Der Verkehr in Städten nimmt zu - Staus, Umweltverschmutzungen und Parkplatzprobleme sind die Folge. Doch Städte wollen grüner werden. Ökologische Nachhaltigkeit, flexible Mobilität und die Nachfrage nach Sicherheit wird lauter. All das bei ständig steigender Mobilität der Menschen, steigenden Bevölkerungszahlen in den Städten sowie steigenden Zulassungszahlen von PKWs und Pendlerzahlen. Auch die ständigen Überschreitungen von Umweltgrenzwerten, die bereits in einigen Städten zu (Diesel-)Fahrverboten führten, verschärfen die Problematik. Viele Akteure fordern seit einiger Zeit die Beschleunigung einer sogenannte Verkehrswende. Entsprechend verbreiten sich neue Mobilitätsangebote und entfachen offene Diskussionen rund um das Thema. Der Ansatz neuer Konzepte ist dabei ähnlich: Mit On-Demand-Technologien sollen Menschen von der Nutzung ihres privaten PKWs abgebracht werden und so die Straßen entleeren. Die Ridesharing-Unternehmen ermöglichen dabei die Abholung an einem Wunschort und den Transport zu einem gewünschten Ziel per Smartphone-App. Dabei bündeln sie ähnliche Fahrtanfragen von Kunden.
Doch inwiefern fördern die Services den nachhaltigen Ansatz der Städte und verringern die Anzahl von Fahrzeugen und tragen zur Umweltentlastung bei?"Mit Vollgas in den Verkehrskollaps"
Während Ridesharing Anbieter damit werben, dass das intelligente Teilen von Fahrten die Lösung der Verkehrsbelastung sei, kommt die ARD in ihrer neuesten Reportage "Mit Vollgas in den Verkehrskollaps" zu einem anderen Schluss. Viele der neuen Mobilitätsangebote wie free-floating Carsharing oder vom ÖPNV losgelöste neue Ridesharing Angebote würden die Probleme nicht lösen, sondern den "Verkehrskollaps" weiter verschärfen. Die ARD beruft sich dabei auf aktuelle Kundenbefragungen von Nutzern der neuen Angebote in Deutschland. Als weitere Quelle dienen Ergebnisse aus Nordamerika, wo Anbieter wie Uber und Lyft seit vielen Jahren weitgehend ohne Regulierung ihr Angebot auf die Straße gebracht haben. Die ARD kritisiert primär, dass sich durch die vielfache Nutzung von Ridesharing Angeboten durch frühere ÖPNV Nutzer die bestehenden Verkehrsprobleme weiter potenzieren. Grund dafür sei, dass der Flächenverbrauch der ÖPNV-Angebote im Vergleich zu Ridesharing Angeboten deutlich geringer und damit eine nachhaltigere Fortbewegungsform sei. Die Schlußfolgerung des Beitrags ist, dass die Bundesregierung sich überlegen solle, inwieweit eine Öffnung des bestehenden Personenbeförderungsgesetzes und damit eine Öffnung des Marktes wie in Nordamerika tatsächlich eine Verbesserung der Verkehrssituation bewirken würde. Oder, im Falle eines Rebound Effekts, das Gegenteil eintreten könne und damit noch mehr Verkehr auf Deutschlands Straßen verursachen würde.
Studie: The New Automobility
Eine wichtige Fragestellung, mit der sich auch die kürzlich erschienene Studie von Bruce Schaller intensiv beschäftigt. Anhand von veröffentlichten Forschungsergebnisse und neuen
verfügbare Daten aus einer nationalen Erhebung diskutiert Schaller, inwiefern die Dienstleistungen dem städtischen Verkehr zugute kommen.
Die Fahrdienstvermittler Uber und Lyft sind dabei prominente Beispiele. Ihr Serviceangebot wird in der Studie näher beleuchtet.
Folgende Punkte fassen die Hauptergebnisse der Studie zusammen:
- Die On-Demand-Services konzentrieren sich hauptsächlich auf wenige Großstädte
70% der Trips mit Uber und Lyft finden in neun großen, dicht besiedelten Ballungsräumen statt.
