„AfD nee!“ Mit diesen Worten in musikalischer Form stellt Jochen Schäfer, Musiker und politischer Aktivist aus Marburg, klar, dass er die rechtspopulistische Partei nicht für eine gute Alternative für Deutschland hält. Die Reaktion auf dieses Statement entlarvt das Demokratieverständnis der AfD auf deutliche und frapierende Weise.
Begonnen hatte alles mit der Aktion Grundgesetz-lesen im historischen Saal des marburger Rathauses am 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte. Zum Abschluss der mäßig besuchten Veranstaltung stellte Jochen Schäfer seine neue Fanfare „AfD nee!“ vor. „Die ersten drei Töne A, F und D werden durch ein dissonantes „Nee!“ konterkariert. Nach einer doppelten Wiederholung dieser Aussage folgen D, F und B für „Demokratie“, „Freiheit“ und „Bürgerrechte“ als positive Antwort auf Nationalismus, Rassismus und Gewalt“, erläuterte die Humanistische Union in einer Pressemitteilung Aufbau und Sinn der Fanfare. Es war eine Aktion wie jede Andere, die von Bürgerrechtlern in diesen Zeiten gestartet wird: Sie blieb weitgehend unbeachtet. Doch als das Video dann auf Youtube stand, erhielt es, neben einigen positiven Kommentaren, einen gewaltigen Shitstorm aus der rechten Ecke. Die AfD fordert immer wieder für sich die Meinungsfreiheit ein und sieht sich als Opfer einer Gesinnungsdiktatur von links, doch sie kann augenscheinlich mit der Meinung Andersdenkender nicht umgehen. Anders sind die teils beleidigenden Kommentare unter dem Video nicht zu erklären. Doch dieses unzivilisierte Verhalten erstreckt sich nicht nur auf die Anhänger der rechtspopulistischen Partei, sondern auch auf ihre Funktionäre. In einem Artikel der marburger Lokalzeitung „oberhessische Presse“ heißt es: „Ulrike Markert, stellvertretende Kreisvorsitzende (der AfD), bezeichnete die Mitglieder der HU auf OP-Anfrage als „poetische und musische Bildungsbomben“. Des Weiteren empfiehlt sie Jochen Schäfer „den Besuch einer
guten Musikschule im Marburger Umland“.“ Und etwas später: „Während AfD-Sprecherin Markert die Fanfare als „perfektes Beispiel für die Infantilisierung des politischen Raumes“ sieht, will Schäfer mit seiner Komposition „möglichst viele Menschen wachrütteln.“
Getroffene Hunde bellen.
Wenn man auf eine einfache, vom Grundgesetz mehr als gedeckte, nicht einmal provokative, in Kunst gefasste Meinungsäußerung nur mit Hetze, Hass und Häme reagieren kann, dann ist für mich klar, wer die Infantilisierung des politischen Raumes betreibt. Die AfD ist offenbar sogar dann schon eine Mimose, wenn lediglich deutlich gesagt wird, dass man ihr Programm ablehnt. Andere parteien, liebe Volksgenossen, müssen sich das jeden Tag anhören, und zwar von euch! Ihr seid nie zimperlich, wenn es um die Verunglimpfung des politischen Gegners geht, und jetzt habt ihr Probleme mit ein paar Tönen auf dem Klavier.
Normalerweise bin ich immer dafür, Hass im Netz zu entfernen, aber diesmal hoffe ich, dass die Kommentare, mit denen sich die AfD-Wähler selbst diskreditieren, unter dem Video erhalten bleiben. Auch das ist politische Kunst, zumindest in diesem Falle.