Adobe Photoshop CC Review

Erstellt am 18. Juni 2013 von Markuswaeger @markuswaeger

Stichtag! Photoshop CC ist da und wer von heute an mit dem Primus unter den Bildbearbeitungsprogrammen arbeiten möchte, und keine Kaufversion hat, der darf mieten. Für Photoshop-Neulinge wird sich die Frage Photoshop CC ja oder nein kaum stellen. Doch wie steht es für Nutzer, die bereits eine Lizenz von CS6 haben – lohnt sich der Umstieg auf CC?

Meine Bedenken zu Adobes neuen Wegen in die Creative Cloud habe ich bereits vor einigen Tagen in mehreren Artikeln veröffentlicht und in »Pro und Kontra Adobe Creative Cloud« zusammengefasst.

Ich kann mich zwar sehr für Produkte begeistern, aber ich bin kein kritikloser Mensch. Als werbe- und sponsorfreier Blogger genieße ich den Vorteil nicht von Anzeigen von Herstellern der Dinge die ich teste abhängig zu sein und muss mir deshalb kein Blatt vor den Mund nehmen. Es läge mir allerdings auch nicht etwas schönzuschreiben, nur weil es Kohle dafür gibt. Das ist natürlich eine Gefahr, wenn man Produkte zum Testen erhält. Ich würde mich natürlich freuen Kameras und Objektive von Nikon, Leica, Fuji & Co für Tests zu bekommen, hätte aber Skrupel mich mit einem Verriss zu bedanken, wenn ich das Produkt Mist fände, obwohl ich wahrscheinlich nicht viele Produkte verreissen müsste um keine Testobjekte mehr zu erhalten. Das ist das Dilemma von Zeitschriften und Magazinen die Testen: Sie sind sowohl auf Testprodukte als auch auf Anzeigen angewiesen. Bei den Produkten die ich bezahle fällt mir das leichter.

Ich könnte auch kein Buch über ein Produkt schreiben, das mich nicht überzeugt, denn ich fände es ebenso unangemessen, dem Leser etwas über meine wahre Meinung vorzuflunkern, wie auch ihm darzulegen, dass ich sein Produkt für Humbug halte – und die Bücher die ich schreibe liest man halt vor allem dann, wenn man das Produkt davor gekauft hat.

Glücklicherweise konnte ich mich für jede Kamera, die ich bisher beschrieb, begeistern, ebenso wie mich »Grafik und Gestaltung« noch immer begeistert, wie mich kreatives Fotografieren begeistert und wie mich Photoshop begeistert hat. Womit wir wieder beim Thema wären: Was halte ich von Photoshop CC? Mir scheint es sinnvoll die Antwort auf diese Frage in drei Teile aufzuteilen.

I. Teil: Photoshop

Ich arbeite seit knapp 20 Jahren – seit der Version 2 – intensiv mit Photoshop. Es ist ein phantastisches Programm, nicht umsonst Industriestandard und es gibt weit und breit keine ernstzunehmende Alternative. Natürlich gibt es da und dort, wie überall, etwas zu bekriteln, aber in meinen Augen verdient es jederzeit 5 von 5 Sternen!

(Leser, die mit Kritik nichts anfangen können, oder zumindest Photoshop nicht kritisiert haben wollen, sollten jetzt aussteigen.)

II. Teil: Photoshop 14

Photoshop CC ist die 14. Version des Programms. Die Meilensteine in der Entwicklung Photoshops sind für mich die Einführung von Ebenen in der Version 3 (eigentlich der Meilenstein), Einstellungsebenen in 4, editierbare Texte und Farbmanagement in 5, Reparaturpinsel in 7, Schnellauswahlwerkzeug in 10 (CS3), Einstellungsebenen in Paletten bearbeiten, statt in Dialogen, und Einführung von Kante Verbessern in 11 (CS4), Kante verbessern in einer ausgereiften Version in 12 (CS6) und Einstellungen wandern aus der Palette Korrekturen in die Palette Eigenschaften in Version 13 (CS6).

Und welche Meilensteine sehe ich in der 14. Version von Photoshop? Sehen wir uns einmal an, was die wichtigsten Neuerungen sind die Adobe nennt und wie ich dazu stehe.

Selektiver Scharfzeichner: Der selektive Scharfzeichner ist durchaus sinnvoll überarbeitet worden. Bislang habe ich Unscharf maskieren bevorzugt, mit dem neuen Filter könnte ich mir vorstellen umzusteigen und ich werde in Zukunft auch diesen (statt Unscharf maskieren) in meinen Seminaren zeigen. Ich gehe aber davon aus, dass die Profis komplexe Aktionen mit Lab-Kanälen und Masken nutzen und damit bessere Ergebnisse erzielen, als mit diesem neuen Filter. Ein Grund für ein Upgrade? Für mich nicht.

Intelligentes Upsampling: Der Algorithmus zum Interpolieren (genauer gesagt aufblasen) von Bildern soll sich geändert haben. Bei mir kommt das Aufblasen von Bildern ja durchschnittlich genau 0 Mal im Jahr vor. Allerdings weiß ich, dass viele Bildagenturen verlangen, dass Bilder auf eine bestimmte Auflösung hochinterpoliert werden – der Selbstbetrug scheint diesbezüglich soetwas wie allgemeiner Konsens zu sein.

Dennoch hat mich interessiert was der neue Algorithmus taugt und deshalb habe ich dieses Bild von Verena herangezogen und um 500% aufgeblasen. Eine Interpolation um 500% bedeutet, dass das Programm für 1 vorhandenes Pixel 24 neue dazu erfinden muss.

