Aktivistin Angie über den Tierschutz und die Situation in Rumänien

Von Politropolis @sattler59

Die Tieraktivistin Angie berichtet über ihre Arbeit, ihre Gedanken zum Tierschutz und die Situation in Rumänien – Foto: © Angie Dingeldein

Nach zehn Jahren Selbstständigkeit in einer schwierigen Branche konnte ich dem permanenten Existenzdruck aus eigener Kraft nicht mehr standhalten. Ich erlitt einen totalen Zusammenbruch, bekam Depressionen und Panikattacken. Das Haus konnte nur noch in Begleitung von Familie oder Freunden verlassen. Es dauerte mehr als zwei Jahre und bedurfte professioneller Hilfe, die Unterstützung von Familie und Freunden, bis ich mich vorsichtig und langsam wieder dem Alltag stellen konnte. Ich wohne in der Schweiz und bin mit Hunden aufgewachsen. Daran erinnerte ich mich und bald darauf änderte sich mein bisheriges Leben.

Mein erster Hund zog ein…

Da ich das Glück habe, in einem Haus mit Garten zu leben, entschied ich mich dann, einen Hund aus dem Tierheim zu adoptieren. So kam Snoopy in mein Leben, die einzige gebürtige Schweizerin unter meinen Hunden. Ein Jahr später beschloss ich, einem weiteren Hund ein Zuhause zu geben. Für mich war von Anfang an klar, dass es ein Hund aus dem Ausland sein sollte. Ich informierte mich im Internet und fand Jimmi-Jo aus Rumänen, der Mitte Dezember 2011 sein Körbchen bei uns bezog. Mit ihm begann das Interesse am Tierschutz zu erwachen und ich begann weiter zu recherchieren.
Durch die Formalitäten für die Adoption stand ich in Kontakt mit einer Tierschützerin in Rumänien. Je mehr ich mich mit diesem Land befasste, umso mehr wurde mich klar, dass man den Menschen und den Tieren dort helfen musste. Ich überredete meine Freundin Claudia Spörri mich nach Bukarest zu begleiten um selbst herauszufinden, mit was – und vor allem wie – wir am besten helfen könnten. Im Februar 2012 war es dann so weit, Claudia und ich betraten zum ersten Mal rumänischen Boden. Wir waren auf das Schlimmste gefasst und hatten den Kopf voll mit schlimmen Schreckensbilder und Informationen, die uns auf den Weg mitgegeben wurden.

Es war ein aussergewöhnlich sonniger Wintertag, als wir in Rumänien ankamen. Auf der Fahrt zum Hotel sahen wir viele Strassenhunde, die gemütlich in der Sonne lagen. Sie lagen sogar unter den Bänken, auf denen Menschen saßen.

Jetzt galt es aber! Nach dem Einchecken in unsere Unterkunft wollten wir keine Zeit unnötig verstreichen lassen und liefen mit dem von uns mitgebrachten Futter etwas planlos in der Gegend herum mit der Vorstellung, die Hunde würden alle hungrig auf uns zugestürmt kommen. Wir mussten jedoch feststellen, dass die Hunde eher Scheu waren. Und wenn sich dann mal einer zu uns verirrte und an dem Futter roch, trottete er meist nach ein paar Streicheleinheiten wieder davon – ohne überhaupt von dem Futter anzunehmen. Dieses Verhalten der Straßenhunde hat uns etwas irritiert, denn gleichzeitig konnten wir immer wieder beobachten, wie die Hunde von den Einheimischen mit Essensresten gefüttert wurden, oft auch aus dem Auto heraus an einer Kreuzung. Dies würde vielleicht erklären, warum die Hunde oft wie aus dem Nichts auf die Strasse rennen – was eine der häufigsten Todesursachen der Tiere in den Städten zur Folge hat. Wir sind jedes Mal froh, wenn wir an unsere Einsatzorte ankommen, ohne auch nur ein Tier mit dem Auto erwischt zu haben. Viele Autofahrer riskieren dabei abenteuerliche Ausweichmanöver, um die Tiere nicht zu verletzen. Ich selbst habe nie erlebt, dass ein Auto absichtlich auf ein Tier zugehalten hätte, auch wenn dies immer wieder berichtet wird. Dass es in Rumänien Menschen gibt, die Tiere absichtlich überfahren, kommt sicher vor. Aber, wie bereits erwähnt, wir haben so etwas trotz der bereits unzähligen Kilometer, die wir bisher auf rumänischen Strassen unterwegs waren, noch nicht erleben müssen. Es ist uns viel mehr aufgefallen, dass sich die meisten Menschen den Hunden gegenüber eher gleichgültig verhalten.

