“After Earth” von M. Night Shyamalan

© Sony Pictures Releasing GmbH / Jaden Smith in

© Sony Pictures Releasing GmbH / Jaden Smith in “After Earth”

Es gab eine Zeit, in der sich zumindest Suspense-willige Kinogänger auf jeden neuen Film von Regisseur M. Night Shyamalan freuten. Zu frühen Ruhm gelangte er mit dem Bruce Willis fast-Horror „The Sixth Sense“, der zwar nicht dafür sorgte, dass man den Namen des Regisseurs korrekt aussprechen konnte, aber immerhin die Drehbuchzeile „Ich kann tote Menschen sehen“ in das kollektive Gedächtnis der Kinokultur einpflanzte. Shyamalan blieb seiner atmosphärisch immer angespannten Stimmung treu, lieferte „Unbreakable“, „The Village“ und „Signs“ ab, die sich alle im Fahrwasser seines Ersterfolgs tummelten. Erst als er diese Gefilde verließ und sich mit „Die Legende von Aang“ wenig Freunde unter den bekennenden Fans der nicht gleichnamigen Cartoonserie „Avatar – Herr der Elemente“ machte, verließ ihn offenbar seine Originalität. Das merkt man jetzt mit seinem Film „After Earth“ nur umso mehr. Hier ist es denn auch schon gar nicht mehr Shyamalan, der im Fokus steht, sondern die beiden Hauptdarsteller Will und Jaden Smith, die mit ihrer Off- und On-Screen Vater/Sohn-Bindung für mehr Rummel gesorgt haben als dass sich das Science Fiction Vehikel unter den ersten Filmen wiederfinden wird, die dem Kinogänger einfallen, wenn von Shyamalan die Rede ist.

Will und Jaden spielen das nicht ganz so gut miteinander harmonierende Vater/Sohn-Gespann Cypher und Kitai Rage. Während Cypher Rage ein Übermensch ist, der als Held gefeiert wird, gilt sein Sohn Kitai als zu übereifrig und undiszipliniert, als dass er die Nachfolge seines Vaters antreten könnte. Die Messlatte liegt aber auch hoch: Cypher beherrscht das sogenannte ‚ghosten‘, eine Fähigkeit die es ihm erlaubt, jegliche Angstgefühle zu unterdrücken und damit zu einem Geist für den größten Feind der Menschheit zu werden: den Ursas, monströse Kreaturen die auf Nova Prime, der neuen Heimat der Menschen, hausen und von Angstpheromonen angezogen werden. Um die Beziehung zu seinem Sohn zu verbessern, nimmt er ihn mit auf einen routinemäßigen Flug durchs All, der sich jedoch durch einen Weltraumsturm zur Höllenfahrt entwickelt. Als einzige Überlebende müssen Cypher und Kitai auf dem Planeten Erde überstehen, seit 1000 Jahren verlassen, von den Menschen zu Grunde gerichtet. Da sein Vater schwer verletzt und unbeweglich im Wrack des abgestürzten Raumschiffes zurückbleiben muss, schlägt sich Kitai alleine durch die menschenfeindliche Umwelt um ein Notrufsignal zu senden.

Will Smith

Will Smith

Ganz allein ist er dabei dann aber doch wieder nicht. Fernab von artifiziell aussehenden Affen, Tigern und Vögeln, steht er im ständigen Audiokontakt zu seinem Vater, der zudem per Videoübertragung immer genau das vor Augen hat, was sein Sohn gerade sieht. Man könnte es die Verschmelzung zweier Geister nennen, die mit Hilfe von hochmodernen Technologien erwirkt wird. Dabei bekommt man schnell das Gefühl, dass Will Smith eher als menschliches Navigationssystem und Wikipedia auf Abruf fungiert. Er hält eine Menge expositorisches Wissen parat, ohne dass der Film vermutlich nicht funktionieren würde. Ein deutliches Armutszeugnis für das Drehbuch. Ist die anfängliche Welt von Nova Prime noch als hübsche Sci-Fi Utopie gestaltet, bei der man sich allenfalls fragen muss, warum die Menschheit auf einem neuen Planeten einen so neuen architektonischen Stil, wie auch manche Geschmacksverstimmung bei den Inneneinrichtungen entwickelt, verlässt man sich auf der Erde nur noch sehr wenig auf die Wirkung der Bilder. Erneut ist es Will Smith, der als Vater Rage – ein unfassbar passender wie auch unnötig auf seine Attitüde hinweisender Name – in den Fokus genommen wird. Der Zuschauer sieht mancherlei Szene wie aus einem Found Footage Film durch die Augen von Cypher Rage, der als idealisierter Soldat, väterliche Empathie mal außen vor gelassen, manche Sackgasse der Handlung zu einer schlecht konstruierten Durchfahrtsstraße werden lässt.

