Millionen Menschen sind dem Aidserreger HIV bis heute zum Opfer gefallen. Er macht auch vor dem Gehirn nicht halt und zerstört dort nach und nach die Nervenzellen. Die Folge: Demenz! Ärzte versuchen das Virus in Schach zu halten.
Aus: Gehirn&Geist;, November 2011
Durch die bessere medizinische Versorgung überleben Aidspatienten heute deutlich länger als zu Beginn der Epidemie. Doch das Virus kann über die Blutbahn ins Gehirn der Infizierten vordringen und hier sein vernichtendes Werk fortsetzen. "Neuro-Aids", wie diese neue Gefahr inzwischen genannt wird, hat sich zu einem zunehmenden Problem entwickelt. Die Medizinerin Gabriele Arendt von der Universität Düsseldorf schildert in der neuen Ausgabe des Magazins Gehirn&Geist; (Heft 11/2011) den aktuellen Stand der Forschung.
Wie Neuromediziner herausfanden, passiert HIV über befallene Blutzellen die Blut-Hirn-Schranke und kann sich dann im Gehirn weiter vermehren. Durch die Infektion werden Giftstoffe freigesetzt, die die Hirnzellen nach und nach zerstören. Lange merken die Betroffenen – und ihre Ärzte – nichts davon. Es stellen sich zunächst scheinbar harmlose Konzentrationsstörungen, Gedächtnislücken oder depressive Verstimmungen ein. Im Lauf der Jahren verschlechtert sich der Zustand jedoch immer mehr, so dass die Patienten schließlich berufsunfähig werden und am normalen Alltag scheitern – sie werden zum Pflegefall. Etwa ein Drittel aller Aidspatienten sind von dieser HIV-assoziierten Demenz betroffen.
Gegenmittel sind bislang rar, denn die Aidsmedikamente, mit denen sich das Virus im Blut unterdrücken lässt, wirken nur bedingt im Gehirn. Allerdings hat die Arbeitsgruppe von Gabriele Arendt entdeckt, dass bestimmte Botenstoffe des Immunsystems – so genannte Zytokine – eine wichtige Rolle bei der HIV-Infektion des Gehirns spielen. Denn der Erreger greift direkt in die immunologische Kommunikation ein und löst so die chronischen Entzündungen des Gehirns aus. Die Wissenschaftler wollen nun herausfinden, ob sich über die Zytokine diese Entzündungen stoppen lassen.