In meiner fast zweijährigen Tierschutzarbeit in Rumänien kann ich nur auf einen einzigen Vorfall von Gewalttätigkeit gegenüber Hunden zurückblicken: es war nach einer Ankunft in Rumänien auf dem Parkplatz des Flughafens. Wir sahen einen torkelnden Hund – ich dachte erst, er sei angefahren worden. Dann ging alles sehr schnell. Zwei Frauen rannten auf den Hund zu, der fast gleichzeitig vom Flughafenpersonal aufgegriffen wurde. Die beherzten Frauen entrissen den Männern diesen Hund wieder, die diesen natürlich unter lautem Protest zurückforderten. Die Polizei kam hinzu und es wurde heftig weiter gestritten. Die beiden Frauen konnten jedoch die Polizisten überzeugen, den Hund aus seiner prekären Lage retten und Ihn zum nächsten Tierarzt bringen, wo sich herausstelle, dass er unter Beruhigungsmittel stand, ansonsten aber top fit war. Die Frauen erklärten uns, dass wie folgt „gesäubert“ würde: der Hund wäre einfach in den Beutel gestopft worden, wo er dann hätte qualvoll sterben müssen.

Unser erster Besuch in einem Shelter…

Am nächsten Tag wurden wir von den Tierschützerinnen an unserer Unterkunft abgeholt, damit wir das Shelter sehen konnten, wo mein Jimmi untergebracht war. Unterwegs kauften wir noch Futter und Medikamente für die Tiere und für die Futterplätze der beiden Frauen. Auf dem Weg zum Shelter sahen wir viele tote Hunde am Strassenrand. Wir sahen Hunde, die in einen erbärmlichen Zustand herumliefen. Umso weiter wir uns von der Stadt entfernten, desto magerer wurden die Hunde.

Bei Greta, einer der beiden Tierschützerinnen, angekommen wurden wir von weitem schon mit viel Gebell empfangen. Greta ist eine ältere Frau, die alleine 100 Hunde versorgt. Sie lebt in einem kleinen Haus. Im Winter lebt der grösste Teil der Hunde mit in dem Häuschen und uns bot sich ein Bild, das uns die Sprache verschlug.

In Rumänien – rechts der junge Arzt Dr. Aurelian Stefan – Foto: © Angie Dingeldein

Wir verteilten Futter und Greta freute sich über die Bilder von Jimmi und meiner Versicherung, dass es Ihm gut gehe und munter sei. Wir erfuhren dass die meisten Hunde dort nicht kastriert seien, was uns natürlich schockierte. Das konnte doch nur bedeuten, dass dort zwangsläufig noch weitere Welpen zur Welt kommen würden. Für mich wurde immer klarer dass es nur eine Lösung gibt: die Kastration. Es ist unmöglich, alleine durch Adoption die Lage der Tiere zu verbessern. Es sind ganz einfach zu viele…

Es quälten mich Grundsatzfragen…

Bereits auf dem Hinweg sahen wir einen Hund, der nur auf den Vorderpfoten lief und hielten an um zu sehen was Ihm fehlt. Er liess sich weder mit Futter noch mit guten Worten zu uns locken. Auch das Einfangen war unmöglich, obwohl wir noch Hilfe von einem jungen Mann erhielten. Seine Verletzung musste schon älter gewesen sein, da kein Blut zu sehen war. Wir liessen Ihm Futter da und fuhren weiter. Das Erlebte lies mich nicht mehr los und ich dachte darüber nach ob es für den Hund lebenswert sei oder ob man den Hund besser versuchen sollte ihn zu fangen, um Ihn zu erlösen. Als wir auf der Rückfahrt waren sah ich genau diesen Hund wieder. Er sonnte sich vor einer Kirchentür. Diese Frage stelle ich mir bis zum heutigen Zeitpunkt immer wieder. Wie weit soll – und vor allem darf der Tierschutz gehen, wo sind die Grenzen? Wo geht es nicht mehr um das Tier, sondern um das eigene Ich, darum, unser Gewissen ruhig zu stellen?