Ihm entgegen wird lediglich Jaden Smith gestellt, dessen Kitai Rage zu blass in Erscheinung tritt, als dass er sich gegen seinen Vater behaupten könnte. Das zählt sowohl für die innerfilmische Figur, als auch für den Jungschauspieler, der noch lange nicht über das Blockbuster-Potential seines Vaters verfügt. Dieser konnte sich seine Hörner als Prinz von Bel Air im Fernsehen abstoßen, während Jaden Smith schon früh auf die große Leinwand geschickt wurde: „Das Streben nach Glück“, „Der Tag, an dem die Erde stillstand“, zuletzt 2010 eine Hauptrolle neben Jackie Chan in der Neuverfilmung „Karate Kid“. Immer aber mit zahlreichen Nebenfiguren, Darstellern die Jaden Smith das Spiel erleichterten. Hier nun, nur mit seinem beweglosen Vater im Hintergrund, verzweifelt er doch sichtlich an der Aufgabe, den Film auf seinen Schultern tragen zu müssen. Seine Mimik spielt sich hauptsächlich durch das auf und ab der Augenbrauen ab. Wenn er dann später selbst einmal ghosten darf, der Vater ihm dabei stolz aus der Ferne zusieht, erscheint der ernste Gesichtsausdruck des Sohnes doch immer noch wie die Welpenversion zu Will/Cypher, der den stoisch emotionslosen Blick für „After Earth“ perfektioniert hat.

Jaden Smith

Jaden Smith

Am Ende salutiert der Papa trotzdem dem Sohnemann, als habe er sich nicht nur bravourös in der filmischen Welt geschlagen, sondern auch als Schauspieler eine Leistung vollführt, die der Vater gänzlich anerkennt. Es könnte auch ein etwas zu teuer geratenes Heimvideo sein, das seinen Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat. Jedenfalls ist nur sehr schwer daran zu glauben, dass Jaden Smith hier ehrliches Feedback während der Dreharbeiten bekommen hat. Denn nicht nur die eigentliche Story des Films wurde von Will Smith entwickelt (immerhin durfte M. Night Shyamalan das Drehbuch schreiben), unter den produzierenden Kräften findet sich sein Name ebenso wieder wie der seiner Ehefrau und Jadens Mutter Jada Pinkett Smith sowie ihr jüngerer Bruder Caleeb Pinkett. Eine reine Familienangelegenheit, bei der eben auch der gegenseitige Stolz aufeinander, die Ehrerbietung, das familiäre Miteinander, die Liebe und Zuneigung in der Familie Smith im Mittelpunkt stehen, unübertragbar auf das Allgemeinwesen.

Ein guter Vertreter des Genres würde Missstände oder Technologien in den Fokus rücken, hier aber wird die ungewöhnliche Szenerie wahrlich nur als Hintergrund für das Vater/Sohn tête-à-tête von Will und Jaden Smith genutzt. „After Earth“ soll so vieles sein, nur offenbar kein Science Fiction Film, dessen Genremotive nach den ersten zehn Minuten fallen gelassen werden. Im Direktvergleich mit dem anderen großen Sci-Fi Blockbuster dieses Sommers, „Oblivion“ mit Tom Cruise in der Hauptrolle, drängt sich einem auf, dass der moderne Big Budget Sci-Fi entweder viel zu viel will („Oblivion“) oder gar nichts mehr („After Earth“).

 


After Earth_Hauptplakat

“After Earth“

Originaltitel: After Earth
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2013
Länge: ca. 100 Minuten
Regie: M. Night Shyamalan
Darsteller: Will Smith, Jaden Smith, Sophie Okonedo, Zoe Kravitz

Deutschlandstart: 6. Juni 2013
Im Netz: afterearth-film.de



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