Zwei Jahre nach der umstrittenen Wahl vom 12. Juni 2009, in der sich Mahmoud Ahmadinejad an der Macht zu halten vermochte, bleibt die Menschenrechtslage in Iran katastrophal. Die Sicherheitskräfte wenden weiterhin Gewalt gegen friedliche DemonstrantInnen an und haben Tausende festgenommen. Viele Festgenommene wurden gefoltert oder misshandelt, Hunderte wurden zu Haftstrafen verurteilt, einige zum Tod. Die Urteile wurden oft nach unfairen Verfahren gefällt, die Haftbedingungen sind miserabel.
Die Oppositionsführer Mir Hossein Mousavi und Mehdi Karroubi, die in der Wahl vom Juni 2009 gegen Ahmadinejad angetreten waren, befinden sich zusammen mit ihren Ehefrauen Zahra Rahnavard und Fatemeh Karroubi seit über 100 Tagen unter Hausarrest, unter den sie ohne Gerichtsbeschluss gestellt wurden. AktivistInnen, die über Menschenrechtsverletzungen und das herrschende Klima der Straflosigkeit berichten wollten, wurden verhaftet. So erging es beispielsweise Mehdi Mahmoudian, der Informationen über die Folterung von Untersuchungshäftlingen gesammelt hatte. AnwältInnen, die die Opfer staatlicher Repression verteidigen, werden ihrerseits verfolgt, nur weil sie in gesetzeskonformer Weise ihren Beruf ausüben.
Steigende Anzahl von Hinrichtungen
Gleichzeitig stieg die Zahl der Todesurteile und Hinrichtungen weiter an. Dies kann als Strategie der iranischen Regierung zur Abschreckung der Bevölkerung verstanden werden: Nachdem öffentliche Proteste Anfang des Jahres die Regierungen von Tunesien und Ägypten zu Fall brachten, soll jede öffentlich Unmutsäusserung im Keim erstickt werden. Menschenrechtsverletzungen gehen weiter in einem Klima der fast vollständigen Straflosigkeit, in dem die Verantwortlichen für Missbräuche fast nie zur Rechenschaft gezogen werden.
Der Einsatz von Amnesty für Gewissensgefangene
Im vergangenen Jahr hat sich Amnesty International intensiv für die Menschen eingesetzt, die seit der Wahl 2009 aus politischen Gründen festgenommen wurden. Leitend hierfür sind die Worte des Journalisten Maziar Bahari anlässlich seiner Freilassung: «Der schlimmste Alptraum der Gefangenen ist es, vergessen zu werden». Amnesty International tut alles, damit dieser Alptraum nie Realität wird und hat für die Freilassung von sieben beispielhaften Gewissensgefangenen gekämpft, die stellvertretend für zahllose andere ausgewählt wurden. Leider befinden sich sechs von ihnen immer noch in Haft, während eine Person bedingt freigelassen wurde. Einige von ihnen wurden nach unfairen Verfahren aufgrund von vagen Anklagen zu weiteren Gefängnisstrafen verurteilt – weil sie auch im Gefängnis versucht hatten, ihr Recht auf freie Meinungsäusserung wahrzunehmen.
Unfaire Prozesse
Die Standards der Gerichtsverfahren haben sich weiter verschlechtert, was sich an einer Reihe von massiv unfairen Prozessen gezeigt hat. Seit der Wahl im Juni 2009 hat die iranische Justiz weitere Massnahmen zur Einschränkung der freien Meinungsäusserung wie auch des Rechts auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit ergriffen. Leitende Justizbeamte haben Kritik seitens der Uno-Menschenrechtsorgane wie auch anderer Regierungen oder NGOs öffentlich zurückgewiesen.
Die Forderungen von Amnesty
Amnesty International ruft die iranische Regierung auf, die Verfolgung von Frauen- und MenschenrechtsaktivistInnen, GewerkschafterInnen, StudentInnen und anderen einzustellen und ihre Verpflichtungen unter internationalen Menschenrechtsverträgen einzuhalten, insbesondere in Bezug auf die Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte.
Amnesty International fordert zudem die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Gewissensgefangenen und anderer Gefangener, die nicht in fairen Verfahren und aufgrund von eindeutig kriminellen Taten verurteilt wurden. Alle Gefangenen müssen sofort und regelmässig Zugang zu einem Anwalt ihrer Wahl bekommen, Kontakte mit ihrer Familie und medizinische Behandlung müssen ermöglicht werden, und sie müssen vor Folter und Misshandlung geschützt werden. Personen, die gefoltert oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben, müssen vor Gericht gestellt werden.
Im März hat der Uno-Menschenrechtsrat seiner Besorgnis über die sich ständig verschlechternde Situation in Iran durch die Ernennung eines Sonderberichterstatters zur Menschenrechtslage in Iran Ausdruck verliehen. Dieser wird die Lage beobachten und dem Menschenrechtsrat regelmässig Bericht erstatten. Ob die iranischen Behörden, insbesondere die Justiz, dem Sonderberichterstatter die Einreise nach Iran erlauben und mit ihm zusammenarbeiten, wird sich zeigen. Amnesty International fordert sie dazu auf.
[Quelle: Amnesty International Schweiz]
21. Juni 2011