Nein, Phantogram ist keine neue App, in welchem man Phantombilder von sich selbst innerhalb eines Sozialen Netzwerks generieren kann! Vielmehr hat die Band aus New York ihren Namen von der fachlichen Bezeichnung einer optischen Illusion hergenommen. Ein sogenanntes Phantogram entsteht dann, wenn durch das stereoskopische Sehen eine vermeintliche Tiefe in einer zweidimensionaler Figur vermutet wird. Wir wollen hier aber nicht vom Sehen, sondern vom Hören sprechen. “Voices” heisst ihr zweites Album, das auf das 2009 erschienene Album “Eyelid Movies” folgt.
Josh Cartel und Sarah Barthel sind Phantogram. (Bild: CBS)
“I don’t wanna taste another lie”, singt Sarah Barthel im ersten Lied “Nothing But Trouble” und gibt bereits den verheissenden Ton des Bittersüssen an. Phantogram baden im selben Synth-Tümpel wie etwa die Dum Dum Girls, Sleigh Bells und vielleicht sogar auch CHVRCHES. Sie baden jedoch an einer etwas düstereren Ecke, mit viel Schlamm. Dieser Schlamm besteht aus Trip Hop, R&B, Shoegaze und reduzierten elektronischen Klängen. “Black Out Days” ist ebenso dunkel und wie schön. Das “eyeyeyahhhhh”, welches wiederholt im Refrain auftritt, bewegt sich zwischen hochgradig infektiös und penetrant enervierend. “Fall In Love” nennt sich das nächste Stück und beginnt mit Streichern und endet in einer Verschwommenheit von Verzerrung. Fall in love? Ein Liebeslied? Nicht ganz:
“Love, it cut a hole into your eyes
You couldn’t see you were the car I crashed
Now you’re burning alive (…)”
“Never Going Home” ist melodienhaft ausgezeichnet gelöst und die Zurückhaltung der lobenden Worte für dieses Lied fallen schwer. Steven Drozd von den Flaming Lips bei diesem Stück mitgewirkt.
“The Day You Died” ist poppig-freudig gelöst und erinnert im Intro ein wenig an Best Coast oder Courtney Barnett. Ansonsten lässt sich zu diesem durchschnittlichen Lied nicht mehr sagen als: solid. “Howling At The Moon” ist ebenso ein wenig haspelnd nervös geworden. Und auch das nächste, “Bad Dreams” überspringt man gerne, um die im Titel genannten schlechten Träume zu verhindern.
Nach den 3 Hängerstücken, “The Day You Died”, “Howling At The Moon” und “Bad Dreams” geht es mit dem Song “Bill Murray” steil aufwärts. Einen Atemzug lang findet man hier The xx, ehe diese Impression durch einen Hauch wieder verschwindet. “I Don’t Blame You” wird von dem männlichen Part von Phantogram Josh Carter geträllert und ist so etwa wie ein regnerischer Morgen im Büro: Deprimierend, aber immerhin sitzt man drinnen und hat eine Tasse Kaffee vor sich. Nichts zu feiern, einzig die Fröhnung der eigenen Existenz zu der man gezwungen ist. “Celebrating Nothing” nennt sich dieser Zustand im Englischen. Phantogram setzen in diesem Lied musikalisch und textlich noch einmal alles auf schwarz. Schwarze Gedanken der Resignation werden in melodienhaften Pop transferiert:
“How many times can I blow it all
How many times will I burn it down
Give me a reason to stay alive
I’ve got the feeling we’re gonna die”
“My Only Friend” ist das leise leuchtende Schlusslicht von “Voices”.
FAZIT
Leise? Nur zunächst. Es scheint so, als würde im Lied “My Only Friend” die gesamte unterschwellige, ins Negative gesetzte Energie von “Voices” ausbrechen und eine Stimme erhalten. Alles in allem also definitiv ein Album, das man sich auf die “anhören”-Liste schreiben kann (falls jemand eine solche Liste überhaupt besitzen sollte?!). Unsere Stimme geht an Voices.
Note: 6 / 10
HIER KANNST DU STIMMEN HÖREN, DAS ALBUM “VOICES” VIA SPOTIFY:
KEEP BUZZIN
Tagged: album of the day, Album Review, Black Out Days, Indie, Musik, Never Going Home, Phantogram, Rezension, Synth, Voices