Adele “21” (XL Recordings)
Die Assoziation zum Thema Volljährigkeit liefert sie mit dem Albumtitel selbst, für jemanden, der fast doppelt so alt ist wie die bald dreiundzwanzigjährige Londonerin und naturgemäß über einen etwas anderen Sozialisationshintergrund verfügt, stellt sich deshalb auch die Frage: Wie hart darf man mit Adele Atkins eigentlich ins Gericht gehen, wenn es um die Qualität ihres neuen Albums geht?
Dass wir uns richtig verstehen – genaugenommen hat sich im Vergleich zum Debüt “19” eigentlich wenig verändert: Sie hat, wenn sie will, immer noch diese schöne, dunkle, sich zuweilen angenehm überschlagende Stimme. Sie steht, wenn sie will, bei Beat, Swing und Stomp in einer Reihe mit Amy Winehouse und Kate Nash. Sie beherrscht, wenn sie denn will, die zarte Ballade genauso wie den knochentrockenen Soul. Das Problem ist: Sie will offenbar nicht mehr so oft oder hört auf den Rat von Leuten, die wiederum meinen, sie müsse nicht so oft wollen. Was jammerschade ist, denn so verheißungsvoll “21” beginnt – Stücke wie “Rolling In The Deep” und “Rumour Has It” waren so furios nicht mal auf dem Erstling zu finden – so konsequent taucht das Album gleich darauf in balladesker Durchschnittlichkeit ab und findet nur noch selten den Weg an die rettende Oberfläche. Die Texte zwar gewohnt gewitzt und unverkitscht, die Musik dazu aber sehr bald eine vorhersehbare Aneinanderreihung von getragenen Pianoklängen, Gospelchor und mediokrem Bombastpop. (Da ist es dann auch fast unerheblich, dass vier der Stücke von Produzentenlegende Rick Rubin veredelt sein sollen – hier nichts Genaueres wissen zu wollen erspart einem möglicherweise manche Entäuschung.) Einzig beim trotzig traurigen „Set Fire To The Rain“ stimmt die Mischung, hier gehen leidenschaftlicher Gesang und wunderschöne Melodie Hand in Hand und fesseln für den Moment. Das Cure-Cover „Lovesong“ gerät nett, aber unspektakulär, beim folgenden „Someone Like You“ hätte ein Rat mit Sachverstand gutgetan, sie tut hier ihrer Stimme und dem Hörer keinen großen Gefallen.
Das Mädel ist also erwachsen geworden und hat einem famosen Einstieg einen bestenfalls okayen Nachfolger mit einzelnen Glanzpunkten hinterhergeschickt, der – das sollte man nicht vergessen, noch immer weitaus besser klingt als der Großteil täglicher Formatware. Vielleicht zu schnell zu viel gewollt. Mit Recht kann sie jedenfalls darauf pochen, dass ihre Karriere ja gerade am Anfang steht und noch manche Verirrung erlaubt.
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