DIE AFD WIRD EINE VOLKSPARTEI SEIN - ODER SIE WIRD NICHT SEIN!
Heiß brennt die Äquatorsonne auf das öde Deutschland nieder.Die Wüstung des Wirtschaftsstandorts ist übersät mit den ausgebleichten Knochen verdursteter Arbeitgeber: Uneinsichtige Arbeitnehmer und ein blutsaugerischer Staat hatten einst in einem mörderischen Joint Venture die letzten Reste an Flüssigkeit (Liquidität) aus den geschundenen Körpern der Unternehmer herausgesogen.Indes, wie das in erbaulichen Geschichten so geht: Auch die Arbeitnehmer selber werden mit ihrer erpressten Beute nicht glücklich, sondern schleppen sich abgemergelt durch die germanische Wirtschaftspampa. Dabei könnte, wollte das verblendete Volk doch nur den Lockungen von LIBBY LANGFINGER folgen, die Wüste leben, und neues Leben würde aus den Ruinen der deutschen Volkswirtschaft blühen: Wenn die Arbeitnehmer kleinere Schlucke aus der Pulle bekämen, dann hätten am Ende ALLE mehr!
Hokus, Pokus, ZauberstabDem Sozialstaat schaufle ein Grab!
So wie oben in der Einleitung und der zweizeiligen Inkantation beschrieben lese jedenfalls ich die Frage 7, "Soziale Absicherung - Versicherungspflicht in der Unfallversicherung", im 2. Teil der Mitgliederbefragung zum Entwurf des AfD-Parteiprogramms (S. 9; Hervorhebungen von mir):
"Die AfD steht für grundlegende Reformen zum Wohle Deutschlands. Das betrifft auch die Sozialversicherungen. Nur so können die Systeme auch zukünftig leistungsfähig bleiben. Die hohen Abgaben wirken sich negativ auf die Einkommen der Arbeitnehmer aus. Auch der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands leidet darunter."
Die Behauptung, dass sich "die hohen Abgaben ..... negativ auf die Einkommen der Arbeitnehmer aus[wirken]", liest man allerorten. Auf den ersten Blick und für den "Mann auf der Straße" erscheint das als Wahrheit. Denkt man freilich nach, entpuppt es sich als verlogene Propaganda.
Sie wissen, warum? Nein? Also gut, erkläre ich es.
Natürlich kann man die ganzen gesetzlichen Pflichtversicherungen (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung und Unfallversicherung) abschaffen; dann hätte der Arbeitnehmer eine Menge mehr Geld in der Tasche. Aber KEINERLEI Versicherungsschutz. Also ist er gezwungen, sich freiwillig zu versichern.
Und dann? Geht es ihm in keinem Falle besser - aber möglicher Weise sogar deutlich schlechter: Das hängt davon ab, ob dann auch der Arbeitgeberanteil dem Arbeitnehmer zugeschlagen wird, oder ob sich der Arbeitgeber mit seiner Beute davonmacht.
Hat man die Arbeitgeberanteile dem Arbeitgeber gelassen (so wie sich unsere Programmstrategen das für die Unfallversicherung - und ebenso für die Arbeitslosenversicherung - offenbar ausbaldowert haben), dann ist der Arbeitnehmer WEITAUS schlechter dran als vorher: Er muss beispielsweise an eine (dann: private) Unfallversicherung Beiträge zahlen, obwohl er vorher beitragsfrei war (weil gegenwärtig die Beiträge für diese Versicherungsart ausschließlich durch den Arbeitgeber zu entrichten sind).
Zahlt man dem Arbeitnehmer die Arbeitgeberanteile aus, dann ist das Ganze, zunächst und auf dem Papier, ein Nullsummenspiel: Von den Kosten her muss ja beide Anteile aufwenden, um sich nunmehr freiwillig zu versichern.
In der Realität würde der Arbeitnehmer aber sogar verlieren. Zwar ist im Programmentwurf eine Privatisierung der Rentenversicherung NICHT vorgesehen. Aber es liegt natürlich in der Logik der libertären Ideologie, (später) auch an diese "ranzugehen". Und private Rentenversicherungen sind
a) weitaus stärker risikobehaftet und verschlingen
b) einen sehr viel höheren Verwaltungsaufwand
als eine Rentenfinanzierung im Umlageverfahren.
Zusammenfassend: Im BESTEN Falle wäre die Übertragung der gesamten Versicherungspflicht für die Arbeitnehmer (anfänglich) ein Nullsummenspiel.
In der Realität würden sie sich aber mit Sicherheit deutlich schlechter stehen.
Und AUF DAUER sind die Arbeitnehmer IN JEDEM FALLE die Gelackmeierten. Denn die Kosten und damit die Beiträge für die Krankenversicherung und Rentenversicherung steigen vorhersehbar weiter an; die Arbeitgeber jedoch wären dann von diesen zukünftigen Zusatzbelastungen gänzlich befreit.
Zurück zur gesetzlichen Unfallversicherung. Deren Abschaffung wurde von den AfD-Mitgliedern in der Umfrage akzeptiert (ca. 54% Befürworter und 30% Gegenstimmen). Entsprechend hat sie Eingang in das Parteiprogramm gefunden (S. 36 Ziff. 4 im Kap. VI; meine Hervorhebung):
"4. Unfall: Flexiblere Lösungen finden
Die AfD hält die gesetzliche Unfallversicherung für Arbeitnehmer nicht mehr für zeitgemäß. Es findet sich eine Vielzahl von privaten Angeboten, mit deren Hilfe Unfallrisiken angemessen abgesichert werden können. Die AfD will daher Arbeitnehmern die Flexibilität geben, sich freiwillig für eine Teilnahme an der gesetzlichen Unfallversicherung zu entscheiden."
Es widerstrebt mir eigentlich, Texte meiner eigenen Partei mit solchen von Joseph Goebbels zu vergleichen; derartige Wutreden reserviere ich normaler Weise für Sprüche von Antifanten, Buntioten, Konsensfaschisten und dergleichen Gelichter. Aber wenn ich den Satz lese "Die AfD will daher Arbeitnehmern die Flexibilität geben, sich freiwillig für eine Teilnahme an der gesetzlichen Unfallversicherung zu entscheiden", dann kocht mir die Galle über.
Anstatt ehrlich zu sagen, dass man den Arbeitnehmer etwas wegnehmen will (nämlich den kostenlosen Unfallversicherungsschutz bei der Arbeit), wird ein beabsichtigter Raubzug als Geschenk verkauft: "Arbeitnehmern ..... Flexibilität geben ..... freiwillig". Es ist einfach nur widerlich, mit welch einer propagandistischer Verlogenheit die Parteimitglieder hier regelrecht übers Ohr gehauen wurden!
Der gleiche Satz findet sich auch in der Befragung (s. o.); auch dort keinerlei Hinweis, dass die Beiträge bislang allein von den Arbeitgebern getragen wurden.
Ich bin mir sicher, dass ein sehr großer Teil der Mitglieder, die über diesen Punkt abgestimmt haben, überhaupt keine Ahnung davon haben, wie der Unfallschutz für die Arbeitnehmer derzeit geregelt ist. Die haben nur "Flexibilität" und "freiwillig" gelesen, fanden das wahnsinnig toll und "klick" war ihre Zustimmung im Kasten.
Letztlich erreicht durch, und das sage ich hier mit voller konfrontativer Härte: Einen hinterhältigen Betrug! Nämlich das Verschweigen der aktuellen Regelung, und der äußerst nachteiligen Folgen der avisierten Neuregelung für die Arbeitnehmer.
Wenn ich die VERTEILUNGSPOLITISCHE Dimension für den Moment mal beiseitelasse komme ich immer noch zu dem Schluss, dass hier eine programmatische Laienspielschar am Werke war.
Mit keinem Wort ist nämlich das weitere Schicksal jener Institutionen erwähnt, welche bislang die Beiträge einziehen: Der Berufsgenossenschaften (BGs; Wikipedia).
Laien erkennen da sicherlich kein Problem: Fallen die Beiträge weg, werden die BGs eben aufgelöst (oder privatisiert).
Ebenfalls kann der Einzug der von den Arbeitgebern aufzubringenden Insolvenzgeldumlage problemlos auf andere Institutionen übertragen werden (z. B. auf die AOKs, auf welche der Programmentwurf in Kap. VII Abs. 1 auch die Auszahlung des Insolvenzgeldes übertragen will).
Dummer Weise haben die Berufsgenossenschaften jedoch noch andere Aufgaben als nur Beiträge einziehen und Leistungen auszahlen.
Neulich saß der Inhaber unseres vietnamesischen "Stamm-Imbisses" in Füssen ("Loc Phat" - Glück blüht ;-) ) mit zwei Herren am Tisch. Man besprach einige Änderungen, die am Küchenraum vorgenommen werden müssten.
Diese beide waren Kontrolleure (heute nennen sie sich vermutlich "Berater" und traten auch entsprechend freundlich auf) der einschlägigen BG.
Die BGs betreiben beispielsweise auch Unfall- und Reha-Kliniken; vor allem aber machen sie den Unternehmen Vorschriften (Unfallverhütungsvorschriften) und überprüfen, insoweit gewissermaßen als "Unfallschutz-TÜV", deren Einhaltung und ganz allgemein den Unfallschutz in den Betrieben. Wer soll das zukünftig ersetzen?
Klar gäbe es auch dafür Lösungen, z. B. den TÜV. Aber derartige Folgen muss man doch bitte bedenken und in einem Programm auch benennen!