Ich wollte helfen…

Wieder in der Schweiz angekommen, wurde mir immer klarer, dass ich etwas tun will und so fragte ich im Facebook nach ob jemand Erfahrungen mit Kastrationsaktionen hat. Es meldete sich eine deutsche Tierschützerin, die mir den Kontakt zu Dr. Aurelian Stefan aus Craiova herstellte. Wir arbeiten seit unserer ersten Kastration mit Ihm und seinem Team zusammen. Claudia und ich verkauften Fotokalender und mit einem guten „Zustupf“ von Familie und Freunden konnten wir Anfang März die ersten 25 Kastrationen, die in bei Greta´s Shelter stattfanden, mit Dr. Aurelian Stefan durchführen lasse -, das einzige Projekt, bei dem wir nicht persönlich dabei waren.

Ich wusste, dass ich nur Spenden sammeln darf, wenn ein Verein dahinter steht, und so gründete ich zusammen mit unseren Gründungsmitgliedern den Verein “Einsatz für Tiere”.

Durch ein Gespräch mit Dr. Aurelian Stefan erfuhr ich dass er auch schon mit Susy Utzinger, die mir schon als Kind im Zusammenhang mit dem Tierschutz ein Begriff war, zusammen gearbeitet hat. Ich schaute mir Ihre Website an und entdeckte dort, dass bald ein Kurs bei „Certo Dog“ zur Tierschutz-Fachkraft beginnen würde. Ich besprach mich mit Claudia und wir waren uns einig dass es für unsere Tierschutzarbeit sicher von Vorteil wäre, wenn wir diese Schulung mitmachen würden. Ich bin sehr froh, dass wir diesen Lehrgang gemacht hatten, denn es half uns immer wieder unsere eigenen Entscheidungen zu überprüfen und durch die Gespräche mit den Fachleuten konnten wir uns ein Wissen aneignen, das uns bei unserer Arbeit schon viel geholfen hatte. Wir haben den Lehrgang im Oktober 2012 erfolgreich abgeschlossen.

Claudia und ich wurden zu einer großen Kastrationsaktion eingeladen…

Viel zu enge Transportbox – Manches Elend der Tiere ist der Armut geschuldet – Foto: © Angie Dingeldein

Dr. Aurelian Stefan lud Claudia und mich ein, an einer grossen Kastrationsaktion der „Romania Animal Rescue“ (RAR) teilzunehmen, um dort zu lernen, was wir für eine Kastrationsaktion benötigen, was wir organisieren müssen usw. So flogen wir im Mai 2012 wieder nach Bukarest und besuchten vor unserer Weiterreise noch ein Privatshelter in Bukarest. Dort boten sich uns verheerende Zustände.

Viele der Hunde waren krank und auch bei dieser Frau lebten mit Sicherheit über 100 Hunde mit im Haus. Die Tiere waren sehr mager und auch für diese Hunde kauften wir erst mal wieder Futter. In der folgenden Nacht fuhren wir mit dem Zug nach Botosani an den Einsatzort, wo wir am frühen Morgen eintrafen. Bei einem Frühstück lernten wir die Präsidentin Nancy James von RAR sowie die weiteren Helfer, die aus Amerika angereist waren, kennen.

“Aufwachstation” – Foto: © Angie Dingeldein

Ich hatte keine Ahnung davon, was mich erwartete…

Auf dem Weg zu dem Lokal, in dem die Kastrationen durchgeführt wurden, kam ich mit Dr. Aurelian Stefan ins Gespräch und musste ihm gestehen, dass ich noch nie bei einer OP dabei war und nicht wissen würde, wie meine Reaktion sei, wenn ich bei einer OP dabei wäre. Daraufhin wurde ich von Ihm im OP-Bereich eingeteilt, wo es meine Aufgabe war, die Instrumente und die Tische zu säubern und zu desinfizieren.