Und nun die interpolierten Ausschnitte in 100%, zuerst Photoshop CS, dann Photoshop CC und dann, als Vergleichssoftware, onone Perfect Resize:

Die Ergebnisse von Photoshop sind durchaus passabel – ich hätte mir erwartet, dass sich die Spezialsoftware Perfect Resize im Vergleich besser schlägt – doch wenn ich das CS-Resultat mit dem CC-Resultat vergleiche, dann habe ich den Eindruck, dass in der neuen Version vor allem stärker nachgeschärft wird. Dazu brauche ich aber kein Upgrade.

Ein Grund für ein Upgrade? Für mich nicht.

Tools der Extended-Version: Da ich weder mit 3D noch mit Film arbeite kann ich auf die Extended-Version verzichten. Zwar sind die Effekte, die sich mit Typo und 3D erzielen lassen, nicht uninteressant, allerdings habe ich bereits CS6 Extended und habe die Funktionen trotzdem noch nie genutzt. Also auch das kein Grund für ein Upgrade.

Camera Raw 8: Wenn ich diese Neuerung richtig verstehe, dann liegt sie darin, dass Camera Raw jetzt die Nummer 8 statt 7 hat. Ein Grund für ein Upgrade? Stimmt: Ich scherze.

Verwackeln reduzieren: Dieser Filter hat ungefähr die Praxistauglichkeit des Inhaltsbasiert-Verschieben-Werkzeugs – also keine. Allerdings wundert mich das nicht. Ich habe schon viele Technologie-Previews in YouTube-Filmchen gesehen, die mit Begeisterung geteilt wurden, bei denen ich mir aber sicher war, dass sie niemals in brauchbarer Qualität auf meinem Rechner landen werden. Ganz einfach deshalb, weil es Probleme gibt, die sich niemals mit Software lösen lassen werden, und dazu gehört die Beseitigung nennenswerter Unschärfen. Ein Grund für ein Upgrade? Sicher nicht!

Mercury Graphics Engine: CC startet schneller als CS6. Ansonsten merke ich keinen nennenwerten Unterschied in der Bearbeitungsgeschwindigkeit. Da hatte ich beim Upgrade von CS5 auf CS6 eher das Gefült, dass die neue Version flüssiger läuft.

Camera Raw als Filter: Eine interessante Option die neue Möglichkeiten eröffnet und etwas, das ich an Photoshop CC erwähnenswert finde. Von einem Must-have allerdings weit entfernt.

Neugestaltung des Bildgröße-Dialogs: Eine ebenfalls sehr sinnvolle Überarbeitung hat der Dialog zur Neuberechnung der Bildgröße erhalten. Vor allem die 100-%-Vorschau sollte Einsteigern helfen, nicht versehentlich ein Bild über alle Maßen aufzublasen. Für mich ein Grund für ein Upgrade? Nicht wirklich.

Verbesserte Typografieformate: Ich sage es mal so: Es gibt sicher irgendwo auf der Welt einen Anwender, der sich darüber freut. Meiner Erfahrung nach verwenden aber selbst in InDesign, wo Textformate der reine Segen sind, nur ein kleiner Teil der Anwender, die tatsächlich davon profitieren würden, diese Möglichkeit.

Adobe führt auf seiner Website noch weitere Neuerungen an, wie editierbare Rechtecke mit abgerundeten Ecken, Gezielte Auswahl von Formen und Pfaden, erweiterte Unterstützung von Smart-Objekten, optimiertes Malen in 3D, CSS-Attribute über die Zwischenablage, bedingte Aktionen und dann werden noch ein paar Alibipunkte (»Leistungsfähige Design-Werkzeuge« – gab es die bislang noch nicht?) und Funktionen, die nun wirklich nicht neu sind (»Speichern im Hintergrund und automatische Wiederherstellung« – gibt es seit CS6) genannt.

III. Teil: Creative Cloud

Photoshop ist ein tolles und eigentlich konkurrenzloses Programm. Die Innovation an der Cloud hingegen kann ich nicht erkennen: Communitys gibt es anderswo auch – kostenlos und unabhängig. In der Cloud bin ich seit langem (SugarSync, 30GB für knapp 5 Euro im Monat und Dropbox, 3GB kostenlos). Ach ja: Und man kann Adobe Programme nun aus der Cloud herunterladen und lokal installieren. Der Unterschied zu früher: Man hat sie vom Server runtergeladen und lokal installiert.

Fazit

Adobe Photoshop ist ein tolles Programm. Das ist ein Fakt. Es gibt keine Alternative. Das ist ebenfalls ein Fakt. Der Rest ist meine subjektive Einschätzung.

Photoshop CC bringt mir nichts, was mich dazu verleiten würde, mich auf ein Abomodell einzulassen – dafür habe ich viel zu viele Bedenken. Möglicherweise sind die Bedenken unbegründet. Deshalb werde ich einmal ein paar Jahre die Entwicklung abzuwarten – schließlich gibt es nicht wenige Profis die noch immer mit Photoshop CS3 arbeiten, und der ist vor sechs Jahren vorgestellt worden.

Ich arbeitete jetzt mehrere Wochen mit Photoshop CC (mittlerweile wieder von der Festplatte entfernt) und bin es bei der Arbeit an meinem Photoshop-Workshop-Buch in Breite und Tiefe durchgegangen. Es sind ein paar Details, die einen manchmal daran erinnern, dass man nicht mehr in CS6 sondern CC arbeitet. Die paar Neuerungen würden für mich eher als Update, denn als kostenpflichtiges Upgrade durchgehen. Deshalb habe ich auch schon behauptet, dass, wer wegen Photoshop von CS6 auf CC umsteigt, in Zukunft mietet, was er letztes Jahr gekauft hat.