Vom Finanzierungsprinzip her ist die gesetzliche Unfallversicherung quasi eine "Gefährdungshaftung". Dass die Beiträge hier, anders als bei den 4 anderen Versicherungszweigen, ausschließlich den Arbeitgebern aufgebürdet werden, begründet sich darin, dass den Arbeitgebern die Sorge für die Sicherheit im Betrieb obliegt. Klar: In der Realität werden es nicht selten auch tapsige Arbeitnehmer selber sein, die Unfälle verursachen. Doch generell bringt die gesetzliche Regelung den Arbeitnehmern einen gewaltigen Vorteil. Darüber erfahren wir in dem einschlägigen Wikipedia-Stichwort im Kapitel "Grundsatz [der Beitragserhebung]" (meine Hervorhebung):
"Die Berufsgenossenschaften finanzieren sich - mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft; siehe hierzu weiter unten - ausschließlich aus den Beiträgen der Unternehmer. Die Versicherten zahlen keinen Beitrag. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den anderen vier Zweigen der deutschen Sozialversicherung, in denen die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern erhoben werden. Eine Änderung des BG-Beitrags hat also keine Auswirkungen auf das Nettoarbeitsentgelt der Arbeitnehmer, wohl aber auf die Lohnnebenkosten der Unternehmer. Im Gegenzug sind die Unternehmer grundsätzlich von jeder Haftung gegenüber ihren Arbeitnehmern freigestellt. Bei Arbeitsunfällen oder arbeitsbedingten Erkrankungen haben die betroffenen Versicherten keine Schadensersatzansprüche gegen die Unternehmer. Sie müssen sich an die Berufsgenossenschaft wenden. Dieser Grundsatz besteht seit In-Kraft-Treten des ersten Unfallversicherungsgesetzes im Jahr 1885."
Die Haftungsfreistellung war, wie ich gerne einräume, mir bisher nicht bekannt. Aber wenn man ein Parteiprogramm bastelt, und bestehende Regelungen kurzerhand abschaffen will, dann muss man sich natürlich über ALLE Auswirkungen einer Neuregelung Gedanken machen. Also: Volle Haftung der Arbeitnehmer wieder einführen?
Das kann teuer werden, denn beim Verbraucherschutz (Kap. XXII, S. 61/62) sind wir deutlich generöser als bei der Unfallversicherung der abhängig Beschäftigten:
"Bei mutwillig oder fahrlässig verursachten Körperverletzungen durch Straftaten oder Unfälle sieht die deutsche Gesetzgebung nur geringe Schmerzensgelder vor, und es ist schwer adäquaten Schadenersatz zu bekommen. ..... Die AfD setzt sich deshalb dafür ein, dass das Straf- und Zivilrecht so angepasst wird, dass adäquate Schmerzensgelder gezahlt werden und der Schadenersatz erleichtert wird."
Diese Passage trage ich unbedingt mit; nur gilt es eben auch, die Rückwirkung auf den Arbeitgeber bei Wegfall der gesetzlichen Unfallversicherung schon in der Programmarbeit (bei einer evtl. politischen Umsetzung sowieso) zu berücksichtigen.
Freilich ist ein umfassendes und ggf. auch selbstkritisches Nachdenken generell nicht die Stärke von Ideologen und somit ist es auch die Schwachstelle der Libertären, die ich hier als "Täter" vermute.
Wer heckt solche Anschläge auf die Arbeitnehmerwohlfahrt aus? Grundsätzlich kommen drei "Täterkreise" in Betracht:
- Arbeitgeber, die Lohnkosten einsparen möchten
- Versicherungsvertreter, die neue Geschäftsfelder für sich wittern und
- Libertäre. Die müssen weder als Arbeitgeber noch als Versicherungsvertreter ein unmittelbares materielles Eigeninteresse an einer Ausplünderung der Arbeitnehmer haben; sie agieren u. U. einfach aus ideologischer Verbohrtheit heraus.
Vielleicht inspiriert eine solche Figur künstlerisch Begabte zu entsprechenden Karikaturen?
--------------------------- Nachdem ich anfangs gleich "in medias res" gesprungen war, wollen wir nun einen Schritt zurücktreten und "the big picture" betrachten. Der Entwurf des ersten Parteiprogramms der Alternative für Deutschland (AfD) umfasst 72 Seiten. Es ist das erste Parteiprogramm der AfD; bislang existierten lediglich Wahlprogramme.Auf der Webseite der AfD Bayern steht der komplette Programmentwurf online; ebenso die Ergebnisse der Mitgliederbefragung zum Parteiprogramm (Teil 1; Teil 2).
Die Beschlussfassung über das Programm soll auf einem Mitgliederparteitag am 30.04./01.05.2016 in Stuttgart erfolgen (Meldungen der Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung vom 09.03.2016), und zwar im Kongresszentrum der dortigen Messe.Als ungeladene "Gäste" haben sich, wie üblich, auch die linksfaschistischen Demokratie- und AfD-Hasser angekündigt ("LevelUP - kommunistische Gruppe", am 08.03.2016 auf linksunten.indymedia; ebenso das "Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region".). Der Programmentwurf ist in weiten Teilen ganz vorzüglich. Allerdings enthält er im Bereich Sozialpolitik sowie Steuern eine Reihe von Forderungen, die krass einseitig die Interessen von Arbeitgebern sowie von Steuerhinterziehern bedienen. Dagegen sollen die Arbeitnehmer, sorry das derart drastisch sagen zu müssen, nach Strich und Faden beschissen werden.
Zwei Vorwürfe gegen mich sind so sicher wie das Amen in der Kirche:
1) Dass ich diese Diskussion öffentlich führe.Darauf erwidere ich, was ich in Facebook-Debatten schon mehrfach geschrieben habe: Es ist nicht mein Versäumnis, dass es kein parteiinternes Forum gibt. Das ist in meinen Augen vielmehr ein gravierender Mangel. Natürlich könnte ein Debattenforum nicht unmittelbar mit der Programmdebatte verzahnt werden; dass die in Ausschüssen geführt wird, geht schon in Ordnung. Aber es wären Rückkopplungsmechanismen dergestalt möglich, dass Programmideen Einzelner oder Zwischenstände der Ausschussarbeit vorgestellt und dann im Forum diskutiert werden. Ich könnte mir vorstellen, dass dann einige sozialpolitische "Hämmer" gar nicht erst ihren Weg in den Programmentwurf gefunden hätten.Die öffentliche Debatte über unseren Programmentwurf hat aber ohnehin schon begonnen; die WELT titelte am 11.03.2016: "Programmentwurf. AfD will Minarette und Ruf des Muezzins verbieten".Und vielleicht ist eine öffentlich geführte Diskussion ja sogar nützlich für die Partei.Gewiss, da wird heftiger Streit (wie etwa mein vorliegender Beitrag) vor aller Augen ausgetragen. Das liebt man in Deutschland nicht sonderlich; hier ist Konsens bis zum Kuscheltod angesagt. Probleme sollen hinter den Kulissen geregelt werden, auf der Bühne vor den Zuschauern ist "Friede, Freude, Eierkuchen" das Wunschprogramm der Deutschen.
Entsprechend hat sich in unserem Land ein politisch-gesellschaftlicher Komplex entwickelt, den ich mit dem Begriff "KoKo" zu erfassen suche: Konsensfaschistischer Komplex.
Sichtbar wird er z. B. in den 'breiten Bündnissen gesellschaftlicher Kräfte' (klingt irgendwie nach DDR?), die sich allerorten gegen die AfD zusammenrotten: Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und andere (die linksfaschistischen Antifanten ohnehin).
Vielleicht tut die AfD mehr gegen dieses Syndrom deutscher Untertanenmentalität, indem sie überhaupt die streitige öffentliche Debatte wieder einführt, als mit allem sonstigen "Mut zur Wahrheit". Der nützt nämlich schlussendlich gar nichts wenn es nicht gelingt, die "KoKo"-Mentalität des deutschen Spießbürgers aufzubrechen.
2) Das andere Verdikt gegen mich (das in "Vordebatten" auf Facebook bereits auftauchte) wird auf "Sozialist" lauten (in der harmloseren Variante; sonst: "Kommunist").Darauf gehe ich jedoch erst am Schluss ein nachdem Sie wissen, gegen welche weiteren Programmpunkte ich hier meine Stimme erhebe.
Von den oben angerissenen beiden Themenfeldern hoffe ich die Steuerpolitik in einem späteren Beitrag zu behandeln. Die fettesten Kuckuckseier (die uns bei Wahlen durchaus in Nullkommanichts wieder unter 5% drücken können) hat die Programmkommission uns ins Nest der Sozialpolitik gelegt. Deshalb versuche ich zunächst, das Schlüpfen DIESER Kuckucksvögel zu verhindern.
