[Adventskalender] 1. Dezember

[Adventskalender] 1. Dezember

 

3 Schulen, 2 Kindergärten, 4 Spielplätze, 8 Bäcker, 3 Metz­ger, 1 Kirche, 7 Gasthäuser, 1 Polizeistation, 25 Geschäfte, 1 Kaufhaus, 3 Tankstellen, 1 Kino – das ist Zifferdingen. Jetzt in der Vorweihnachtszeit glänzt und blinkt es überall, wo man nur hinschaut: Lichterketten mit Tausenden kleiner Glühbirnen durchziehen die Innenstadt, in den Vorgärten der Häuser am Stadtrand leuchten Weihnachtsmänner aus Plastik und viele Kinder tragen rote Weihnachtsmannmüt­zen, auf denenkleine Lämpchen blinken.
Also eine Stadt wie viele andere? Nein! Denn Zifferdingen hat eine Besonder­heit: die Zifferdinger! Sie lieben es nämlich, Rätsel aufzuge­ben. Und die hängen mit dem Namen ihrer Stadt zusammen: ZIFFERdingen. In ihren Rätseln geht es meist um Ziffern und Zahlen. Wenn man zum Beispiel Herrn Altin und seinen Sohn trifft und fragt, wie alt er ist, so sagt er: »Jetzt bin ich dreimal so alt wie mein Sohn, vor vier Jahren aber war ich viermal so alt wie er.« Er hätte natürlich auch sagen können, dass er 36 Jahre alt ist und sein Sohn 12.
Aber das wäre ja zu einfach. Ebenso ergeht es einem in Zifferdingen beim Weih­nachtseinkauf, beim Krippenspiel, in der Schule, auf dem Weihnachtsmarkt…

Also 8ung, aufgepasst und mitgem8! Viel Spaß bei der Run3se durchs weihn8liche und räts11reudige Zifferdingen …

Herr Petruk war Briefträger und tat, was Briefträger eben so tun: Briefe und kleinere Päckchen austragen. Früher war Herr Petruk Briefträger in einer großen Stadt gewesen. Er hatte dort jahrelang immer in denselben Straßen  die  Post ausgetragen. Aber nach vielen Jahren in der Großstadt und nachdem seine Kinder aus dem Haus waren, hatten er und seine Frau beschlos­sen in eine kleinere Stadt zu ziehen. Nach Zifferdingen. Das er zunächst für eine wunderbar normale Stadt hielt. Aber als man ihm seinen Bezirk zuteilte, zweifelte er  doch  daran, ob  in Zifferdingen alles mit rechten Dingen zuging. Sein künftiges Ar­beitsgebiet lag nämlich  im Viertel der »Weihnachtswächter«. Die Weihnachtswächter, das war eine Gruppe etwas verrückter Künstler,  die sich zusammengeschlossen  hatten  und  seitdem die verrücktesten Kunstobjekte herstellten, die alle mit
Weih­nachten zu tun hatten. Die Idee war entstanden, weil die Haupt­straße, die durch das Viertel führte, Weihnachtsstraße hieß. Be­rühmt wurden eine knallrote Weihnachtskrippe mit knallgrünen Robotern, ein 20 Meter hoher Weihnachtsbaum aus Fernseh­antennen, ein Video, auf dem ein winziger Weihnachtsmann zu sehen war, der immerzu »Frohe Ostern« wünschte, und vieles andere mehr. Und hier in diesem Viertel mit der Weihnachtsstraße sollte Herr Petruk ab heute die Post austragen.

Er hatte seine Posttasche genommen und sie auf das Fahrrad verfrachtet. Die Tasche war mehr als voll. In der Weihnachtszeit war das normal. Da schickten eben alle Leute Weihnachtsgrüße und in kleineren Päckchen auch Geschenke an Freunde oder Verwandte. Herr Petruk stöhnte. »Na, das geht ja gut los. Erster Tag, ein Haufen Post. Da werde ich mich wohl zweimal auf den Weg machen müssen. Also jetzt fahre ich erst einmal zur Weih­nachtsstraße.« Er schwang sich aufs Fahrrad und fuhr los. Kurz darauf war er am Beginn der Weihnachtsstraße angekommen. Sie war nur auf einer Seite bebaut. Auf der anderen Seite begann schon der Stadtwald. »Na prima«, meinte Herr Petruk, »da brau­che ich
wenigstens nicht nach geraden und ungeraden Hausnum­mern zu sortieren.« Er schaute sich um. »Na bitte, da ist ja schon Hausnummer 1.« Er warf die entsprechenden Briefe ein. So auch bei Nummer 2. Hier wohnt bestimmt ein Künstler, dachte er, als er einen rosaroten Weihnachtsbaum sah, der mit lauter grünen viereckigen »Kugeln« geschmückt war. Auf der Spitze des Weih­nachtsbaumes saß ein kleiner Gartenzwerg, der in seinen Hän­den einen noch kleineren Gartenzwerg hielt, der wiederum ei­nen winzig kleinen Weihnachtsbaum festhielt. Staunend stand Herr Petruk davor. >Schön, ist doch mal was anderes<, dachte er und schob sein Fahrrad weiter. Auch vor dem Haus Nummer 3 staunte er. Acht große Weinflaschen standen davor. Auf der ers­ten stand Wein1, auf der zweiten Wein2, auf der dritten Wein3 bis hin zur Flasche Wein7. Auf der letzten Flasche stand nichts geschrieben. >Seltsam<, dachte Herr Petruk, >das müsste doch Wein8 sein … Ach so! Wein8 wie Weihnacht.< Lächelnd warf er die Post in den Briefkasten und ging zu Haus Nummer 4. Dachte er! Haus Nummer 4 aber gab es gar nicht. Das nächste Haus hatte die Nummer 5.