Rasieren – Vorbereitung zur OP – Foto: © Dr. Aurelian Stefan

Ich durfte auch bei einer Kastration zusehen und war fasziniert, wie klein der Schnitt der Keyholder-Technik ist, bei der man nicht mal in den Bauch rein sehen konnte. Ich merkte sehr schnell dass es mir lag, im OP-Bereich zu sein. Claudia war im Recovery eingeteilt, wo sie die Tiere nach der OP betreute. Ich folgte ihr später dorthin nach, nachdem ich die schlafenden Tiere von der Vorbereitung zur OP oder nach der OP weggetragen hatte. Wir lernten in diesen Tagen sehr viel über die Arbeit so dass wir uns zutrauten unter der Aufsicht von Dr. Aurelian Stefan selbst eine kleine Kastrationsaktion durchzuführen.

Wieder zuhause angekommen, sammelten wir wieder Spenden, machten ein Sommerfest mit Flohmarkt und hatten so im Oktober 2012 genug Geld zusammen, um unser erstes eigenes Projekt durchzuführen.

Wir begannen, die erste Kastrationsaktion selbst zu planen…

Dr. Aurelian Stefan vermittelte uns den Kontakt zu zwei Tierschützerinnen, die sich in einem öffentlichen Shelter um die Tiere kümmerten. Wir sagten für unsere erste Kastrationsaktion in Rumänien für 40 Kastrationen zu und die beiden Tierschützerinnen holten uns vorab die dafür notwendigen Bewilligungen ein, damit uns Zutritt zu dem Shelter gewährt wurde. In dieser Zeit lernte ich Gabi Fehr von SOS-Hundeseelen kennen, die wiederum gute Kontakte zu HAR hatte – ein privates Shelter nähe Bukarest. Wir beschlossen, auch dort einen Tag zu kastrieren und uns die Kosten zu teilen.

HAR ist eins der besten Shelter in Rumänien. Vor allem jetzt, seit es von Tantava nach Buftea umgezogen ist – die Hunde haben helle Innenzwinger, die alle mit einem Durchgang in ein Aussengehege verbunden sind. Die Hunde sind gesund und gut ernährt und werden tierärztlich kontrolliert.

Wo fängt Tierschutz an – und wo hört er auf…?

Ich habe schon viele “Private Shelter” in Rumänien gesehen und es stellt sich mir immer wieder die Frage, ob das noch Tierschutz ist. Meine Erfahrung zeigt, dass Shelterhunde sehr oft magerer sind als Strassenhunde. Sie haben keine Möglichkeit, sich selbst Futter zu beschaffen da sie in Zwinger eingesperrt sind. Fast immer sind es viel zu viele Hunde auf zu engem Raum. Kranke Tiere können nicht abgesondert werden und vielfach fehlt auch das nötige Wissen über die verschiedenen ansteckenden Erkrankungen, Geschlechter werden nicht getrennt – und vor allem fehlt es an dem nötigen Geld.

..mehr Infos über unsere Kastrationen und ausführlichen Berichten findet man übrigens unter www.einsatzfuertiere.ch


Publicshelter – die Hölle für Straßenhunde.

An dieser Stelle erwähne ich absichtlich keine Namen, da sich in diesem Jahr in den städtischen Sheltern die Lage für die Hunde und für die Arbeit der Tierschützer bereits extrem verschlechtert hat. Ich möchte nicht riskieren, dass die Tierschützer vor Ort Nachteile durch mich erhalten.