Zuständig war der Bundesfachausschuss (BFA) 3 mit dem Themenfeld "Finanzen, Steuern, Wirtschaft (Finanz-, Steuer-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, Alterssicherung und Wirtschaftspolitik)". Welche Personen dort (zuletzt) beteiligt waren, ist mir nicht bekannt und ist mir auch gleichgültig. Ich bin halt, jedenfalls generationsmäßig, ein "68er". Politisch stand ich damals zwar auf der diametral entgegengesetzten Seite; gleichwohl bin auch ich vom antiautoritären Virus infiziert. Selbst wenn der sprichwörtliche Kaiser von China Mist baut (oder ohne Kleider herumläuft) habe ich keine Hemmungend das anzuprangern bzw., wie Herbert Marcuse gesagt haben würde, "zu denunzieren".Ich hoffe nur ganz stark, dass Prof. Meuthen nicht bis zuletzt der Leiter war - wie noch im Juli 2015. Denn den schätze ich eigentlich ganz außerordentlich. ;-) Vorliegend werde ich mich also auf eine Behandlung der Kap. VI. "Soziale Sicherheit in Not und Alter" (S. 34 - 36) und Kap. VII. "Arbeitsmarkt weniger verwalten und mehr befreien" (S. 37) beschränken, und daneben noch einen Abstecher ins Kap. 5 Ziff. 9 machen ("über das Geldsystem nachdenken") -----------------------------
Kap. VI. "Soziale Sicherheit in Not und Alter" (S. 34 - 36)
"Die AfD tritt dafür ein, dass Deutschland auch bei den sozialen Sicherungssystemen eine Rückbesinnung auf bewährte Tugenden braucht. Die staatliche Sicherung ist für Notlagen gedacht, darf nicht überfordert werden und soll und kann die Familie als Keimzelle gesellschaftlicher Solidarität nicht ersetzen. Wir erkennen dabei, dass das Umlagesystem Halt in schwierigen Zeiten geben kann, gleichzeitig aber auch die Selbständigkeit des Bürgers untergräbt und bewährte familiäre Strukturen unterlaufen kann. Wir wollen daher eine Reform der sozialen Sicherungssysteme." Diese romantisierende Darstellung der sozialen Sicherungsfunktion von Familie ist Quatsch im Quadrat. Zunächst einmal ist die staatliche Sicherung keineswegs nur für Notlagen gedacht, sondern in Gestalt der Rentenversicherung für einen ganzen Lebensabschnitt (was den Verfassern in der Kapitelüberschrift ja auch noch vor Augen stand).1) Wie wird die Rente finanziert?
Unser Rentenversicherungssystem basiert, was die Pflichtversicherung angeht, auf dem Umlageverfahren. Dabei wird nicht ein Kapitalstock gebildet und daraus werden die Renten gezahlt. Vielmehr sind die Beitragsleistungen ein "durchlaufender Posten"; sie fließen unmittelbar wieder in die Rentenausgaben. Daneben haben wir die freiwillige, aber vom Staat geförderte sogenannte "Riester-Rente". Die arbeitet (wie jede private Versicherung) auf der Basis des Kapitaldeckungsverfahrens. Bei dieser Methode spart der Versicherte Geld bei einer Versicherung oder Bank an. Dieses volkswirtschaftlich als "Kapitalsammelstelle" bezeichnete Institut "bunkert" die "Kohlen" (= legt das Geld, möglichst gewinnbringend, in Anleihen usw. an). Wenn der Versicherungsfall eintritt, wird die Leistung aus dem angesammelten Kapitalstock bezahlt (bzw. bei der privaten Altersvorsorge teils auch aus den weiterlaufenden Erträgen, weil hierbei der Kapitalstock ja nicht schlagartig komplett aufgelöst werden muss).Weitere Überlegungen zu beiden Finanzierungsmethoden habe ich unten in einem Anhang niedergelegt; hier müssen wir uns damit einfach deshalb nicht beschäftigen, weil das Programm diese Frage gar nicht weiter thematisiert. Das ist insofern befremdlich als es doch heißt (meine Hervorhebung):"Wir erkennen dabei, dass das Umlagesystem Halt in schwierigen Zeiten geben kann, gleichzeitig aber auch die Selbständigkeit des Bürgers untergräbt und bewährte familiäre Strukturen unterlaufen kann. Wir wollen daher eine Reform der sozialen Sicherungssysteme." Da brabbelt also unser Parteiprogramm großspurig über eine "Reform der sozialen Sicherungssysteme", die, muss der Leser glauben, irgendwie mit unserer umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenfinanzierung zusammenhängen soll (vermutlich: Diese abschaffen will) - aber im weiteren Verlauf kommt insoweit überhaupt nichts mehr! In einem Kriminalroman ist es okay, falsche Fährten zu legen. In einem Parteiprogramm sollte es freilich möglich sein, bzw. von einem PP ist zu fordern, dass die Gedanken STRINGENT entwickelt werden: Folgerichtig und zusammenhängend - und ohne lose herumhängende Fäden.
(Wieso die gesetzliche Rentenversicherung im Umlageverfahren familiäre Strukturen unterläuft, müsste man mir auch erst mal erklären. Eine Altersversorgung in der Familie wäre hoffnungslos antiquiert, und "bewährt" ist sie schon gar nicht.)
2) Soziale Sicherung wesentlich durch Familie?
Das ganze retrospektiv romantisierende Gefasel von "Familie als Keimzelle gesellschaftlicher Solidarität" und "bewährten familiären Strukturen" ist Dummschwätz in Potenz. Die "familienhafte Versorgung" der Alten war (trotz seinerzeit noch hoher Kinderzahl!) spätestens im 19. Jahrhundert weitgehend zusammengebrochen. Bei der damaligen Einführung der Rentenversicherung spielten zwar politische Überlegungen (innere Bindung der Arbeitnehmer an das Kaiserreich) eine bedeutende Rolle, aber eben auch sozialpolitische, denn die alten Versorgungssysteme entsprachen längst nicht mehr den Anforderungen einer neuzeitlichen Industriegesellschaft mit hoher Mobilität der Arbeitskräfte. Tatsächlich war aber bereits im Mittelalter und in der frühen Neuzeit die Familie nur EINE Säule im Schutz gegen die existenziellen Risiken von Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit gewesen. Das kann man kursorisch an lokalgeschichtlichen Informationen festmachen, von denen wohl jeder das eine oder andere Beispiel selber kennt:- In Frankfurt existiert eine Rotlintstraße. Benannt ist sie nach einer Stifterin, die bereits im (glaube) 9. Jh. ein Spital gestiftet hatte.
- Gibt man bei Google den Begriff "Spitalgasse" ein, dann erhält man (bevor man auf die "Suche" klickt) Ergänzungsvorschläge mit zahlreichen Städtenamen.
- Eine eindrucksvolle Sehenswürdigkeit ist in Nürnberg der große Bau des Heilig-Geist-Spitals auf einer Brücke über die Pegnitz. Dieser ist jüngeren Datums; das Spital selbst wurde bereits im 14. Jh. gestiftet.
- Liebhaber des Frankenweins kennen das Würzburger Juliusspital, das vor über 400 Jahren gestiftet wurde und heute noch ein Krankenhaus, aber auch ein Seniorenstift betreibt. Wie damals üblich, wurde die Finanzierung der Betriebskosten durch eine Dotation abgesichert (davon noch heute viele Namensbelege für "Spital-Acker", z. B. in Hessen), in diesem Falle mit Weinbergen, und diese bewirtschaftet die Stiftung noch heute.
- In Rothenburg bewundern Touristen die "Spitalbastei" (hier die Nr. 8). Die ist eigentlich "nur" ein Stadttor; das jedoch war regelrecht zu einer kleinen Festung ausgebaut worden (hier ein optisch verzerrtes, aber eindrucksvolles Panoramabild der Geschützböden). In der Nähe liegt der umfangreiche Gebäudekomplex des Spitals, dessen Verwalter in dem romantischen und beinahe weltberühmten "Hegereiterhaus" wohnten (im Erdgeschoss befand sich die Spitalküche).
- Sogar ein "Nest" wie Wächtersbach hatte sein Spital (heute Gasthaus zum Stein; letztes Bild auf dieser Seite).
- Der Stadtwiki für die fränkische Stadt Weißenburg führt gleich eine ganze Latte von historischen "Heilig-Geist-Spitälern" in Mitteleuropa auf.
- Neben Städten und Gemeinden betrieben auch Klöster die Armenpflege.
- Diese ganzen Spitäler waren übrigens nicht nur Krankenhäuser (die ja noch heute gelegentlich "Hospital" genannt werden), sondern auch Altersheime.
Man erkennt daran, dass
- a) die öffentliche Wohlfahrtspflege eine lange Tradition hat und, für uns besonders bedeutsam, dass
- b) die Familie schon in alten Zeiten keineswegs der einzige (und keineswegs immer ein verlässlicher!) Rückhalt von Menschen bei Krankheit, Not oder Alter war. Auch wenn die Versorgung in der Familie damals zweifellos eine weitaus größere Bedeutung hatte als heute: Die nostalgische Darstellung im AfD-Programmentwurf ist nicht nur hoffnungslos aus der Zeit gefallen; sie war zu keinem Zeitpunkt in der verklärt dargestellten Weise wirksam.
Also: Schon in Mittelalter gab es gewissermaßen eine "Rundumsicherung" (die natürlich kein lückenloses, und vor allem ein lokal mit Sicherheit sehr unterschiedliches Schutzniveau bot).
Heute würde eine familienbasierte Alters-, Kranken- oder Arbeitslosenversorgung überhaupt nicht mehr funktionieren:
- Anders als in (z. B.: arabischen) Clans (welche die Schwäche der dortigen Staaten ausgleichen - müssen) hat Europa a) Kleinfamilien und b) relativ gut funktionierende Staaten. Ein Clan mag Alte, Kranke, Arbeitslose usw. "durchschleppen" können (zumal bei geringen Anforderungen an die Versorgungsqualität); eine Kleinfamilie kann das NICHT:
- Die Arbeitnehmer sind extrem mobil (und müssen das auch sein). Dadurch sind die Familien - auf jeden Fall die für die westlichen Gesellschaften charakteristischen Kleinfamilien - häufig räumlich weit zerrissen.
Also: Den gesamten 1. Absatz zur sozialen Sicherheit kann man vergessen, d. h.: Er sollte gestrichen werden.
Ich hoffe inständig, dass die AfD nicht die Partei des Steinzeitkapitalismus ("Manchesterkapitalismus") werden will: Eine a-soziale FDP hoch Zehn braucht kein Mensch!
