Seit es in Europa fast allen schlechter geht als den Deutschen, gilt Gerhard Schröders Sozialreform als Motor unseres ökonomischen Erfolgs. Eines wird dabei gern vergessen: Mit der Agenda wollte Schröders Regierung den Bürgern mitteilen, dass sie sich endlich richtig reinhängen müssen, wenn sie den Anschluss an die Globalisierung nicht verlieren wollen. Gemeint waren damit alle Deutschen. Gesagt wurde es aber nur den Ärmsten.[...]
Die Unterschicht wurde angeschrien, damit alle anderen es hörten.
Plötzlich fragte sich die Nation: Wer zum Teufel sind diese nichtsnutzigen Typen? Diese vier Millionen Arbeitslosen, die einfach nicht verschwinden wollen aus der Statistik, im Land von Siemens und Mercedes, dem Land der Dichter und Denker, der Disziplin und Pünktlichkeit? Die Antwort war schnell gefunden: Schnorrer, die dem Sozialstaat auf der Tasche liegen, den ganzen Tag auf der Couch abhängen, den Fernseher anstarren, Fertiggerichte essen und die Bude nur verlassen, wenn sie Bier und Zigaretten brauchen. Die bei RTL2 Einblick in ihre Wohnungen und Leben gewähren, die sie nicht im Griff haben. Die geschmacklose Klamotten tragen, viel Sex mit vielen Menschen haben und davon erzählen. Die mehr Geld für ihre Hunde, Katzen oder Schlangen ausgeben als für ihre Kinder.Diese Faulen hatten kein Recht, die Fleißigen mit nach unten zu ziehen.
Es gibt eine treffende Wendung im Englischen für das, was der Unterschicht seit Jahren widerfährt: blaming the victim, dem Opfer die Schuld zuschieben. Die Unterschicht selbst sei es doch, die die Faulen hervorbringe, das System gefährde, Verrat an der Gesellschaft begehe!
zeit.de: Arm, aber stark
Agenda 2010
Autor des Artikels : nicsbloghaus
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