Als wir zum ersten Mal Kastrationen in einem Public Shelter planten, stellten wir uns auf schlechte Zustände ein. Aber was wir dort zu sehen bekamen, übertraf noch unsere schlimmsten Erwartungen. Bei unserem Eintreffen sah ich einen Arbeiter, der einen toten Hund achtlos hinter sich her schleifte. Ich wusste, dass ich mir nichts anmerken lassen und erst recht nichts sagen durfte, um unsere Aktion nicht zu gefährden. Im Praxisraum angekommen fanden wir OP-Besteck vor, das von unzähligen Blutkrusten verklebt war. Eigentlich war ein Tierarzt dort fest angestellt. Dieser ist jedoch die meiste Zeit nicht anwesend und wäre wohl eher als Metzger zu bezeichnen, wie sich an den Tieren noch zeigen sollte. Die ersten Hunde wurden gebracht – völlig verstört, brandmager und in schlechtester Verfassung, so dass unsere Ärzte gezwungen waren seitlich zu Operieren. Wir waren den Tränen nahe, denn ausser zu verhindern, dass in dieser Hölle noch mehr Welpen auf die Welt kommen, konnten wir nichts für die Hunde tun. Die Tiere werden einfach zusammengepfercht und es wird weder nach Geschlecht noch nach Grösse getrennt. Kranke Tiere werden zu gesunden gesetzt, denn so sterben sie, ohne dass man etwas dafür tun muss. Wir wurden von den beiden Tierschützerinnen, die uns begleitet haben, und von einem Arbeiter unterstützt – der einzige von ca. 20 Arbeitern, der mit den Tieren anständig umgeht, er fragte uns ob wir Material und Medikamente da lassen könnten und zeigte uns ein kleines Kästchen, in dem er alles aufbewahrte, um die Tiere wenigstens etwas medizinisch versorgen zu können. Die von ihm betreuten Hunde zeigten keine Angst – nicht so bei den Hunden der anderen Arbeiter. Wenn ich sie draussen beobachtete sah ich, wie die Tiere panisch zurückwichen, sobald sie auch nur in Sichtweite kamen. Vor allem sah ich bei keinem unserer Einsätze die anderen im Shelter arbeiten.

Mein Respekt gilt den Tierschützern vor Ort…

Ich habe grössten Respekt vor den Tierschützern, die sich um die Hunde in den Publicsheltern kümmern, denn die Zustände dort sind unmenschlich und unwürdig. Man wird mit so viel Leid konfrontiert. Dies erfordert unendlich viel Kraft. Die Tiere wurden schon bevor das neue Euthanasiegesetz in Kraft trat nicht eingeschläfert, denn das Mittel dafür ist teuer und landet meist in den Taschen der Verantwortlichen.

Damit aber genug Platz bleibt für Neuankömmlinge werden die Futterrationen so lange verringert, bis die Tiere sich selbst gegenseitig zu Tode beissen.

Es werden wohl in der Nacht auch illegale Tötungen durchgeführt; das war vorher so und jetzt ist es noch schlimmer. Zwinger sind massiv überfüllt und es kommt zu schweren Verletzungen die meist zum Tode führen.

Die Tiere werden brutal gemordet: sie werden totgeschlagen, ersäuft, Essigspritzen ins Herz (das meist durch das Personal durchgeführt wird, das nicht weiß, wo sich das Herz genau befindet), sie werden ausgehungert, kranke Tiere zu gesunden gesetzt.

Es gibt noch mehr Beispiele aber ich denke es reicht auch schon so. Für Tierschützer ist die Arbeit nur noch unter sehr schwierigen Bedingungen durchführbar und vielfach wird ihnen der Zutritt zu den Tieren verweigert. Sie müssen hilflos zusehen, wie die Tiere qualvoll sterben.

Meine persönlichen Ansichten zu Rumänien.

Ich habe mich mit vielen Menschen unterhalten, manchmal mit Händen und Füssen. Ich sehe die grosse Armut bei den Menschen, die schwierigen politischen Verhältnisse, die vielen Tiere, die auf der Straße leben.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die rumänische Bevölkerung nicht – wie es im zur Zeit vielfach dargestellt wird – die blutrünstigen Tiermörder sind, sondern dass vielen die Tiere einfach egal sind. Ich habe jedoch immer wieder beobachten können, dass Menschen offen Ihre Liebe zu Tieren zeigen. Ein Beispiel: Wir standen auf einem Parkplatz inmitten von Bürokomplexen und Geschäftshäusern, es regnete und suchten etwas in unserem Koffer. Zu uns gesellten sich zwei Strassenhunde, die sehr schmutzig waren und neugierig schauten, ob wir vielleicht etwas Futter für Sie dabei hätten. Natürlich hatten wir etwas Leckeres anzubieten. Eine Dame, die sehr elegant gekleidet war, kam auf uns zu, streichelte die beiden Hunde ausgiebig und verabschiedete sich dann von den Hunden und uns. Wir standen ganz perplex da, denn damit hatten wir nicht gerechnet.