3) Sparleistung (Humankapitalsparer) und Renditenachteil der Eltern
Ganz vorzüglich ist dagegen (auch wenn er nichts mit der Frage Umlageverfahren oder Kapitaldeckungsverfahren zu tun hat) der 2. Absatz (S. 34/35):"Leitbild für uns ist die Familie, für die wir in der Sozialversicherung Abgabengerechtigkeit wollen. Die AfD will die Leistung von Eltern durch die Geburt, Versorgung und Erziehung von Kindern nicht nur ideell, sondern auch materiell anerkennen. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber bereits verbindlich aufgefordert. Wir wollen die derzeitigen finanziellen Nachteile von Familien mit Kindern gegenüber Kinderlosen korrigieren."
Der deckt sich im Ergebnis (wenn auch nicht präzise in der Begründung) mit der "Entdeckung" in meinem "Rentenreich", dass Eltern, volkswirtschaftlich betrachtet, "Humankapitalsparer" sind. Und anerkennt stillschweigend, dass wir es insoweit mit einem Marktversagen zu tun haben, als Realkapitalsparer ganz selbstverständlich eine Rendite auf ihre Sparleistung erwarten, während eine solche den Eltern vorenthalten wird. Ich hatte also das, was hier mehr aus allgemeinem Gerechtigkeitsgefühl begründet und gefordert wird, ganz konkret als einen "Humankapitalsparrenditenachteilsausgleichsanspruch" zu Gunsten der Eltern eingefordert.
Klingt wegen der Wortlänge irre; wer sich aber ernsthaft damit beschäftigt muss zu dem Schluss kommen, dass die Forderung volkswirtschaftlich legitim, und eigentlich sogar zwingend ist.
Konkretisiert sind die Programm-Überlegungen zur Rentenversicherung unter der Ziff. 3 (S. 35/36), auf die ich hier nicht im Detail eingehe.
Richtig und mutig ist dort allerdings die Forderung: "Die Lebensarbeitszeit wollen wir parallel zum Anstieg der Lebenserwartung verlängern."
Zu den konkreten Vorschlägen:
1. Arbeit: ALG I maßgeschneidert
(S. 35 Programmentwurf)Offenlegung: Damit diejenigen, denen ich mit der vorliegenden "Studie" auf die Füße trete wenigstens wissen, wie sie mich substantiiert beschimpfen können ;-), enthülle ich hier zunächst, dass ich selber gut 35 Jahre lang (als Angestellter) bei der BA (Bundesagentur für Arbeit, ehemals Bundesanstalt für Arbeit) geschafft habe. (Konkret im Arbeitsamt Frankfurt. Allerdings war ich weder mit der Arbeitsvermittlung noch mit der Auszahlung von Arbeitslosengeld befasst, sondern für das Insolvenzgeld und zeitweise für einige andere kleinere Bereiche zuständig.)
Schaun wir uns an, wie Libby Langfinger die BA mit der Motorsäge zu Hackfleisch verarbeiten will:
"Wir wollen das Arbeitslosengeld I privatisieren. Arbeitnehmern steht dann der Weg offen, mit eigenen und individuell maßgeschneiderten Lösungen für den Fall der Arbeitslosigkeit vorzusorgen. Dabei können private Versicherungsangebote ebenso eine Rolle spielen wie die Familie oder der Verzicht auf Absicherung zugunsten des schnelleren Aufbaus von Ersparnissen."
Auch hier wird, genau wie bei der Unfallversicherung, nichts "privatisiert", sondern abgeschafft: Die Pflichtbeiträge zur Arbeitslosenversicherung, die hälftig vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tragen sind.Auch hier wird als Befreiung von Zwang verkauft, was in Wahrheit ein massiver Verlust von Geld und Rechten ist: "Arbeitnehmern steht ..... der Weg offen, mit eigenen und individuell maßgeschneiderten Lösungen ....". Brave new world!Es ist eine bodenlose Unverschämtheit, ja: eine regelrechte Gaunerei(!), dass auch an dieser Stelle die Behandlung der Arbeitgeberanteile wiederum komplett ausgeblendet wird. Weil das aber so ist, muss man davon ausgehen, dass die Programmbastler diese auch hier stickum in den Taschen der entrechteten und geknechteten Unternehmer versickern lassen wollen. Und den Arbeitnehmern die "Freiheit lassen", mit der Hälfte des Geldes ihre eigenen "maßgeschneiderten" Lösung zu bezahlen. Im Übrigen ist die ganze Idee dermaßen spinnert, dass sie eigentlich weder von Arbeitgebern noch von Versicherungsvertretern stammen, sondern nur der libertären Dorfökonomik entsprungen sein kann:
- Aktuarisch (versicherungsmathematisch) ist das Risiko von Arbeitslosigkeit überhaupt nicht seriös abzusichern. Bei der Lebensversicherung gibt es Sterbetafeln; bei anderen Versicherungsarten (beispielsweise Haftpflicht, Kasko, Diebstahlschutz usw.) werden die Prämien auf der Basis vorangegangener Fallzahlen errechnet und bei Änderungen angepasst. Das funktioniert, weil solche Änderungen (z. B. steigende Diebstähle) nicht sprunghaft eintreten. Die Arbeitslosigkeit dagegen schnellt bei einem entsprechenden Konjunktureinbruch u. U. plötzlich und unerwartet in die Höhe. Eine private Versicherung kann sich dagegen nur in der Form absichern, dass sie entweder exorbitante Beiträge fordert und gigantische Kapitalvorräte ansammelt, oder aber sich eine Leistungskürzung (Höhe, Dauer der Zahlung von Arbeitslosengeld) vorbehält. Für die Arbeitnehmer (und, beiläufig bemerkt: Ebenso für die Volkswirtschaft als Ganzes!) ist die eine "Lösung" so schlecht wie die andere. Ansonsten steht der Versicherte im Regen, wenn die Versicherungen in die Knie gehen: Abgebrannt im Libbyland!
- Private Versicherungen legen die eingezahlten Versicherungsprämien in Wertpapieren an. Im Falle einer größeren Wirtschaftskrise müssten sie diese also MASSIV verkaufen. Ein solches plötzliches massenhaftes Angebot würde zum Preisverfall führen (wobei die Kurse bereits aufgrund der Krise gefallen wären). Das würde die Solvenz einer privaten Arbeitslosenversicherung zusätzlich bedrohen (d. h. noch zusätzlich zu der Belastung durch die plötzlich massenhaft auftretenden Leistungsansprüche der Versicherten).
- Auf der volkswirtschaftlichen Makro-Ebene ist ein weiterer Punkt zu berücksichtigen. Sozialleistungen wie Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld werden in der VWL als "automatische Stabilisatoren" bezeichnet. Indem sie den Unterhalt der Arbeitnehmer sichern, erhalten sie bis zu einem gewissen Grade auch deren Kaufkraft. Volkswirtschaftlich gesehen stabilisieren sie also die Nachfrage, so dass es nicht zu einer sich selbst verstärkenden Depression kommt. Auch diejenigen Arbeitnehmer, die noch in einer Beschäftigung stehen, würden bei einer Krise ihren Konsum einschränken, um für den Fall einer Arbeitslosigkeit vorzubeugen. Wenn sie aber wissen, dass sie sozial abgesichert sind, müssen sie das nicht tun und werden das auch nicht (in diesem Ausmaß) tun. In der Puppenstubenökonomik der Libertären kennt man solche Zusammenhänge natürlich nicht.
- Zum Punkt "private Versicherung" ist weiterhin anzumerken, dass die Trennung von Arbeitslosengeld und Vermittlung der Arbeitslosengeldversicherung natürlich auch jegliche Möglichkeit nimmt, in irgend einer Weise auf die Dauer der Arbeitslosigkeit einzuwirken. Eine Arbeitsagentur kann Vermittlungsvorschläge unterbreiten und, wenn der Arbeitnehmer diese nicht annimmt, Sperrzeiten verhängen, für die dann keine Leistungen mehr gezahlt werden; sie kann also "Druck machen". Bei dem genialen Privatisierungsmodell unserer Libbyland-Bewohner entfällt diese Möglichkeit, was die Dauer der Arbeitslosengeld tendenziell ad infinitum verlängern kann. (Insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer noch ein kleines "Jöbchen" schwarz nebenher hat.) (Der denkbare Einwand, dass eine private Versicherung dieselbe Funktion erfüllt, greift schon deshalb nicht, weil die Versicherungspflicht der Arbeitnehmer ja abgeschafft werden soll.)
- Die AfD beklagt an anderer Stelle (zu Recht) die Unterfinanzierung der Familien. Und fordert Hilfen, damit ein Elternteil daheimbleiben kann. Und hier soll "die Familie" (typischer Weise die nicht arbeitende Ehefrau) plötzlich einen arbeitslosen Verdiener (typischer Weise den Ehemann) mitversorgen, wenn der arbeitslos wird? Irgendwie schwant mir: Gehirn geht anders.
- "Verzicht auf Absicherung zugunsten des schnelleren Aufbaus von Ersparnissen" - heißt bitte was KONKRET?
Wenig überraschend haben sich unsere Programmfabrikanten im BFA3 auch hier keine Gedanken darüber gemacht, was bei einem Versagen der Sicherungssysteme (Insolvenz der privaten Versicherungen, völlig fehlende Absicherung Einzelner) geschehen würde:
- Zahlt dann der Steuerzahler?
- Oder lassen wir die Arbeitslosen einfach verhungern?
Vor allem wäre er dann die übelste Ausprägung eines Sozialisten überhaupt: Ein Kapitalsozialist! Denn in seinem System würden die Gewinne privatisiert, und nur die Verluste sozialisiert.
Und wer die Arbeitnehmer verhungern lassen will ..... der würde den Kapitalstock der Kapitalbesitzer entwerten: Keine Mieter mehr, keine Arbeitskräfte: Kein guter Gedanke, nicht einmal für Manchesterkapitalisten.
