Einen interessanten Markteinblick aus spezifisch portugiesischer Sicht vermitteln die Experten des Portals Imovirtual. Sie messen, wie sehr sich die durchschnittliche Zeitspanne verändert, in der eine auf dem Marktplatz angebotene Immobilie veräußert wird. 2016 verringerte sich diese Dauer laut Imovirtual bei Kaufimmobilien von fast elf auf gut acht Monate und bei Mietimmobilien von 3,4 auf 3,1 Monate gegenüber dem Vorjahr. Die kürzeste Verkaufsspanne seit Einführung der Analyse vor gut vier Jahren sei mit 6,7 Monaten im November 2016 gemessen worden.
Einbezogen in seine Anfang Januar durchgeführte Analyse hatte Imovirtual mehr als 130 Maklerunternehmen. Sie sind meist im unteren Preissegment tätig. Ein Viertel der Befragten habe von einer zunehmenden Zahl von Immobilien-Transaktionen im Jahr 2016 berichtet, gut die Hälfte von einer Stagnation und fast ein Fünftel von Rückgängen. Jeweils rund 50 Prozent der Immobilienvermittler hätten nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr neue Angebote aufnehmen und Besichtigungen durchführen können sowie steigende Preise registriert. 30 Prozent der Makler hätten eine positive Geschäftsentwicklung in ihren Aktivitäten festgestellt, so der Imovirtual-Bericht.
Haupthindernisse für eine noch bessere Entwicklung sähen die einheimischen Makler vor allem in der Instabilität des Arbeitsmarkts und somit der Einkommen, im Kaufkraft-Rückgang und in der Tatsache, dass vorhandene Immobilien-Angebote der Nachfrage oft nicht entsprächen, so die Experten des Portals.
Das Portal Idealista berichtete Anfang Januar, der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Hauskäufe an der Algarve habe Ende 2016 bei 1.457 Euro gelegen. Den höchsten Landeswert gibt das Portal für Lissabon an: im Schnitt koste der Quadratmeter dort 1.779 Euro.
Hier regional gestaffelte Quadratmeter-Preisangaben von Idealista für die Algarve, alphabetisch gelistet:
- Albufeira 1.674 Euro
- Castro Marim 1.813 Euro
- Faro 1.233 Euro
- Lagoa 1.292 Euro
- Lagos 1.755 Euro
- Loulé 1.789 Euro
- Olhão 951 Euro
- Portimão 1.248 Euro
- Silves 1.173 Euro
- São Brás de Alportel 959 Euro
- Tavira 1.389 Euro
- Vila Real de Santo Antonio 1.274 Euro
Durchschnitts-Angaben berücksichtigen Ausreißer bei Luxus-Immobilien nicht
Reinhild Schulte Guerra. Foto: Engel & Völkers
Maklerin Reinhild Schulte Guerra vom Immobilien-Büro Engel & Völkers für das Gebiet Quinta do Lago und Vale do Lobo warnt jedoch vor einer Überbewertung solcher statistischer Durchschnitts-Angaben: „Dabei werden hauptsächlich Angebote aus dem unteren Preissegment ausgewertet. Da ist vollkommen klar, dass dabei unrealistisch niedrige Quadratmeter-Preise für den Gesamtmarkt herauskommen“.
Sie unterstreicht die extrem großen Unterschiede in den Algarve-Regionen an einigen Beispielen: „Ein Haus, das im Gebiet Quinta do Lago und Vale do Lobo einen Kaufpreis von zehn Millionen Euro erzielt, würde in Vilamoura für sechs bis acht Millionen Euro und in Albufeira und Lagos für rund drei bis vier Millionen Euro verkauft“. Und in Almancil und dessen hügeligem Hinterland könne man Villen mit bester Ausstattung und Aussicht erwerben, die in den luxuriösen Resorts direkt am Atlantik das Doppelte oder Dreifache kosten würden.
Erich Gibson. Foto: Engel & Völkers
Erich Gibson, bei Engel & Völkers der Lizenznehmer für die Luxusvillen-Region Quinta do Lago und Vale do Lobo, bezeichnet die Entwicklung der vergangenen drei Jahre in diesem Segment als atemberaubend: „2013 litten wir hier noch massiv unter den Finanzkrisen-Folgen, aber 2014 ging schon wieder die Jagd auf preiswerte Schnäppchen los. 2015 war dann ein Wahnsinnsjahr. Alles was zu bekommen war, wurde gekauft“, erinnert sich der Makler. 2016 habe sich die Situation dann normalisiert und für 2017 komme es darauf an, ob die weiterhin hohe Nachfrage mit genügend Zweitwohnsitz-Objekten zu reellen Preisen bedient werden könne.
Engel & Völkers-Büro für Quinta do Lago und Vale do Lobo
Gibson beobachtet auch den Vermietmarkt in seiner Gegend sehr genau. Nach seinem Eindruck kann die Hoffnung aufgeben, wer seine Ferien in diesem Sommer in einer luxuriösen Ferienvilla in der Region Quinta do Lago und Vale do Lobo verbringen will und noch nicht gebucht hat.
„Das Gute ist praktisch schon komplett vergeben“, sagt er.
Zehn Merkmale eines guten Immobilien-Maklers
Wer eine Auslands-Immobilie kaufen oder mieten will, braucht in der bevorzugten Region einen qualifizierten Partner, dem er vertrauen kann. Woran Sie zum Beispiel einen guten Vermittler erkennen, hat die Redaktion des Algarve-Entdeckers hier einmal in einer Art Checkliste zusammengefasst – möglichst viele Fragen sollten Sie mit „Ja“ beantworten können:
- Macht das Maklerbüro deutlich, in welcher Region und mit welcher professionellen Erfahrung es arbeitet?
- Gibt der Vermittler klar an, in welchem Marktsegment (Kaufen, Mieten, Preiskategorie usw.) er schwerpunktmäßig tätig ist?
- Ist zu erkennen, ob der Makler im exklusiven Kundenauftrag tätig ist oder der Verkäufer/Vermieter des Objekts auch mit anderen Partnern arbeitet?
- Nimmt sich Ihr Gesprächspartner Zeit, Ihre individuellen Kriterien für eine Immobilie ganz genau zu erfragen?
- Sind die Mitarbeiter bestens informiert über Objektzustand, Verkäufer- bzw. Vermieter-Interessen usw.?
- Werden Sie zu sehr vielen verschiedenen Besichtigungen eingeladen oder konzentriert man sich auf einige passende Objekte, die präzise Ihren Wünschen entsprechen?
- Erscheint der Agent pünktlich zur Besichtigung?
- Ist eine Objekt-Besichtigung gut organisiert – oder fehlen etwa z.B. Schlüssel?
- Ist auch die anschließende Kommunikation gut, oder müssen Sie tagelang auf Telefonanrufe oder E-Mails warten?
- Kann das Maklerbüro bei Bedarf auch die Vertragsabwicklung begleiten (z.B. Finanzierung, Behördenangelegenheiten, Juristisches)?