Was viele auch nicht wissen ist, dass nicht jeder Hund, den man auf der Strasse sieht, automatisch ein Strassenhund ist – und genau da liegt auch eins der Hauptprobleme: Hunde die Besitzer haben laufen genauso frei draussen herum wie die Straßenhunde und auch Sie vermehren sich.

Diese Welpen werden dann später in einer Schachtel auf einem Feld oder im Wald ausgesetzt. Wenn sie Glück haben werden sie gefunden, sonst sterben sie einen qualvollen Tod durch Hitze, Kälte oder sie verhungern oder verdursten einfach. Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass man auch die Haus- und Hofhunde kastriert.

Welpen werden einfach in einer Schachtel ausgesetzt und überleben nur mit viel Glück – Foto: © Angie Dingeldein

In den Städten war das Leben eines Strassenhundes bislang leichter, da es viele Nahrungsquellen gibt, auch hatte fast jedes Quartier jemanden der dort einen Strassenhund fütterte und sich um Ihn sorgte. Mir ist sehr wohl bewusst dass es sicher auch Vorfälle gab und gibt, in denen Menschen hasserfüllt Tiere töten und das nicht erst jetzt sondern auch vorher schon, gerade in Randbezirken, in denen Drogensucht und Alkohol gepaart sind mit Arbeitslosigkeit. In diesen Gebieten ist die Gewalt naturgemäß sehr hoch.

Als ich im Januar dieses Jahres ein Praktikum in der Klinik von Dr. Aurelian Stefan gemacht hatte, wurde ich immer wieder mit der Tatsache konfrontiert, dass man die Tiere um jeden Preis retten will. Es wurden Tiere “zusammengeflickt“, bei denen ich mich immer wieder fragen musste, ob das im Sinne der Tieres war. Ein weiteres Thema ist das Einschläfern von Tieren, die im Endstadium von schweren und unheilbaren Erkrankungen lagen und es keine Hoffnung mehr auf Genesung gab – aber die Besitzer oder Tierschützer, die die Tiere gefunden hatten, zeigten kein Einsehen. Meist mussten wir die armen Tiere aufnehmen bis sie dann qualvoll starben. Oftmals mit grossen Schmerzen, da die Schmerzmittel nichts mehr halfen.

Eine Frage stelle ich mir immer wieder. Ein Beispiel ist ein relativ aktueller Fall, den ich im Facebook verfolgt habe: da wurde ein Hund ins Leben zurückgeholt dem die Hälfte des oberen Kiefers fehlte. Mir ist bewusst, dass das ein Thema ist, bei dem man nie einer Meinung sein wird, ich jedoch denke es wäre für das Tier eher eine Erlösung, wenn man es einschläfern würde.

Letzten September waren wir in der Nähe von Bukarest. Rund um den Flughafen sah man fast keine Strassenhunde mehr – ein trauriges Bild für mich. Wie ich von der Tierschützerin Gabi Fehr erfahren musste, war sie gerade ebenfalls in Rumänien. Sie berichtet, dass es in den Städten ebenfalls aussieht wie ausgestorben. Sobald man jedoch die Stadt verlässt, kommen auch die Strassenhunde wieder zum Vorschein. Meiner Meinung nach ist Bukarest die schlimmste Stadt, was das massenhafte Einfangen und töten der Hunde betrifft.

Man hört und liest immer wieder, dass einem mittlerweile die Hunde beim Spazierengehen entrissen werden. Keiner meiner Kontakte war von einem solchen Vorfall persönlich betroffen. So wie es sich für mich darstellt, sind dies eher Einzelfälle. Was jedoch alle berichten ist, dass die Einfangmetholde sehr brutal ist und es offensichtlich beabsichtigt ist, dass die Tiere bereits beim Einfangen sterben.

Die Armut in Rumänien sehr gross ist braucht es Unterstützung aus dem Ausland. Wenn die zahlreichen Tierschutzorganisationen nicht kastrieren würden, gäbe es noch viel mehr Hunde auf der Strasse, die eingefangen werden um zu sterben.

In dem Dorf, in dem wir unsere Kastrationsaktionen durchführen, wurden wir immer wieder angehalten und gefragt ob wir Ihr Tier auch kastrieren würden. Die Menschen wissen, dass etwas geschehen muss und sind bereit Ihre Tiere zu uns zubringen. Dies ist für uns ein grosser Erfolg!