Auf der konkreten Ebene wäre steuerfinanzierte Arbeitslosigkeit auch nicht mit unseren programmatischen Überlegungen zur Steuer- und Ausgabenpolitik vereinbar, denn der Staat soll ja sparen und die Steuern senken.
Freilich ist das hier erforderliche "vernetzte Denken" (Frederic Vester) nicht nur bei den Libertären ("Libbys" :-) ) eher unterentwickelt: Daran hapert es ganz allgemein in der Politik wie, leider, auch im Volke an allen Ecken und Enden.
In zahlreichen (früheren) Debatten mit Libertären bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die ganze libertäre Ideologie auf dem Modell der Dorfdenke aufbaut.
Im Hintergrund steht eine Vorstellung von Gesellschaft, wie man sie aus (überdies idealisierten!) Dorfgemeinschaften kennt: Jeder kennt jeden, jeder vertraut jedem, jeder ist aufrichtig und anständig und jeder hilft jedem. Außerdem bleibt jeder in seinem Dorfe und nähret sich redlich.
Mit der Realität des 21. Jahrhunderts hat das ungefähr so viel zu tun, wie der Mond mit grünem Käse. Dafür aber sehr viel mit einer kommunistischen Zentralverwaltungswirtschaft, bzw. genauer: Das (wie ich es spöttisch bezeichne) "Libbyland" wäre deren spiegelbildliches Gegenteil.
Während der Kommunismus daran scheitern musste, dass keine Zentralstelle die Fülle der erforderlichen Informationen verarbeiten kann, würde ein libertäres Regime an der Unmöglichkeit havarieren, dass jeder Einzelne zu jeder Zeit alle Informationen parat haben müsste - die sich zudem ständig ändern können: Preise, Geschäftsbedingungen, Qualitäten, vereinbarter Gerichtsstand ...... . Es gäbe keinerlei Sicherheit mehr: Alles müsste freiwillig vereinbart werden, und jeder potentielle Vertragspartner könnte seine Forderungen jederzeit ändern.
Stabile Volkswirtschaften und Gesellschaften steigen aus solchen Traumschlössern nicht empor.
Zustimmung und Ablehnung zur Auflösung der BA verhielten sich bei der Umfrage ungefähr wie 65% zu 25%, also war eine überwältigende Mehrheit für das, was die Programmautoren als "Privatisierung" der Arbeitslosenversicherung getarnt hatten. Auch hier haben sich unsere Programmkasper (das ist noch die harmloseste Bezeichnung, die mir für deren modus operandi einfällt) die Zustimmung der Mitglieder in betrügerischer Weise erschlichen, indem sie unterschlagen haben, dass die Arbeitslosenversicherung (als Pflichtversicherung) keineswegs privatisiert, sondern schlicht abgeschafft werden sollte. Und die Beitragspflicht des Arbeitgebers gleich mit. Text der Befragung (Teil 2, S. 14; meine Hervorhebung):
"Frage 12: Auflösung der Bundesagentur für ArbeitDie AfD tritt dafür ein, die Bundesagentur für Arbeit aufzulösen und deren Aufgaben vor allem auf kommunale Jobcenter zu übertragen. Ist das Konzept umgesetzt, gibt es nur noch einen öffentlichen Dienstleister am Arbeitsmarkt: das kommunale Jobcenter. Somit entspricht dieser Ansatz einer flächendeckenden Ausdehnung des bereits praktizierten „Optionsmodells“ bei der jetzigen Gewährung von Leistungen nach dem SGB II und der Zuordnung bestimmter neuer Aufgaben, die bislang die Bundesagentur für Arbeit wahrnimmt. Die bisherigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit werden wie folgt aufgeteilt:
- Arbeitsvermittlung - Jobcenter
- Berufsberatung - Jobcenter
- Arbeitslosengeld I - Privatisierung
- Insolvenzgeld - AOK
- Kurzarbeitergeld - Rententräger
- Durchführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Jobcenter
- Erteilung von Arbeitserlaubnissen - Kommunalverwaltung
- Die Jobcenter übernehmen Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und die Durchführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.
- Die Rententräger übernehmen das Kurzarbeitergeld.
- Die Kommunalverwaltung wird zuständig für die Erteilung von Arbeitserlaubnissen.
- Die AOK wird zuständig für das Insolvenzgeld.
- Arbeitslosengeld I wird privatisiert.
- Arbeitsvermittlung usw. auf kommunaler Ebene: Das ist Steinzeit des Industriezeitalters. Zu Kaisers Zeiten gab es private und auch erste öffentliche (kommunale) Vermittlungsstellen, die etwa in Städten wie Berlin beispielsweise Dienstmädchen vermittelten. Im Zeitalter eines deutschlandweiten und teilweise schon globalen Arbeitsmarktes ist eine solche Organisationsform so antiquiert wie der ganze libertäre Ideologieplunder. Wer vermittelt von Dresden nach München, wer aus Deutschland etwa zu den Vereinten Nationen oder in die Brüsseler Eurokratie (die man nicht lieben muss, in der aber auch Deutsche vertreten sein sollten)? Wer betreibt das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung? Freilich: Für machthungrige Kommunalpolitiker wird hier eine schöne Pöstchen-Bonanza geschaffen. Aber DAS ist doch nicht der Daseinszweck unserer AfD???
- An welche "Empfänger von öffentlichen Leistungen" ist gedacht? Die öffentliche Arbeitslosen(pflicht)versicherung sollte doch abgeschafft werden???
- Kurzarbeitergeld bei den Rententrägern ansiedeln: Hier geht es um den Arbeitsmarkt; mit den originären Aufgaben von Rententrägern (die man, Aufatmen, immerhin nicht abschaffen will) hat das null Zusammenhang. Außerdem bleibt auch an dieser Stelle - wiederum charakteristisch für die Qualität der Programmarbeit in den vorliegend behandelten Punkten - die Frage nach der Finanzierung offen. (Bislang wird Kug aus der Arbeitslosenversicherung finanziert.)
- Anscheinend stellen sich unsere Programmartisten die Erteilung von Arbeitserlaubnissen als eine reine "Stempelbude" vor. Dass in vielen Fällen die Erteilung einer Arbeitserlaubnis davon abhängig ist, dass für den spezifischen Wirtschaftsbereich keine deutschen Arbeitskräfte verfügbar sind, wissen sie vermutlich gar nicht. Sonst hätten sie sich Gedanken darum gemacht, woher eine Kommunalverwaltung die dafür benötigten Informationen haben sollte.
- AOK zuständig für Insolvenzgeld: Ja, rein technisch ließe sich das machen. Obwohl auch bei dieser Sozialleistung wegen der einheitlichen Rechtsanwendung aus meiner Sicht die bestehende Lösung - Auszahlung deutschlandweit durch eine Behörde - vorzuziehen ist.
- Zu dem hier als "Privatisierung" getarnten Plan einer Abschaffung der Arbeitslosen(pflicht)versicherung habe ich mich oben ausführlich geäußert.
2. Aktivierende Grundsicherung: Arbeit, die sich lohnt. Anstatt ALG II.
(S. 35 Programmentwurf)Wie die " 'Aktivierende Grundsicherung' als Alternative zum Arbeitslosengeld II (sogenanntes 'Hartz IV')" im Detail funktionieren soll, nämlich im Vergleich zum bisherigen System, ist mir nicht wirklich klar. Obwohl der Text die Funktionsweise beschreibt:
"Dabei schmilzt der staatliche Unterstützungsbetrag der Grundsicherung mit wachsendem Einkommen immer weiter ab, bis ab einem bestimmten Einkommen Einkommensteuer zu entrichten ist, statt einen staatlichen Unterstützungsbetrag zu erhalten. Der staatliche Unterstützungsbetrag wird nicht wie derzeit ganz oder nahezu vollständig auf den eigenen Verdienst angerechnet. Stattdessen verbleibt dem Erwerbstätigen stets ein spürbarer Anteil des eigenen Verdienstes." Immerhin kapiere ich so viel, dass die ganze Chose deutlich teurer wird als bisher, weil die Betroffenen ja mehr Geld in der Tasche behalten sollen. Das mag sozial vernünftig sein; mit unseren parallelen Forderungen nach Ausgabeneinsparung sind solche Mehrausgaben eher weniger kompatibel. Auch hier fehlt eben eines: Das "vernetzte" Denken!
Die Ziff. 3 "Rente: Kinder und Erziehung berücksichtigen. Flexibilität im Alter"
(S. 35/36) hatte ich oben bei der Analyse des Einleitungstextes zum Kap. VI. behandelt, unddie Ziff. 4 "Unfall. Flexiblere Lösungen finden"
(S. 36) ganz am Anfang meiner Untersuchung. Dem entsprechend fahre ich nun fort mit5. Pflege: Die Familie nicht länger benachteiligen.
Das ist alles schön und gut, aber hier machen wir das, was Parteien am liebsten tun: Wohltaten verteilen. Ohne zu sagen, wer unsere "Geschenke" bezahlen soll. Das wären doch wohl die Versicherten selber, deren Beiträge dafür entsprechend erhöht werden müssten. Und die Arbeitgeberanteile auch? ich sehe schon, wie sich die deutsche Wirtschaftswüste mit zahllosen weiteren ausgebleichten Menschenknochen füllt ..... ;-)Eingehen will ich noch auf Ziff. 2 im Kapitel VII (Ziff. 1 mit der Auflösung der BA usw. hatte ich ja bereits oben kommentiert):
2. Mindestlohn: Schützt Schwache. Beibehalten.
Hier haben die Parteimitglieder das Trapsen der Nachtigall denn doch gehört. Im Programmentwurf war auch eine Abschaffung (mit zwei Untervarianten) zur Wahl gestellt worden. Diese wurde jedoch klar abgelehnt (Teil 2, S. 16 der Mitgliederbefragung).Für die Beibehaltung hatten sich 49,9% ausgesprochen, dagegen (die Resultate für beide Subvarianten zusammengefasst) 37,4%. (Der Rest waren Enthaltungen und allgemeine "Nein"-Stimmen.) Demnach ist zu hoffen, dass sich auch auf dem Programmparteitag die Mehrheit FÜR den Mindestlohn entscheiden wird.
