Joyce ist nach Zapico ein dem Alkohol ergebener Zyniker und Freigeist, der zeitlebens in Opposition zur katholischen Kirche stand und das Leben eines Bohemiens führte. Da er in Irland den Bogen überspannt hatte, sah er sich gezwungen, ins Ausland zu gehen: nach Triest, Paris und Zürich (wo er starb und begraben liegt). Überall fand er Freunde, verlor sie aber auch bald wieder, weil er ein Egoist reinsten Wassers war, der nur sich selbst gelten ließ, an anderen aber unbarmherzig deren Schwächen geißelte. Einzig seine Geliebte und spätere Frau Nora Barnacle, als er sie kennenlernte, ein einfaches Zimmermädchen in einem Dubliner Hotel, arrangierte sich mit dieser Situation, vielleicht, weil sie für Joyce als geistiger Partner ohnehin nicht in Frage kam.
Neben seinem Lotterleben arbeitet Joyce auch eisern an seinen Werken, obwohl es jeweils ein steiniger Weg bis zu ihrer Veröffentlichung war. Gegenüber der literarischen Öffentlichkeit ging er natürlich ebensowenig Kompromisse ein wie gegenüber seinen Freunden. Kein Wunder, dass ein letztes Werk, „Finnegan’s Wake“, wohl einer der wenigstgelesenen und noch weniger verstandenen Romane der Weltliteratur geworden ist.
Zapico zeichnet dies alles – übrigens in Grautönen, nicht in Farbe - in einem Stil, der zwischen Realismus und Knollennasencomicstil angesiedelt ist. Das mag verniedlichend wirken, aber es ist erheiternd, auch wenn die dargestellten Personen von Wutwolken umwölkt sind, betrunken durch die Nacht torkeln oder irgendwo in die Ecke kotzen. Einen interessanten Eindruck von einem der großen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts bekommt man jedenfalls.
Alfonso Zapico: James Joyce. Porträt eines Dubliners. Egmont Graphic Novel im Egmont Verlag, Köln, 2014. 224 Seiten.
Bild: Noch ein Bild von meiner Irlandreise 1981: Landschaft im County Claire, Irland. Aquarellierte Federzeichnung.