Aktiv Zuhören? Kein Problem! Dem Gesprächspartner konzentriert lauschen, regelmäßig den Kopf nicken und ab und zu die Aussagen mit einen ‚Ja‘ oder kurzen Grunzlaut bestätigen. Alles klar verstanden. Bitte nächstes Thema. Doch Moment: so ganz platt ist es dann doch nicht, das Aktive Zuhören. Zumindest, wenn Du nicht nur gut, sondern exzellent aktiv zuhören möchtest. Im Beitrag stelle ich Dir das Standardwerkzeug für Unternehmensberater vor.
Ab wann aus Zuhören ein ‚Aktiv Zuhören‘ wird
Im Vorstellungsgespräch und in Jahresgesprächen tust Du es. Bei Kundeninterviews und Status-Meetings ebenfalls. In Telefonkonferenzen und Videositzungen sowieso. Das Zuhören. Seit Kindesalter hörst Du Deinen Mitmenschen zu. Über die Jahre verfeinerst Du Deine Zuhörtechniken bewusst und unbewusst, und spätestens im Berufsleben stolperst Du über den Fachbegriff ‚Aktiv Zuhören‘. In der Regel wird dieser schnell abgehandelt. Aussagen des Gesprächspartners mit Nicken und Bejahen kurz quittieren, fertig ist die Kiste. Dabei ist Aktives Zuhören viel mehr.
Das Onlinelexikon Wikipedia definiert den Begriff ‚Aktives Zuhören‘ folgendermaßen:
Unter aktivem Zuhören wird in der interpersonellen Kommunikation die gefühlsbetonte (affektive) Reaktion eines Gesprächspartners auf die Botschaft eines Sprechers verstanden.
– Wikipedia, Stand 08/2018
Im Kern steht eien bewusste, gefühlsbezogene Rückmeldung bei einer Interaktion zwischen Menschen. Diese kann verbal und non-verbal erfolgen. Der US-Amerikaner Carl Ransom Rogers beschrieb die Technik erstmals als Werkzeug für die Klientenzentrierte Psychotherapie. Von ihm stammen auch die vier Stufen des Hörens: 1. Wahrnehmen/erkennen, 2. Zuordnen, 3. Abwägen/beurteilen und 4. Antworten.
Doch keine Angst. Wir vertiefen an dieser Stelle nicht die Grundlagen zwischenmenschlicher Kommunikation. Dafür gibt es lesenswerte Bücher mit reichlich Modell-, Methoden- und Praxisfutter. Zu empfehlen sind das bereits auf Consulting-Life.de vorgestellte Kommunikation von Peter Brandl sowie Rhetorik* von Michael Ehlers.
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Was Dir Aktives Zuhören bringt
Soweit zu den Hintergründen. Doch was nützt Dir Aktives Zuhören in Deiner Beratungspraxis? Eine ganze Menge. Nachfolgend eine Liste mit Vorteilen und Stärken des Aktiven Zuhörens:
- Zeitgewinn: Fragen stellen, Zusammenfassen, Worte wiederholen – aktives Zuhören verschafft Dir wertvolle Zeit. Zeit die Du zur Formulierung einer Frage, zum Merken der empfangenen Fakten oder schlicht zur Reflexion des Gesagten verwenden kannst.
- Beziehungsvertiefung: Menschen mögen es, wenn ihnen zugehört wird. Insbesondere sobald Du als Zuhörer Deine Anteilnahme und Wertschätzung durch aktive Rückmeldungen bekundest, baut der Sprecher zu Dir eine Vertrauensbeziehung auf.
- Wissensaufbau: Aktives Zuhören zwingt Dich wach zu bleiben. Hellwach. Während der Konversation bist Du auf Empfangsmodus – volle 100 Prozent. Jeden Fakt, jeden Zusammenhang, jede Besonderheit nimmst Du auf und speicherst diese ab.
- Fehlerreduktion: Im täglichen Tun beruhen viele Fehler auf Missverständnissen. Diese reduzierst Du, indem ganz genau hinhörst und mehrdeutige, oberflächliche oder unzureichende Aussagen hinterfragst.
Aktives Zuhören zieht deutlich mehr Energie als normales Zuhören. Neben dem Inhalt konzentrierst Du Dich auf Deinen Gesprächspartner und Eure zwischenmenschliche Interaktionen. Diese Intensität auf zwei Ebenen kostet Kraft. Die gute Nachricht: wie beim Sport gilt – je umfassender Dein Trainingspensum, desto stärker wächst Dein verfügbares Reservoir zum aktiven Zuhören.
Wie Aktives Zuhören funktioniert – die 7+1 Grundprinzipien
Gehen wir jetzt in die Praxis. Nach über 10 Jahren Consulting haben sich für mich 7 Grundprinzipien bewährt.
Grundprinzip 1: Perspektive wechseln
Aktives Zuhören startet bereits vor dem Gespräch. In welcher Situation steckt Dein Diskussionspartner? Was treibt ihn? Mit welchen Augen sieht er die Welt? Versetze Dich in die Perspektive Deines Gegenübers. Fühle Dich ein.