Vorsorglich dennoch einige Anmerkungen dazu.
Unsere lieben Libbyländer wollen uns gerne weismachen, dass der Mindestlohn ja sowas von asozial sei. Weil er die unqualifizierten Arbeitnehmer daran hindere, überhaupt einen Job zu bekommen. Es sei doch viel schöner, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer in voller Freiheit Vertragsverhandlungen führen und selber entscheiden könnten, was ihnen die Arbeit wert sei, bzw. zu welchem Preis die Arbeitnehmer bereit seien, ihre Arbeitskraft zu verkaufen.
In der libbyländischen Mythologie sind zum einen die Arbeitgeber durchweg so edel wie die edlen Wilden bei Karl May.
Und wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich zu Verhandlungen treffen, dann tun sie das immer auf Augenhöhe, also gewissermaßen als zwei stolze Häuptlinge im vollen Federschmuck.
Die Realität sieht natürlich anders aus: Ein Arbeitgeber, der eine Arbeitskraft weniger einstellt, verdient entsprechend weniger. Aber ER kann das im Einzelfalle verschmerzen.
Wenn der Arbeitnehmer einen Job - zu welchem Hungerlohn auch immer - nicht annimmt, dann krepiert er halt. (Sofern es keine sozialen Sicherungssysteme gibt; aber die werden von den Libbylogen ja als "Sozialismus" gebrandmarkt.)
Tatsächlich ist also die Verhandlungsmacht sehr ungleich verteilt; die Arbeitnehmer haben im Prinzip die Arschkarte in der Hand. (Bei hoch qualifizierten Fachkräften gibt es natürlich Ausnahmen, aber wir reden ja über den Mindestlohn.)
Nun kann es freilich trotzdem sein, dass ein Arbeitgeber fair ist und eigentlich durchaus bereit wäre, den Mindestlohn zu zahlen. Das kann er sich aber vielleicht deshalb nicht leisten, weil die Wettbewerber geringere Löhne zahlen und seine eigene Firma mit höheren Löhnen nicht mehr konkurrenzfähig wäre. (Ganz konkret denke ich hier etwa an Paketdienste.)
Dann ist es zweckmäßig, wenn der Staat eingreift und einen (nicht zu hohen) Mindestlohn festsetzt. Insoweit werden die Arbeitgeber nicht vom Staat (bzw. letztlich von den Arbeitnehmern) "ausgebeutet", sondern es werden lediglich gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle geschaffen. Oder anders gesagt: Wettbewerb funktioniert dann nicht mehr über Lohndrückerei, sondern über Rationalisierung, Werbung (so dass der Unternehmer ggf. einen Aufschlag für den Markennamen seiner Firma nehmen kann) usw.
Ein solches Ergebnis ist sowohl aus Gründen der Gerechtigkeit, wie auch aus volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht wünschenswert.
Noch etwas anders dargestellt gibt es ohne Mindestlohn genau zwei Möglichkeiten:
- Der Arbeitgeber hat eine gigantische Gewinnspanne. Dann ist es nur gerecht, wenn ihm die durch eine gesetzliche Regelung zu Gunsten seiner Arbeitnehmer ein wenig beschnitten wird. Oder
- Die Arbeitgeber arbeiten mit knappen Margen, obwohl sie nur Hungerlöhne bezahlen. Dann sind die (unverdienten) Nutznießer die Kunden und es ist ebenfalls nur recht und billig, wenn DENEN die allzu niedrigen Preise (z. B. beim Friseur) durch eine gesetzliche Regelung zu Gunsten der Arbeitnehmer ein wenig angehoben werden.
An dieser Stelle komme ich noch einmal auf die eingangs erwähnte Behauptung auf S. 9 im 2. Teil der Mitgliederbefragung zurück, wonach 'der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands unter den hohen Abgaben leidet'.
Angesichts der gigantischen deutschen Export- und Leistungsbilanzüberschüsse kann wohl kaum die Rede davon sein, dass die deutsche Wirtschaft international nicht konkurrenzfähig wäre. Teilweise hat das zwar auch mit künstlichen Verzerrungen durch den Euro zu tun, über die wir uns ganz und gar nicht freuen können. Aber ganz allgemein war Deutschland ja die meiste Zeit nach dem 2. Weltkrieg ein Überschussland.
Welche Rückschlüsse lassen sich in verteilungspolitischer Hinsicht aus derartigen Überschüssen ziehen?
Nun: Leistungsbilanzüberschüsse sind (bilanziell zwingend) Kapitalexporte. D. h. inländische Wirtschaftssubjekte haben (nicht zwangsläufig direkt; das kann finanzwirtschaftlich über viele Ecken laufen) Ausländern Kredite gegeben. Damit haben die Inländer aber gleichzeitig ERSPARNISSE angesammelt.
Die Frage ist dann nur noch, WER (d. h. welche Bevölkerungsschicht) diese Überschüsse angesammelt hat.
Die Arbeitnehmer sicherlich in allenfalls geringem Maße; das meiste dürften die Arbeitgeber abgeschöpft haben.
Dass sie Kredite (hier: an das Ausland; genauso gut könnte das allerdings auch im Inland geschehen) vergeben heißt aber zugleich, dass sie "zu wenig" für Konsum und/oder Investitionen ausgeben. In der Volkswirtschaftslehre würde man meine Deutung als "Unterkonsumtionstheorie" bezeichnen; ich selber bevorzuge den Ausdruck "Überakkumulation". Es geht ja nicht darum, dass die Unternehmer bzw. Geldbesitzer möglichst viel Geld durch den Schornstein jagen, also verkonsumieren müssten, sondern darum, dass sie ihr Geld als EIGENE NACHFRAGE wieder in die Realwirtschaft zurückspeisen. Das kann aber genauso gut über investive Ausgaben erfolgen.
Ich will diese Thematik hier nicht weiter vertiefen; evtl. Interessierte verweise ich auf den entsprechenden Täg in meinem Canabbaia-Blog.
Hier geht es nur darum, das libertäre Gejammer von den ach so armen Arbeitgebern Lügen zu strafen. Und diese Form des Kaufmannsgrußes ("Der Gruß des Kaufmanns ist die Klage") wird u. a. durch die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse eindrucksvoll widerlegt: Die sind massive Indizien für enorme Gewinne der Unternehmer (und, leider, auch dafür, dass sie diese Gewinne sparen, also horten, und das Geld nur im Kreditwege "weitergeben". Das kann auf Dauer nicht funktionieren - auch wenn Don Draghi diese Binsenweisheit offensichtlich nicht wahrhaben will).
Die Libbys werden mir natürlich unterstellen, dass ich die Arbeitgeber hassen würde und sie mit meinem "Sozialismus" (oder gar "Kommunismus" - da sind manche genauso wenig pingelig wie die AfD-Hasser mit den Vorwurf des Rechtsextremismus und Nazismus) in den Ruin treiben wolle (oder zumindest objektiv treiben würde).
Derartige Vorwürfe sind unberechtigt. Gegen sinnvolle Reformen im Arbeitsrecht hätte ich gar nichts einzuwenden. Beispiel Kündigungen: Das deutsche Kündigungsrecht ist zum einem ABM-Programm für die Arbeitsgerichte verkommen (bzw. wurde vom Bundesarbeitsgericht dazu gemacht). Hier zu entrümpeln, indem man etwa festlegt "Jeder Arbeitnehmer kann jederzeit gekündigt werden, wenn ihm der Unternehmer eine Entschädigung in Höhe von XXX Monatslöhnen für jedes geleistete Arbeitsjahr zahlt" wäre eine Reform, die den Arbeitsmarkt WIRKLICH "weniger verwalten und mehr befreien" würde.
Es mag noch viele weitere Stellschrauben geben, an denen man drehen kann, um mehr Effizienz zu schaffen.
DEFINITIV KEINE LÖSUNG ist aber eine groß angelegte Kaperfahrt gegen legitime Besitzstände der Arbeitnehmer.
Auf S. 1 der Allgäuer Zeitung (bzw. der Augsburger Allgemeinen) kommentiert heute Joachim Bomhard eine Meldung auf der gleichen Seite, wonach die Arbeitnehmer gegenwärtig zur gesetzlichen Krankenversicherung einen Zusatzbeitrag von durchschnittlich 1,1% tragen, der sich bis 2019 bereits auf voraussichtlich 1,8% erhöhen wird. Unter der Überschrift "Im Würgegriff der Beiträge" schreibt er, dass die Arbeitnehmer einen Teil der Krankenversicherungsbeiträge (eben den Zusatzbeitrag schon jetzt allein bezahlen und dazu noch in dem kommenden 10 bis 20 Jahren mit deutlich steigenden Beiträgen zur Pflege- und Rentenversicherung rechnen müssten. Und fährt fort (meine Hervorhebungen):
"Das würde selbst für Menschen mit einem mittleren Verdienst irgendwann jegliche Gestaltungsmöglichkeit des eigenen Konsums weitgehend abwürgen - mit unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft. Was sind die Alternativen? Wieder mehr Parität bei den Beitragslasten, ein Nachdenken über die Anforderungen, die jeder Einzelne an Ärzte und Kliniken stellt [ich ergänze: und ggf. auch an hypertrophierte Rechte, welche durch die Rechtsprechung geschaffen wurden!] und eine deutlich wirksamere Ausgabenkontrolle. Ohne schmerzliche Eingriff geht das aber nicht."