>Nummer 5? Wieso Nummer 5? Nach Nummer 3 kommt immer noch Nummer4!< Herr Petruk ging zurück. Da war Num­mer 3. Er ging wieder zurück. Nummer 5. Er hatte sich nicht geirrt. >Komisch<, dachte er und warf die Briefe für Nummer 5 in den entsprechenden Briefkasten. Noch immer kopfschüttelnd ging er
weiter zum nächsten Haus und staunte nicht schlecht, als er nach der Hausnummer sah: Nummer 8!

»Das gibt’s doch gar nicht«, sagte er laut. »Was soll denn das jetzt?«

Er wühlte in seiner Posttasche, um nachzusehen, ob er auch Post für Hausnummer 8 hatte. Aber nein, nur Post für Hausnum­mer 13. »Jetzt versteh ich gar nix mehr«, sagte er vor sich hin und ging zum nächsten Haus, das tatsächlich die Nummer 13 trug. In diesem Moment öffnete sich die Haustür und heraus kam eine junge Frau mit einem
bodenlangen Gewand, unter dem ka­rierte Filzpantoffel hervorschauten. Auf dem Kopf trug sie eine große bunte Mütze mit einem roten Hahnenkamm.

»Hallo, Herr Briefträger!«, sagte sie. »Ich hab schon auf Sie gewartet. Haben Sie was für mich?«

»Wenn Sie Frau Klammer sind? Dann ja.«

Herr Petruk überreichte ihr drei große Umschläge, die die Frau strahlend anschaute. »Wunderbar! Meine Weihnachts­geschenke. Das sind alles speziell für mich
angefertigte Flügel­schrauben, wissen Sie. Die brauche ich für meine Arbeit.« Und sie zeigte auf die Haustür, die, wie Herr Petruk erst jetzt bemerkte, aus lauter kleinen Weihnachtsengeln bestand, deren Flügel aus den breiten Flügelschrauben bestanden. Herr Petruk schaute noch einmal in seine Posttasche und fragte dann: »Sagen Sie mal, Frau Klammer, ich bin ja neu hier. Aber das mit den Hausnummern hab ich nicht verstanden. Erst kommt Nr. 1, dann Nr. 2, dann Nr. 3, Nr. 5, Nr. 8 und jetzt hier Nr. 13 …«

»… Na, dann können Sie sich ja ausrechnen, welche Nummer das nächste Haus hat«, unterbrach ihn Frau Klammer und schloss die Tür.

Ratlos stand Herr Petruk da. >Wieso? Wie kann ich das aus­rechnen ?<, dachte er. Und er begann nachzudenken.

[Adventskalender] 1. Dezember

Stefan Wilfert: Wer rechnet schon mit Weihnachten?

©  2006 Deutscher Taschenbuch Verlag, München.

 

[Adventskalender] 1. Dezember

[Adventskalender] 1. Dezember

  • Autor: Stefan Wilfert
  • Titel: Wer rechnet schon mit Weihnachten? 24 Knacknüsse für Rätselfans
  • Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag, München
  • ISBN: 978-3423711944
  • Seiten: 128
  • vom Hersteller empfohlenes Alter: 7 – 11 Jahre

Und hier kommt die Lösung:  (bitte markieren)

Herr Petruk hatte noch einmal genau überlegt, wie die Hausnummern bisher geheißen hatten: 1, 2, 3,5,8,13. Erst einmal hatte er es mit den Abständen zwischen den Zahlen ver­sucht, aber das hatte zu nichts geführt. Dann hatte er plötzlich ge­sehen, dass man die Zahlen zusammenzählen muss. Und zwar im­mer die zwei Zahlen vorher. Also die 3 ergibt sich durch 1+2. Zählt man 2 + 3 zusammen, ergibt sich 5.3 + 5 ergibt 8 und 5 + 8 ergeben 13. Also musste die nächste Hausnummer die 21 sein, denn 8 + 13 ergeben 21. Herr Petruk ging ein paar Schritte weiter. Und tatsächlich, groß am Haus stand eine 21. Aus der Haustür kam gerade ein als Weihnachtsmann verkleideter Mann heraus.

»Ho, ho«, sagte er. »Post für den Weihnachtsmann. Nur her damit, guter Mann.« Herr Petruk schaute auf die Post und sagte: »Aber nur, wenn Sie der Herr Einstein und nicht der Weihnachtsmann sind.« Herr Einstein lachte und meinte: »Nein, ich bin der Weih­nachtsmann und nur ganz selten mal Herr Einstein.« Er nahm die Briefe und verabschiedete sich: »Danke, Herr Petruk!« Und weg war er.

Herr Petruk? Ja, woher wusste der jetzt den Namen des Briefträgers?

 


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