Grundprinzip 2: Präsent sein
Sobald Du mit einer Person sprichst, agierst Du im hier und jetzt. Daher: Kein paralleles Laptop-Geklapper. Kein Smartphone-Gewische. Kein Nebengespräch-Geführe. Du bist präsent, zu 100 Prozent für das Gespräch da. Zuhören ist nicht Hören und auch nicht Hinhören. Daher: kein Multitasking beim Zuhören, niemals.
Grundprinzip 3: Ausschließlich zuhören
Du kennst die besprochenen Themen bereits? Problem und Lösung sind Dir bekannt? Im Gespräch erfährst Du nichts Neues? Aktives Zuhören – jetzt erst recht! Lasse Dein Gegenüber sprechen, seine Sätze ausformulieren und seinen Gedanken Raum einnehmen. Halte die Pausen aus. Weniger die Inhalte, sondern die Art wie gesprochen zählen. Du möchtest verstehen, nicht antworten.
Grundprinzip 4: Fragen stellen
Wer, Was, Warum, Wie, Weshalb, Wozu, Womit, Wodurch, Wieso, Wann, Welche,… – alle diesen Begriffen ist gemein, dass sie am Anfang eines offenen Fragesatzes stehen. Auch als aktiver Zuhörer darfst Du kurze – möglichst offene – Fragen stellen und Euer Gespräch damit am laufen halten. Die Inhalte Deiner Worte sind Dir 100 Prozent bekannt. Die Deines Gesprächspartners nicht.
Grundprinzip 5: Gesprächspartner würdigen
Meine Idee. Mein Vorgehen. Mein Projekt. Verkehrte Richtung! Beim Aktiven Zuhören gehen es nicht um Dich, Deine Meinung oder Deine Erlebnisse. Was zählt ist Dein Gesprächspartner. Ausschließlich. Rücke ihn ins Zentrum und ernenne ihn zum Star. Er hat was zu sagen, eine Ansage zu machen, Eure Gesprächsthemen zu bestimmen.
Grundprinzip 6: Körpersprache nutzen
Das Nicken ist Dir klar. Der offene Blickkontakt sicher auch. Aber wie stets mit Hinwendung Deines Oberkörpers und Kopfes in Richtung Gesprächspartner? Das kerzengerade Sitzen auf der Stuhlkante? Das sprichwörtliche Kleben an den Lippen Deines Gegenübers? Nutze beim Aktiven Zuhören auch eine aktive Mimik & Gestik. Und lese in der Körpersprache des Sprechers.
Grundprinzip 7: Gesagtes bestätigen
Die Zauberformel lautet PWZZ – die Aussagen paraphrasieren, wiederholen, zusammenfassen und zustimmen. Du fasst das Gesagte mit Deinen Worten zusammen, wiederholst 1:1 die Worte, resümierst die Inhalte oder stimmst dem Gesprächspartner zu. Das Extra-Sahnehäubchen: Du nennst Deinen Gesprächspartner dabei bei seinem Namen (siehe Prinzip 4).
Bonusprinzip: Notizen anfertigen
Kündige zu Beginn eines Dialogs an, dass Du die besprochenen Inhalte gerne in Stichpunkten festhalten möchtest. In 99 Prozent aller Fälle stimmt Dein Gesprächspartner diesem Vorgehen zu, signalisiert Dein Vorschlag erneut Dein Interesse und Respekt für das Thema. Dich zwingt das Mitschreiben zum Aktiven Zuhören. Bereits das Kritzeln eines Stiftes zeugt von Anteilnahme.
Weitere Tipps, Techniken und Methoden zum Aktiven Zuhören
Interesse an weiteren Tipps? Das Web bietet Dir eine Fülle von Erklärvideos und Anleitungsartikeln. Die folgende beiden englischsprachigen Ted Talks kann ich Dir in Sachen Aktiv Zuhören 2.0 ans Herz legen.
Auch findest Du im Consulting-Life Beitrag Neuro-Linguistisches Programmieren – 3 wirkungsvolle Techniken für Consulting-Interviews sowie im Vorgängerbeitrag Aktives Zuhören – im Beifahrersitz schneller zum Ziel weitere nützliche Tipps und Techniken.
Fazit
Viele Unternehmensberater reden gerne. Von ihren Verbesserungsmodellen und Erfolgskonzepten, von ihren Kundenprojekten und natürlich sich selbst. Schnell fühlt sich ein Gesprächspartner dabei überrumpelt. Stoppe bei den nächsten Meetings und Interviews einmal gedanklich die Zeit. Wie viel sprichst Du? Wie viel hörst Du zu?
Lege den Hebel um. Du sprichst maximal 40 Prozent der verfügbaren Zeit. Die verbleibenden 60 Prozent bist Du im Modus ‚Aktiv Zuhören‘. Wie gut gelingt Dir das?
> Greife Dir für Deine nächste Diskussion eines der Grundprinzipien für Aktives Zuhören heraus und teste dieses aus. Beginne in einfachen Meetings, mit Personen, die Dir Vertraut sind. Schrittweise erweiterst Du Dein Repertoire und wendest die Prinzipien auch für anspruchsvolle Gespräche an.