Mit anderen Worten: Nur wer die "Mühen der Ebene" nicht scheut kann hoffen, Stück für Stück kleine Entlastungen zu erreichen, die sich aber zu größeren Beträgen aufsummieren. Die Rede von den "Mühen der Ebene" ist zwar ein kommunistischer Spruch (von Bertolt Brecht); gültig ist er aber für jedes ökonomische Handeln in jeder Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.
Also, Freunde: Pech gehabt, hätte klappen können. Aber da müsst ihr euch schon etwas anderes einfallen lassen als eine einfallslose Brandschatzung der Arbeitnehmer zum Wohle der in der Realität gar nicht so notleidenden Arbeitgeber!
Zusammenfassend stelle ich fest:
- In seinen oben kritisierten Punkten (wie auch in seinen - hier noch nicht behandelten - maßgeschneiderten Maßnahmen zur Förderung der Steuerhinterziehung) ist unser Programmentwurf nicht nur ein brutaler Schlag ins Gesicht der gesamten Arbeitnehmerschaft.
- Er ist auch eine Beleidigung für die Intelligenz jedes gesellschaftlich und politisch denkenden Normalbürgers.
- vernetzt,
- verantwortlich und
- vorausschauend denkende Kraft auf Deutschlands politische Bühne tritt.
Oben hatte ich einen "Abstecher" in das Kap. V. "Nationale Finanzen und Wirtschaft neu ordnen" angekündigt, und zwar zu der Ziff.
9. Geldsystem: Grundsätzlich überdenken. Gold heimholen
"Aus Sorge um unser Geld wollen wir auch darüber nachdenken, ob grundsätzlichere Reformen am Geldsystem mit seinem Kartell aus Zentral- und Geschäftsbanken zur Schöpfung von Kreditgeld notwendig sind."Nachdenken ist nie verboten; insofern müsste man das gar nicht in das AfD-Parteiprogramm aufnehmen.Ganz konkret läuft es wahrscheinlich aber auf Geldreformprojekte hinaus, die genauso phantastisch sind wie die Demontage unseres Sozialsystems, die ich oben zurückgewiesen habe. Einzelheiten will ich hier nicht ausführen, weil ich den Themenkomplex "Geldsystem" in zahlreichen Blotts behandelt habe (Täg "Geld/schöpfung"). Exemplarisch verweise ich auf die Einträge
- Ein Professor, der vom Schlagschatz träumt: Wie Joseph Huber uns Willkürgeld als "Vollgeld" andrehen will
- Warum die Libertären nichts vom Geldwesen verstehen
- Hat Autor nicht auch Grips beineben, kann Leser nicht recht glücklich sein. Eine Polemik gegen Monetär-Obskurantisten, die das Volk im Kerker der Geldirrtümer verschmachten lassen. Und welche "Gouverneure" vom Monetär-Fetischismus der Austrians profitieren.
Nachtrag:
Zu Facebook ich gehe - und was ich dort sehe?
Unsere Gegner haben längst Wind von der Sache bekommen! Und das schlachten sie kräftig aus:
- Der Programmentwurf auf der Webseite "correctiv"
- Der Kommentar "Entwurf des AfD-Grundsatzprogramms" des weit links stehenden Andreas Kemper. (Immerhin ist er ehrlich genug, schon in der Überschrift darauf hinzuweisen, dass es sich lediglich um einen Entwurf handelt.)
- Weniger aufrichtig ist die ZEIT (Kai Biermann) wenn er titelt: "AfD-Parteiprogramm: Mehr Polizei, mehr Waffen, mehr Schadstoffe", also jedenfalls in der Überschrift unterschlägt, dass es sich lediglich um den ENTWURF unseres Parteiprogramms handelt.
Nun bin ich heilfroh, dass ich das bereits heute gemacht habe. Auf diese Weise können wir wenigstens gegenhalten und der Öffentlichkeit demonstrieren, dass es auch andere Stimmen in der Partei gibt.
(Und ich bin sicher, dass diese Stimmen der Vernunft in Stuttgart die Oberhand behalten werden!)
Anhang: Einige Überlegungen zur Debatte über die Rentenfinanzierung (Umlageverfahren vs. Kapitaldeckungsverfahren)
Unser Rentenversicherungssystem basiert, was die Pflichtversicherung angeht, auf dem Umlageverfahren. Dabei wird nicht ein Kapitalstock gebildet und aus den Erträgen die Renten gezahlt, sondern die Beitragsleistungen sind ein "durchlaufender Posten", sie fließen sofort in die Rentenausgaben. Daneben haben wir die freiwillige, aber vom Staat geförderte sogenannte "Riester-Rente". Die arbeitet wie jede private Versicherung auf der Basis des Kapitaldeckungsverfahrens, d. h. der Versicherte sammelt Geld an, die Versicherung, Bank usw. "hortet" das (= legt es - möglichst gewinnbringend - in Anleihen usw. an), und wenn der Versicherungsfall eintritt, wird er teils aus den Erträgen bezahlt, teils aus dem angesammelten Kapitalstock selber (der also sukzessive aufgelöst wird). Ich selbst habe mich vor über zehn Jahren sehr intensiv damit beschäftigt, den ökonomischen Nutzen dieser beiden Versicherungssysteme zu vergleichen. Wer sich insoweit schlau machen will, mag meine Webseite "Rentenreich" durchlesen. Freilich wird sich niemand diese Mühe machen: Der Text ist so lang wie ein Buch, und ist mit zahllosen Fußnoten (teils ernst gemeinten, teils ironischen) gespickt. Denn jeder, der da mitredet, wähnt sich ohnehin im Vollbesitz des nötigen Wissens. Das ist jedoch in fast allen Fällen eine Illusion. Klein Fritzchen wird instinktiv zum Kapitaldeckungsverfahren neigen: Das ist doch was Reelles? Da blickt doch jeder durch, wie das funktioniert: Man hat man Geld auf dem (Bank- oder Versicherungs-)Konto "liegen", und wenn man es braucht (d. h. hier: wenn der Versicherungsfall eintritt), greift man auf das zu, was "tatsächlich da ist". Beim Umlageverfahren dagegen lebt die Versicherung scheinbar "von der Hand im Mund": Was ist, wenn mal nicht genügend reinkommt? Dann kann die Versicherung die Renten nicht mehr bezahlen?!! Dann habe ich doch lieber mein eigenes Geld: Das ist wenigstens sicher; "da weiß man, was man hat". Das ist aber eine laienhafte Denke. Tatsächlich gilt für JEDE mögliche Form der Altersvorsorge das sog. Mackenroth-Theorem (das man besser "Mackenroth-Gesetz" nennen sollte, denn seine Richtigkeit ist unbestreitbar). Gerhard Mackenroth, der diesen ZWINGENDEN Zusammenhang bereits 1952 entdeckt hatte, hat ihn so formuliert (meine Hervorhebung):„Nun gilt der einfache und klare Satz, dass aller Sozialaufwand immer aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden muss. Es gibt gar keine andere Quelle und hat nie eine andere Quelle gegeben, aus der Sozialaufwand fließen könnte, es gibt keine Ansammlung von Periode zu Periode, kein ‚Sparen‘ im privatwirtschaftlichen Sinne, es gibt einfach gar nichts anderes als das laufende Volkseinkommen als Quelle für den Sozialaufwand ... Kapitalansammlungsverfahren und Umlageverfahren sind also der Sache nach gar nicht wesentlich verschieden. Volkswirtschaftlich gibt es immer nur ein Umlageverfahren.“Warum ist das so? Nun, ganz einfach: Weil man Geld nicht essen kann! Dem Robinson auf seiner Insel nützt Geld gar nichts, selbst wenn es Goldgeld wäre.
Und wenn die Alten kräftig Geld "bunkern", dann kaufen sie z. B. Anteile an Aktiengesellschaften, oder auch Staatsanleihen.Aber was passiert, wenn sie das Geld benötigen? Bei entsprechend schlechten demographischen Relationen (viele Alte, wenig Arbeitende) sind sie GENAUSO schlecht dran, wie in einem Umlageverfahren. Ein großes Angebot von Wertpapieren stößt auf eine geringe Nachfrage; der Staat nimmt weniger Schulden auf, weil er weniger Einnahmen hat (oder geht gar pleite); die Unternehmen werden weniger wert, weil sie weniger produzieren und verkaufen (können). Also: Die schrumpfende Zahl der Arbeitenden im Verhältnis zu den Rentnern schlägt bei JEDEM Rentenfinanzierungssystem durch.Nun hatte freilich der allseits bekannte Prof. Hans-Werner Sinn (übrigens als Bielefelder ein "Landsmann" von mir, wobei der allerdings nicht aus der Kernstadt kam, sondern aus dem erst später eingemeindeten Brake) eine, wie er selber glaubte, "geniale" Idee, um diesen Zusammenhang vermeintlich auszuhebeln. (Und mit eben dieser Idee, bzw. mit dem wissenschaftlichen Gutachten, in dem sie dargelegt ist, setzt sich mein "Rentenreich" auseinander.) Meister Sinn meinte, wenn man die Menschen zum (Vorsorge-)Sparen zwinge, dann würde sich ja der Kapitalstock erhöhen. Die Wirtschaft, glaubte der Schlaumeier, würde dann schneller wachsen, und so hätten am Ende die Rentner trotz verschlechterter demographischer Relationen relativ gute Erträge aufgrund einer gegenüber dem normalen Wachstumspfad gestiegenen Produktivität und Produktion.Seine Überlegungen (das von mir behandelte Gutachten haben 33 Volkswirtschaftsprofessoren unterzeichnet, aber der Ideengeber, und nach meiner Vermutung auch der (Haupt-)Autor war Prof. Sinn) wurden dann wenige Jahre später tatsächlich - teilweise - (so hatte er es auch vorgeschlagen, eine komplette Abschaffung des Umlageverfahrens wollte er NICHT) durch die Politik umgesetzt: Die sog. Riester-Rente. Für die man sich zwar nicht zwingend versichern muss, bei der aber der Staat Anreize bietet, indem er die Beitragszahlungen bezuschusst. Leider hatte Sinns hübscher Plan zwei zentrale Mängel:
- - er ist insofern sozusagen "intellektuell systemwidrig", als er fundamentale marktwirtschaftliche Zusammenhänge kurzerhand ausblendet und
- - er ist unwissenschaftlich (also gar nicht) begründet.
