Max und Tina sind ein Schweizer Ehepaar, seit 25 Jahren glücklich verheiratet, drei Söhne im Teenageralter. Das klingt langweilig, doch suggeriert das Cover ja schon mal eine großartige Familiengeschichte. Ein Foto aus den 50er Jahren. Spielt denn die Geschichte auch in dieser Zeit? Nein, denn da gab es keine Smartphones. Und die Söhne von Max spielen die meiste Zeit an ihren Smartphones. Und sonst? Wie alt sind die Söhne? Wie heißen sie? Keine Ahnung, denn das scheint dem Autor nicht wichtig, muss er doch mit den selbstverliebten Innenansichten seiner Figur Max langweilen. Max ist Inhaber der Sevilla-Bar, er erzählt, was er da täglich tut und dass er seine Tina vermisst (die für eine Gastprofessur in Paris weilt).
Stöbert man ein bißchen in den Medienberichten, findet man heraus, dass auch Alex Capus seit 25 Jahren verheiratet ist und eine Bar besitzt – die Galiciabar in Olden. Natürlich mit einem stattlichen Toro! Auch gibt es weitere Ähnlichkeiten zur erzählten Story und zu seiner Figur Max. Haben dann auch all die Dialoge so oder so ähnlich stattgefunden? Wo bleibt die Phantasie? Ist das derselbe Autor von Eine Frage der Zeit? Ein Roman, den ich wegen der absurden Situationen und der sprühenden Situationskomik am Tanganjikasee in Afrika geliebt habe. Eine der schönsten Liebesgeschichten – das ist für mich Léon und Louise.
Das Leben ist gut ist eine nette und gähnend langweilige Geschichte mit seitenlangen Dialogen. Und ich hatte mich so drauf gefreut! Jedenfalls ist sie nicht so schlecht, dass ich abgebrochen habe. Doch als ich den letzten Satz lese, atme ich tief durch – geschafft!
Und was passiert gestern, einen Tag vor Nikolaus? Ein Kunde hat den Roman als Geschenk für seine Frau in der Hand und fragt mich: Was denken Sie von diesem Buch?
Kalt erwischt! Ich kann nicht lügen, ich will auch nicht lügen. Vorsichtig antworte ich: Nette Story. Lächele.
Und noch?
Tja, was denn bloß noch? Naja, ein Mann liebt und vermisst seine Frau, hat eine Bar in der Schweiz. Mehr ist es nicht.
Wir kommen ins Gespräch und ich habe die Chance, ihm mehrere Geschichten zu empfehlen, die mich wirklich begeistert und verzaubert haben. Ich denke, den Roman von Capus hat er dann zurück gelegt. Welches Buch er stattdessen genommen hat? Das bleibt ein Geheimnis, denn da wollte schon der nächste Kunde eine Nikolaus-Empfehlung von mir. Ich finde das schön, am Nikolaus ein Buch zu schenken!
Es gibt übrigens auch komplett andere Meinungen zu Das Leben ist gut. Und das finde ich wirklich spannend. Viel Positives zum Buch findet Ihr in den Besprechungen von Klappentexterin und Kaffeehaussitzer. Beide mochten die Ruhe und Gelassenheit der Geschichte. Ergänzend berichtet Uwe aktuell hier noch von seiner Begegnung mit Alex Capus auf dem Literaturschiff in der Schweiz.
Alex Capus. Das Leben ist gut. Carl Hanser Verlag München 2016. 239 Seiten. 20,- €