Rezension Naomi Alderman - Die Gabe
Es sind scheinbar gewöhnliche Alltagsszenen: ein nigerianisches Mädchen am Pool. Die Tochter einer Londoner Gangsterfamilie. Eine US-amerikanische Politikerin. Doch sie alle verbindet ein Geheimnis: Von heute auf morgen haben Frauen weltweit die Gabe - sie können mit ihren Händen starke elektrische Stromstöße aussenden. Ein Ereignis, das die Machtverhältnisse und das Zusammenleben aller Menschen unaufhaltsam, unwiederbringlich und auf schmerzvolle Weise verändern wird.
Was würde mit der Welt geschehen, wären Frauen plötzlich nicht mehr das schwache Geschlecht, sondern Männer? Wäre die Welt dann unweigerlich besser und gerechter?
Diesem Gedankenspiel geht die britische Autorin Naomi Alderman in Die Gabe nach. Dort entdecken plötzlich junge Mädchen, dass sie über die Möglichkeit verfügen Energie abzugeben, in Form von elektrischen Ladungen. Diese Gabe erwecken sie nach und nach auch bei den älteren Frauen. Von einem Tag auf den anderen ändert sich so das Machtverhältnis zwischen Mann und Frau. Doch zu welchen Konsequenzen?
Im Roman begleiten wir vier unterschiedliche Menschen: die junge Roxy, deren Vater einer Verbrecherorganisation vorsteht, dem Nigerianer Tunde, der entgegen dem Klappentext ein Mann ist und als Journalist tätig ist, der Bürgermeisterin Margot und ihrer Tochter Jocelyn, sowie dem Waisenmädchen Allie. Alle Schicksale sind miteinander verknüpft und prägen die Ereignisse im Roman maßgebend.
Vom Inhalt selber möchte ich an dieser Stelle nicht zu viel verraten, denn der Handlungsverlauf hat mich überrascht und eingefangen. Nicht nur die schöne und einnehmende Erzählweise, hier übersetzt von Sabine Thiele, zeichnet den Roman aus, auch das kluge Gedankenspiel, dass die Autorin hier bis ins Letzte ausspielt, machen diesen Roman zu einer Lektüre, die man nicht so schnell vergisst. In teils schonungslosen Szenen ist dieses Buch erschreckend plausibel rekonstruiert. Und auch die starken, gut ausgearbeiteten Charaktere punkten und geben dem Roman seinen speziellen Charakter.
Nach dem Beenden des Romans musste ich dieses erst mal nachwirken lassen. Viel Zündstoff hat Naomi Alderman hier hineingepackt, reichlich zum Nachdenken, Spekulieren und Diskutieren. Und man merkt dem Roman an, dass Margaret Atwood dieses Buch mitinspiriert hat. Wer Atwoods Bücher mag, wird auch hier Gefallen finden.
Fazit:Die Gabe hat mich umgehauen und lange beschäftigt. Nicht nur ist die Geschichte stark und lebendig erzählt, auch das Gedankenspiel und die Resultate, die diese nach sich ziehen, beschäftigen einen über die Lektüre hinaus. Für mich war es eines meiner Lesehighlights 2018!
Von mir gibt es 5 von 5 Punkten.Klappenbroschur: 16,99 Euro
Verlag: Heyne
ISBN: 978-3-453-31911-0
Seitenzahl: 480
Übersetzer: Sabine Thiele