"Für das Jahr 1989 geben die Sachverständigen eine Sparquote von 9% an; diese würde nach ihren Berechnungen durch die teilweise Umstellung der Rentenfinanzierung auf das KDV mit teilweiser Kapitalanlage in Deutschland auf 12 – 13% steigen (Ziff. 83 Abs. 1). Nun sollte man sich freilich klar machen, dass eine Steigerung des Investitionsvolumens von 9% auf 12% eine Steigerung um 33,3% bedeutet, und diese Zahl sieht doch schon ganz anders aus als lumpige 3%. Es kommt halt immer auf die Basis an, und die Basis für Investitionssteigerungen ist die derzeitige Investitionsquote. Folgt man der Auffassung der Sachverständigen, dass der Kapitalmarkt die zusätzlich generierte Ersparnis renditebringend absorbieren könnte und investitionssteigernd einsetzen würde, hätten wir derzeit eine gigantische Unterdeckung gegenüber dem Investitionsoptimum.
91. Da müsste man sich ganz unabhängig von der Rentenfinanzierung fragen, warum die Wirtschaftswissenschaft diese gewaltige Lücke nicht schon längst gesehen, entsprechende Berechnungen vorgelegt und Abhilfe vorgeschlagen hat. Ob das geschehen ist, kann ich mangels Literaturkenntnis nicht sagen. Das Gutachten führt insoweit keine Literatur auf und stellt auch keine eigenen Berechnungen an außer einem historischen Vergleich. Bereits in den frühen sechziger Jahren, so wird argumentiert, gab es in Deutschland die nunmehr wieder angestrebte höhere Sparquote von 12 – 13%:"Wenn damals der Kapitalmarkt nicht überschwemmt wurde, so ist diese Gefahr auch nicht für den Fall einer Teilkapitaldeckung zu erwarten. Nicht eine Überschwemmung des Kapitalmarktes, sondern eine Erhöhung der privaten Sparquote in die Richtung eines Niveaus, das Deutschland ein stürmisches wirtschaftliches Wachstum, Vollbeschäftigung und sozialen Frieden gebracht hat, ist die Konsequenz der vom Beirat empfohlenen Reform." (Ziff. 83 Abs. 1 und 2)92. Das sind Worte, welche das Herz wärmen, aber den Verstand nicht sättigen. Und zwar schon deshalb nicht, weil wir hier wieder einmal einen merkwürdigen Kontrast zu einer früheren Feststellung der Gutachter diagnostizieren müssen. In Ziff. 82 Abs. 3 wird die Sparquote für das Jahr 1960 mit 15% angegeben und dabei erläutert, dass dieses Jahr als "typisch für die Phase des Wiederaufbaus gelten kann". Nun sind gewiss 12 – 13% weniger als 15%, und die "frühen sechziger Jahre" sind nicht identisch mit dem Jahr 1960. Trotzdem liegt doch immerhin der Gedanke nahe, dass nicht nur im Jahr 1960 selbst, sondern auch noch in den weiteren sechziger Jahren das eine oder andere aufzubauen war, was 30 Jahre vorher in Schutt und Asche gefallen war. Wenn die Sparquote in späteren Jahren mehr oder weniger kontinuierlich gesunken ist, kann man also nicht von vornherein die Möglichkeit außer Betracht lassen, dass es ein "stürmisches wirtschaftliches Wachstum" nach der Aufbauphase nicht mehr geben konnte, weil ein solches Wachstum eben nur für Aufbauphasen charakteristisch ist. Auch haben sich vielleicht die Prioritäten geändert: 'Blauer Himmel über der Ruhr' mag zunehmend wichtiger geworden sein als ungehemmtes Wachstum; die Natur, die bei diesem Wachstum nicht in die Rechnung eingegangen war, mag nunmehr real und im Bewusstsein der Wirtschaftssubjekte mehr und mehr ihre Rechnungen präsentiert haben."
Es fehlt also in dem Gutachten jegliche wissenschaftliche Begründung, warum das Zwangssparen (ein solches ist es nämlich de facto) zur Altersvorsorge eine Steigerung der Investitionsquote a) möglich und b) wahrscheinlich machen sollte.Ein wirklich marktwirtschaftliches Denken müsste sie sogar für höchst unwahrscheinlich halten. Es würde nämlich wie folgt argumentieren:- Früher hatten wir 13% Investitionsquote, heute haben wir nur noch 9%- Also hat offenbar DER MARKT die Investitionsquote "herabgeregelt" - aus welchen Gründen auch immer.
Ein wissenschaftliches Denken kann nicht einfach behaupten, dass eine früher erreichte Investitionsquote auch heute jederzeit möglich sein müsse. Vielmehr müsste es sich fragen, WARUM der Markt die Quote herabgeregelt hat. Theoretisch kann es sein, dass man dann auf ein Marktversagen stößt, oder auf einen staatlichen Eingriff, der MARKTWIDRIG diese Herabsetzung bewirkt hat. Ich wüsste freilich nicht, was das sein sollte. Und die 33 Adepten des Kapitaldeckungsverfahrens offenbar auch nicht, denn sonst hätten sie sich nicht damit begnügt, kurzerhand "früher war alles besser, aber das können wir heute wiederherstellen" zu sagen. Mit solcher strengen Wissenschaft wäre natürlich Sinns ganzes Kartenhaus in sich zusammengefallen; also hat er sich die Mühe dieser Selbstkritik erspart, und einen ungedeckten Wechsel auf die schöne neue Welt gewaltig gesteigerter Investitionen ausgestellt. Die kamen nicht. Wie man sich eigentlich hätte denken können, drosselte das Zwangssparen die Nachfrage. Und natürlich haben die Unternehmer auch nicht mehr investiert.Aber die Deutschen wussten einen Ausweg: Sie produzierten weiterhin wie die Teufel, und verkauften das Zeug ans Ausland. So haben wir in Deutschland gigantische Exportüberschüsse (und auch Leistungsbilanzüberschüsse), was aber nichts anderes bedeutet, als dass wir unser Geld ans Ausland verliehen haben.Das wäre nicht schlimm, wenn das Ausland unsere Gelder investieren würde. Beispielsweise gibt es am Kongo eine Stelle ("Grand Inga rapids"), wo man einen Staudamm bauen könnte, und mit diesem ganz Afrika mit Strom versorgen. Nur: Wer investiert schon sein Geld im Kongo?
Da verlässt man sich doch lieber auf solide Partner, wie die USA!Die haben unser Geld gerne genommen - aber leider auch nicht in Unternehmen oder Energieerzeugung investiert (davon haben die ja sowieso genug), sondern in - Granitküchen! Bzw. Immobilien, die immer größer, luxuriöser und teurer wurden, obwohl die Löhne (auch) in den USA schon seit langem stagnierten.Es kam, wie es kommen musste: Großer Bankenkrach 2008 (bzw. eigentlich schon 2007 beginnend), unser Geld war futsch. Abstrakt formuliert: Der Markt hatte die Ersparnisse "angelegt", aber er konnte das nur in einer Weise tun, die nicht im Sinne des Erfinders war. Weil es für gesteigerte Investitionen offenbar keine Nachfrage gab, floss das Geld in kreditfinanzierten Konsum. (Und so läuft das Spiel, freilich in verdeckter Form, im Eurotz-Raum noch immer.)Das lag natürlich nicht ausschließlich an dem von Prof. Sinn ersonnenen Zwangssparen. Aber darum geht es hier auch nicht, sondern lediglich um den Nachweis, dass das Sinn-System fehlgeschlagen ist.Das hat er auch selbst (irgendwo, finde die Passage nicht mehr) eingesehen, aber irriger Weise nicht als grundsätzlichen Denkfehler seines Systems, sondern als eine Fehlfunktion, die man korrigieren müsse - und korrigieren könne. Irgendwie müsse man also dafür sorgen, dass diese Ersparnisse eben nicht ins Ausland abfließen, sondern hier die Investitionen steigern.
Das kann man natürlich machen - im Sozialismus. Im Kapitalismus kaum; da "rächt" sich der Markt, selbst wenn der Staat versuchen wollte, die Marktwirtschaft massiv zu vergewaltigen (beispielsweise durch Investitionszuschüsse). Das Sinn-System ist eben "fundamentally flawed", schon vom Grundsatz her falsch, bzw. unzureichend gedacht und durchdacht.Was aber nichts daran ändert, dass er selber und die Massen, und ebenso die Politik (und die Mainstream-Wirtschaftswissenschaft sowieso) immer noch dieser Schimäre nachrennen.
Dieser Text darf mit Quellenangabe gerne weiterverbreitet werden.
ceterum censeoWer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":Der hat den A.... offen!Textstand vom 13.03.2016