10.05.2011Artikel zu Iran Hintergrund erstellt von Dr. Forud Haidari
Beitrag von Dr. Forud Haidari bei der Konferenz "Vielvölkerstaat Iran" am 30.04.2011 in Wien: Hauptthesen und Grundsätze der Ahl-e-Hagh Religion: Zu den wichtigsten Merkmalen zählen der Dualismus von Gut-Böse, der Glaube an Wiedergeburt und die Engelsverehrung.
Die Schöpfungslegende der Ahl-e-Hagh erzählt, dass sich Gott in der Vorzeit in einer Perle befunden hat. Bei der Entstehung der Welt öffnete sich die Perle und Gott erleuchtete mit seinem Licht sieben Engel, die für den Bereich des Himmels eingesetzt wurden( ''Haften"), etwa für die Sterne. den Mond und die Sonne und sieben Engel ( "Haftawaneh" ), die für die Belange der Erde und der Menschen zuständig waren. Parallelen hierzu finden sich in der Religion des Zarathustra, der ca.600 vor ''Christus' die Kulturen der Arier zu einer Kultur vereinigte. Als Zeichen der Vereinigung übernahm er den Namen eines der Götter (Ahuramazda=Herr des Wissens) und behielt andere Götter als Heilige ("Amsaspandan") bei, z.B. "Bahmna" (gutes Denken), "Ordibehsesht" (die Gerechtigkeit), "Schahriwar" (die Kraft), "Chordat" (die Glückseligkeit), etc...
Ahl-e-Hagh ist eine monotheistische Religion, die sich aber in ihrer Struktur von den drei anderen monotheistischen Religionen unterscheidet. Es gibt nur einen Gott, dessen Licht sich jedoch durch die sieben Engel im Laufe der Zeit immer wieder in einzelnen Menschen manifestiert. Dies geschieht in sieben Perioden, wobei in jeder Periode ein Mensch von Gott erleuchtet wird und die göttlichen Eigenschaften sichtbar werden lässt. Der erste dieser Menschen war Bahlul, der im Jahre 750 n. Chr. mit den Kurden aus Guran/Westiran gegen den islamischen Kalifen von Bagdad, Harun-al-Raschid kämpfte. Sultan Sohal gründete in der 5. Periode (900 n. Chr.) 11 Dynastien, die für die Verbreitung und Erhaltung der Religion verantwortlich waren.
Was den Dualismus betrifft, glauben die Ahl-e-Hagh, dass der Teufel als Symbol für das Böse eingesetzt wurde, um, als Gegensatz für das Gute, das Gute sichtbar zu machen. Sie verdammen den Teufel nicht, da er nur eine von Gott befohlene Aufgabe erfüllt, und werden daher von manchen als Teufelsanbeter bezeichnet. Auch in der Religion des Zarathustra gilt die Dualität des Guten und des Bösen oder von Licht und Finsternis. Ebenso nahm die Religion des Manichäismus, die im 3. Jh.n. Chr. vom Maler Mani gegründet wurde, einen radikalen Dualismus an. Demnach gibt es einen Herrscher des Lichtreiches und einen König der Finsternis. Aus Mischung des Lichtes und der Finsternis (Geist und Materie) entstanden in der Lehre des Manichäismus Welt und Mensch. Die Menschen können ihre Erlösung in der Trennung des Lichtes von der Finsternis finden, wobei der Wissende diesen Vorgang durch Enthaltsamkeit beschleunigen kann.
Eine weitere Glaubensthese der Ahl-e-Hagh ist der Glaube an Wiedergeburt. Demnach kann jede Seele bis zu 1001mal wiedergeboren werden, je nach begangenen Taten in höherer oder niederer Form. Nach dem 1001.Mal, manchmal schon früher, ist die Seele rein und gelangt in den Himmel. Der Glaube an Seelenwanderung und an die Unsterblichkeit der Seele ist charakteristisch für die iranischen Mythen vor Zarathustra, die Zeit des Mithraskultes. Mithras ist ein seit mindestens 1000 v. Chr. im Iran verehrter Sonnengott. Der Mithraskult wurde nach der Religionsgründung von Zarathustra zurückgedrängt und gewann erst während der Achämeniden unter Artaxerxes II (404-359 v. Chr.) wieder an kultureller Bedeutung.
Die heiligen Bücher der Ahl-e-Hagh heißen "Daftar" (Hefte). Sie sind in kurdischer Sprache (Gurani-Dialekt) in Gedichtform abgefasst. Das "Daftar-e-Perdivari" beispielsweise ist eine Beschreibung der Haftan und Haftawaneh, das "Daftar-e-chan-ahmat" listet die religiösen Gebote auf, das Daftar-tscheheltan" enthält Prophezeiungen über die Entwicklung der Welt. Bei der Rezitation der Strophen der "Dafter" anläßlich religiöser Zeremonien wird das heilige Instrument "Tamoire" (tamburin) als Begleitinstrument gespielt.
Als Erkennungszeichen für die Zugehörigkeit zur Religion gilt der Schnurbart, der niemals geschnitten werden darf. Diese Sitte stammt aus der 1. Periode, der Bahlul-Zeit, wo der Schnurbart auch ein Symbol für das "in - sich - sehen" war. Ähnliches findet man im Mithraskult. Was das Zusammenleben betrifft, ist es dem Mann im Gegensatz zum Islam nicht erlaubt, mehrere Frauen zu ehelichen. Im Gegenteil: wenn ein Lebenspartner stirbt, darf der andere nicht noch einmal heiraten. Es bestehen auch keine Vorschriften z.B. für tägliches Beten. Religiöses Handeln bedeutet für die Ahl-e-Hagh: Gutes denken, Gutes reden, Gutes tun und den Menschen zu helfen, ohne etwas dafür zu erwarten.
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