Advent, Advent, die Sonne brennt. Das Land ist verschneit: Stade Zeit!

Von Cangrande


Wenn das Reh frisst auf dem Mist
Weißt du, dass es Winter ist!

Tagelang hatte es geschneit - was nicht unbedingt jeden freut.
Eher nicht wohl dieses Reh, das zwei Tage nach dem 1. Advent vom Hunger hier nach Schwangau mitten ins Dorf getrieben wurde (in einen Hausgarten bei der Kirche St. Georg).
Die Autofahrer werden auch nicht glücklich über den Schneefall gewesen sein.
Aber wir genossen die Fahrt mit dem Linienbus durch die verschneite Landschaft am ersten Adventssonntag, (01.12.2013).
Leider gibt es hier im Landkreis Ostallgäu keinen Verkehrsverbund. Aber immerhin kann man mit einem Familienticket für 11,- €, den ganzen Tag lang umher fahren, und auch ein Stück weit in den benachbarten Landkreis Weilheim-Schongau hinein.
So starteten wir schon kurz nach 8.00 Uhr, um gleich 2 Fliegen mit einer Fahrkarte zu schlagen: Den "Nikolausmarkt" in Steingaden (den wir noch nicht kannten) und den
Weihnachtsmarkt in Trauchgau, einem Ortsteil der heutigen Gemeinde Halblech, der uns bereits vor 2 Jahren begeistert hatte.
Steingaden war ein großer Flop für uns: Ein "Hosenträgermarkt" oder "Schnürsenkelmarkt", wie ich die "Krammärkte" nenne.
Die Ankündigung auf der Gemeindewebseite (jetzt nur noch im Google Cache sichtbar): "Der traditionelle Nikolausmarkt findet von 9.00 - 17.00 Uhr statt. Eine große Zahl von Händlern bieten auf dem Marktplatz und in der Welfenstraße ihre Waren an" hätte uns stutzig machen sollen.
Aber während der Markt uns arg enttäuschte, war immerhin der Bäckerladen dort geöffnet, und die Kreppel vom Vortag, mit reicher Rum- bzw. Eierlikörfüllung, gab es zum halben Preis.
Das Beste gab es sogar gratis: Den Sonnenschein, der hier eine Gruppe geometrischer Grundformen beleuchtet:

 Das Welfenmünster (die ehemalige Prämonstratenser-Stiftskirche St. Johannes Baptist; vgl. Wikipedia) hatten wir bislang innen immer ziemlich duster erlebt, dieses Mal aber strahlte hier und dort die Sonne herein. Also holte ich die Knipse heraus und schoss Bild um Bild.
Hier z. B. von den Reflexen in den Spiegeln, die in den Ecken der Gewölbe des Kirchenschiffs angebracht sind:



Die Putten kommen so viel besser heraus .....


..... und auch das Deckengemälde über der Orgel, ...


... welche mit der Orgelempore und deren filigraner Balustrade in ihrer ganzen Pracht auf diesem Foto zu sehen ist:

[Hier eine eindrucksvolle HDR-Aufnahme des Innenraumes mit Blick zur Orgelempore.]
Aber auch der Blick nur auf die Kante der Orgel kann entzücken:


Überall Lichtreflexe; auf dem 1. Bild kreisförmige Strukturen, welche die Sonne durch die Butzenscheibenverglasung der Kirchenfenster auf einen Pfeiler im Kirchenschiff zeichnete:


Noch vor der Mittagszeit nahmen wir den Bus zurück in Richtung Füssen, stiegen aber vor Schwangau aus, im Nachbarort Halblech, Ortsteil Trauchgau. Von der Bushaltestelle am Gasthof Post gingen wir nicht durch die Straßen im Wohngebiet, sondern entlang eines Baches und der Parkplätze für die Festbesucher sozusagen "von hinten" via Friedhof auf den Platz vor der Kirche St. Andreas, wo der Hauptteil des Weihnachtsmarktes stattfindet. Auf diesem Weg konnten wir einige Winteraufnahmen im Gegenlicht machen:


Für die Kinder war die Hauptattraktion wohl der Nikolaus, nach welchem hier sogar "Maria" Ausschau hält:


Und immer wieder die Frage: Kommt er? Ist er dort hinten schon?


Ja und dann kam er. Die zwei im Vordergrund hat er nicht beschenkt; die hatten ja schon was.


(Die können froh sein, dass sie der Rute entkommen sind, welche der Nikolaus auch nicht vergessen hatte!)

Etwas ganz besonderes bot das aus einer Scheune umfunktionierte "Kino": Einen Film über die "Draugar [Dialekt für "Trauchgauer"] Weihnacht".
Maria und Josef pilgerten da per pedes (Josef) und Esel (Maria) nach Trauchgau, und fanden nirgends eine Herberge. Heute eher unwahrscheinlich, aber weil die beiden in der Originalversion der Story bekanntlich in einem Viehstall übernachten mussten, durften sie auch in Trauchgau weder Hotel noch Ferienwohnung beziehen, sondern wurden in einen Stall verwiesen. Wo dann die Hirtenbuben kamen und Maria mit ihrem im Stalle geborenen Jesuskind bestaunten.
Das alles im schönsten lokalen Dialekt. War wirklich eine tolle Idee und ein schöner Film (teilweise auch mit alten Aufnahmen).

Ein schmuckes Schmuckobjekt an einem Privathause:

... und zwischen den Häusern hindurch werfen wir immer wieder Blicke in die verschneite Landschaft: 

Von der Haltestelle am Gasthof Post nehmen wir relativ früh (gegen 16.00 h) den Bus zurück.
Hier im Allgäu spricht man schwäbisch, nicht bayerisch. Aber den Ausdruck "stade Zeit" (stille Zeit) für die Adventswochen vor Weihnachten kennt man auch hier.
Und dieses nette
Gedicht auf bayerisch
"Jez is da de stade Zeit,
wo ma se hod so lang drauf g´freit...
....."
versteht sicherlich jeder.
Textstand vom 07.12.2013
(Mein übliches "ceterum censeo"-Gezeter lasse ich in diesem Weihnachts(markt)blott pietätvoll weg.)