“Wohl kaum ein Gesicht steht sinnbildlicher für die Entwicklungen in der Welt der Großbanken als das von Josef Ackermann. Seit nunmehr zehn Jahren leitet der Schweizer die Deutsche Bank. Anläßlich dieses Jubiläums hat sich vor einem halben Jahr das Bündnis »Andere Banken braucht das Land!« aus verschiedenen Organisationen gebildet, das sich im Rahmen eines Dossiers mit der Ackermann-Bilanz beschäftigte und dessen Ergebnisse am Dienstag in Berlin vorstellte. Anwesend waren Vertreter der Gruppen »urgewald«, »foodwatch« und »Facing Finance«.
Die Liste der Kritikpunkte ist lang. So stünden ökologisch und sozial verträgliche Geschäfte entgegen eigener Aussagen gegenwärtig nicht auf der Tagesordnung, so der Vorwurf. In dem Dossier »Deutsche Bank – Die düstere Bilanz der Ära Ackermann« heißt es, daß trotz der Bemühungen um ein »grünes Image« die Geschäftspraktiken das Gegenteil bewirken. Die Deutsche Bank zählt auf internationaler Ebene zu den größten Geldgebern im Bereich von Kohlebergbau und -nutzung, tut sich aber auch bei Ausgabe und Besitz von Aktien und Anleihen sowie der Vorbereitung und Hilfe bei Börsengängen der entsprechenden Unternehmen hervor. Dazu kommt die Zusammenarbeit mit der Atomindustrie, der sie laut »urgewald« zwischen 2000 und 2009 Finanzdienstleistungen in Höhe von 7,8 Milliarden Euro bereitstellte. Damit ist die Deutsche Bank hierzulande das am engsten mit der Atomindustrie vernetzte Geldinstitut. Neben Großkunden wie E.on zählt unter anderem auch die Firma Tepco zu ihren Partnern – jenes Unternehmen, daß sich im letzten Jahr durch sein katastrophales Management des Reaktorfiaskos von Fukushima in die Schlagzeilen brachte.
Vorgänge dieser Art sorgen allerdings nicht dafür, daß die Selbstdarstellung als »globaler Unternehmensbürger« mit »Mitverantwortung bei der Bekämpfung des Klimawandels« aufgegeben wird. »Dem Anspruch, zur weltweit führenden Bankenelite zu gehören, wird Ackermann in keiner Weise gerecht«, erklärte Barbara Hoppe von »urgewald« gestern in Berlin. »Im Gegenteil: Oftmals hat die Bank in der Vergangenheit auch Geschäfte getätigt, die bei anderen Finanzinstituten längst auf dem Index stehen.« Dies wird insbesondere bei einem Blick auf die Finanzierung der Rüstungsindustrie deutlich. Bei Geschäften mit Herstellern von Rüstungsgütern wie Streumunition oder Atomwaffen sei die Deutsche Bank ausgesprochen kontaktfreudig. Nach Angaben von »Facing Finance« unterhält das Geldhaus Geschäftsbeziehungen von mindestens drei Milliarden Euro zu den weltweit fünf größten Waffenproduzenten. »Es ist schon zynisch, sich einerseits im Nachhaltigkeitsbericht zu rühmen, 83 Millionen Euro für Bildung, Soziales und Nachhaltigkeit zu zahlen und andererseits die TOP-5 der internationalen Rüstungsindustrie mit Milliarden-Krediten zu versorgen«, befand Thomas Küchenmeister von »Facing Finance«.
Eine ähnliche Doppelmoral wurde hinsichtlich der Geschäftspraktiken im Bereich der Nahrungsmittelspekulation kritisiert. Matthias Wolfschmidt von »foodwatch« verdeutlichte den Zusammenhang von steigenden Preisen der wichtigsten Getreidesorten und der wachsenden Anzahl hungernder Menschen. So litten während der Hochpreisphase von 2007/08 100 Millionen Menschen zusätzlich an Hunger. In dem Ende letzten Jahres veröffentlichen Report »Die Hungermacher« prangerte »foodwatch« die Rolle von Investmentbanken wie der Deutschen Bank an und forderte unter anderem Josef Ackermann in einem Offenen Brief dazu auf, Spekulationen auf Nahrungsmittelpreise zu unterbinden. In einer Antwort darauf erklärte dieser: »Kein Geschäft ist es wert, den guten Ruf der Deutschen Bank aufs Spiel zu setzen.« Trotz dieser vermeintlichen Einsicht blieben alle weiteren Bemühungen und Treffen erfolglos – ein für die Ära Ackermann offensichtlich typischer Verlauf.