Ich habe große Bedenken, wenn ich beobachte, wie viele Tiere jetzt ins Ausland geschafft werden -wie viele davon auf Pflegestellen kommen oder adoptiert werden. Die Menschen meinen es gut wenn sie ein Tier in ihrer Familie aufnehmen. Damit ist es aber nicht getan. Viele nehmen einen Hund auf ohne sich vorher im Klaren zu sein, was vielleicht auf sie zukommt. Sie informieren sich nicht richtig und werden auch nicht richtig informiert. Dann müssen sie feststellen, dass sie und ihre Familie mit der Situation überfordert sind und geben den Hund im Tierheim ab oder reichen ihn weiter. Es gibt immer wieder Menschen die glauben, ein Tier müsse ja schliesslich dankbar sein, denn schliesslich wurde es ja gerettet. Ein Tier kennt aber den Begriff „dankbar“ nicht, hat aber dafür sein Köpfchen voll mit schlechten Erlebnissen. Für die Menschen heisst dies, dass sie bereit sein müssen, viel Geduld und noch mehr Liebe zu geben. Genau das jedoch haben viele Menschen nicht und so wandern die Tiere von einem Ort zum anderen und landen letztlich in Tierheimen. Vor allem wenn keine seriöse Organisation dahinter steht, die die Hunde wieder aufnehmen können um dann in Ruhe eine geeignete Familie für den Hund zu finden.

Ich denke, spätestens auf die Weihnachtszeit hin werden in vielen Public Sheltern die Massentötungen beginnen und wenn es bis dahin nicht möglich ist eine Lösung zu finden, die garantiert und vor allem überwacht wird, dass die Tiere korrekt eingeschläfert werden, dann steht den Tieren ein qualvoller Tod bevor.

Die Rumänen sind kein Volk von Mördern…

Es gibt mittlerweile immer mehr Bürgermeister die sich gegen Tötungen und für Kastrationen aussprechen. Es zeigt sich auch hier, dass es nicht ein Volk von Mördern ist wie es immer wieder dargestellt wird. Die Übeltäter findet man in der Regierung, in der Korruption immer noch weit verbreitet ist. Bürger, die sich nicht für den Tierschutz einsetzen finden es ebenso schrecklich was in Ihrem Land passiert – das zeigt sich dadurch, dass doch viele Rumänen Tiere aus den Publicsheltern adoptieren.

Wir neigen immer dazu in anderen Ländern Missstände zu sehen und vergessen dabei, dass es auch in unseren Ländern – gerade auch in der Schweiz, die ja ein sehr strenges Tierschutzgesetz hat, immer wieder Vergiftungsvorfälle gibt, ebenso Tierquäler, die Tiere zu Tode quälen und die Strafen sind meist als zu milde zu bezeichnen.

Wir müssen immer das Ganze sehen. Wir haben in Rumänien ein Land, das in der Entwicklung in vielen Dingen noch nicht im zwanzigsten Jahrhundert angekommen ist,  jedoch längst von “westlichen Investoren” ausgebeutet wird. Es werden z. B. Wälder im grossen Stil günstig aufgekauft und abgeholzt. Ähnlicher Raubbau geschieht in der Landwirtschaft. Die meisten Menschen leben in großer Armut. Es waren jedoch die ganz armen Leute, die uns Früchte oder Gemüse aus dem Garten als Dankeschön brachten.

Wenn wir es schaffen die Menschen aufzuklären, wenn wir in Schulen die Kinder über die Tiere informieren und Ihnen ein besseren Umgang dazu vermitteln können, haben wir viel erreicht.

Die Kastrationen müssen vermehrt und strukturiert durchgeführt werden, um so den Kreislauf durchbrechen zu können. Es müssen Gespräche mit Bürgermeistern geführt werden, um im besten Fall erreichen zu können, dass die Besitzer gezwungen werden können ihre Tiere zu kastrieren.

Vielleicht haben so in ferner Zukunft die Tiere eine Chance auf ein artgerechtes Leben.

für politropolis von Angie Dingeldein

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Quellen – weiterführende Links

Text und Fotos mit freundlicher Erlaubnis der Autorin
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