- Schaller kritisiert, dass die Ridesharing-Anbieter mit dem öffentlichen Nahverkehr konkurrieren, nicht mit dem privaten Pkw
Etwa 60% der Nutzer in städtischen Gebieten hätten die Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt, wäre der Fahrdienstvermittler nicht verfügbar gewesen.
- Schaller kommt zu dem Schluss, dass Lyft und Uber mehr Staus verursachen
Für jede private Meile, die durch den Service eingespart werden kann, wird eine Distanz von 2,8 Meilen verursacht. Dadurch wächst der Verkehr insgesamt auf 180 % an.
- Selbstfahrende Autos wären am nützlichsten in Form von Shuttle-ähnlichen Gruppenfahrten
Das Mobilitätsmodell für Lissabon zum Beispiel sagt aus, dass der Verkehr um etwa 50 Prozent zunehmen könnte, wenn Reisende autonome „reguläre Taxis" bevorzugen, die nicht geteilt werden. Andererseits zeigte das Modell einen Rückgang der Fahrzeugkilometer um 37% und die vollständige Beseitigung von Staus im Rahmen eines Shared-taxi-Szenarios.
Neue Mobilität habe den Städten viel zu bieten: Komfort, Flexibilität und On-Demand-Technologie. Aber eine Entlastung der Straßen könne dadurch dauerhaft nicht erreicht werden. Viele Ansätze werden derzeit diskutiert. Die Städte sind zerrissen zwischen einem flexiblen Angebot auf der einen und fehlender Sicherheit und Umweltfreundlichkeit auf der anderen Seite. Eine Lösung tritt aktuell verstärkt hervor: Die Entwicklung der Fahrdienste müsse in einem öffentlichen politischen Rahmen abgesteckt werden, um ihr Potenzial zu nutzen und den Interessen der Städte gerecht zu werden.
Aktuelle Beispiele zu Regulierungsgesetzen in Städten
So hat London dem Fahrdienstvermittler Uber nach einem Lizenzentzug nun einer Verlängerung für 15 Monate zugestimmt. Dies gestand ein Londoner Gericht dem US-Unternehmen Ende Juni zu. Die Lizenz ist mit Auflagen verbunden. Uber erklärt sich bereit, sich alle 6 Monate einer unabhängigen Untersuchung zu unterziehen und lückenlos über Beschwerden zu informieren.
Auch in New York wurden neue Bestimmungen für Ridesharing Unternehmen erlassen. Das Gesetz limitiert die Anzahl der Fahrzeuge, indem Lizenzen für neue Modelle vorerst nicht ausgestellt werden. Am Mittwoch stimmte der Stadtrat der Stadt gegen eine Lizenzierung der Zulassung. Aufgrund des starken Überangebots auf dem Taximarkt der Stadt New York, schreibt das neue Gesetzespaket zudem einen Mindestlohn für die Fahrer von Uber und Co. vor.
Zuvor boten Uber, Lyft und Via der Stadt New York City 100 Millionen Dollar in Form eines Hilfsfonds für Taxifahrer an. Als Gegenleistung fordern sie das Fallenlassen einer vorgeschlagenen Obergrenze für Lizenzen für Ridesharing-Fahrzeuge. Das Angebot wurde von staatlichen Behörden jedoch abgelehnt.
Hierzulande möchte die lokale Verkehrspolitik zunächst gesetzliche Regulierungen aktualisieren und sie auf das neue Angebot anpassen. Grund für die Überarbeitung der Anforderungen ist auch, Sicherheiten für die Taxibranche zu schaffen. Der Einsatz von Ridesharing Fahrzeugen im städtischen Kontext stehe in direktem Wettbewerb mit Taxi-Diensten und öffentlichen Verkehrsmitteln. Damit Ridesharing-Angebote zu einer neuen Form des öffentlichen Verkehrs mit geringer Kapazität und hoher Qualität werden, müsse die Verwaltung der Verkehrsdienste , einschließlich der Konzessionsregeln und -vereinbarungen, angepasst werden. Bisher fahren Unternehmen wie Moia und Allygator in Deutschland nur mit behördlichen Ausnahmeregelungen .