Das System läuft auf Volllast. Adrenalin, Laktat und Endorphine feuern durch meinen Körper. Automatismen resultieren in Vortrieb. Okay, größtenteils. Sicherlich auch in Auftrieb, aber das ist eine andere Geschichte… . Alles ist unter Spannung. Auch dank des Speedsuits*. Ich kraule, ich bin. Könnte man sagen. Meine Hände stechen abwechselnd vor mir durch die aufgeschäumte Wasseroberfläche des Dreiweiberner Sees. Unterarm anstellen, dann mit Schmackes durchziehen – als wolle ich sekündlich Holzfässer unter mir nach hinten wegdrücken. Ich bin im Flow.
Aber auch wunderlich. Erste Boje: Niemand da. Zweite Boje: Noch immer nichts außer dem Stand-Up Paddler vor mir zu sehen. Grüße gehen raus an Dich, Schwimmbrille. Ich mag dich, aber warum musst du immer so beschlagen. Aussichtslos. Naja zumindest fast.
ready to rumble!„Scheiße, Sören, Du bist hier gerade erster und es ist Land in Sicht!“
First out of water, ich…?
3,2,1 PENG! Wenigen Minuten vorher sprinten wir ins Wasser wie wildentschlossene Krieger in die Schlacht. Alle haben Bock. 163 Krieger und Kriegerinnen. Letztere sind erstaunlich zahlreich vertreten. Eher eine Randnotiz. Aber eine willkommene.
Zeitraffer – 9:10 Uhr. Die zweite Boje ist umkurvt. Jetzt dämmert es mir: „Scheiße, Sören, Du bist hier gerade erster und es ist Land in Sicht!“ Ich kann ihn bereits hören. „The Voice“ alias Christian Holzmacher, unser herzensfreundliche Moderator an diesem Tage.
„Kommt da der Führende? „
„Ähm, schwarze Kappe, Ja das ist unser erster Einzelstarter“ (die Staffeln gingen 5 Minuten vorher ins Rennen)
Unter mir der immer klarer werde Seeboden. Ich stämme mich empor wie Godzilla aus dem Ozean Spaß…ein, zwei Hechtsprünge, ein fragender Blick zurück auf den See, dann ist es amtlich: der #firstoutofwater Hashtag geht heute an mich. Wahnsinn! Richtig geil. Meine Renntaktik für die erste Disziplin ging ja mal voll auf. Nicht, dass man so etwas planen könnte (außer man heißt vielleicht Lukas Woit oder Josh Amberger)… nein, es ist einfach genial zu sehen, dass das Training wirkt. Hart hatte ich in den letzten Wochen an der neuen Technik gefeilt.
Der Switch vom eher unkoordinierten 6er auf einen kontrollierten 2er Beinschlag (aka „Schleppbeinschlag„) und damit das Timing von Arm- und Beinbewegung ist wie Fahrradfahren ohne Stützräder: Anfangs komplett überfordernd.
Doch mit der Zeit hast Du es drauf. Checkst wie es geht. Versuchst es zu automatisieren. Natürlich bleibt es ein nicht abgeschlossener Prozess. Stand jetzt ist das aber schon mal wettbewerbstauglich. Voller Fokus auf den Armzug. Zuglänge? Check! Hoher Ellenbogen? Check! Unterkörper auf Sparflamme und stromlinienförmig. Hoffentlich. Alles unter Vorbehalt. Doch die Wahrscheinlich ist hoch, dass es so gewesen sein muss. Die Gegner waren kein „Kanonenfutter“.
In der Komfortzone geschehen selten Wunder
Wie immer nehme ich die Zuschauer und das Drumherum kaum wahr. Du kennst das. Man ist im Tunnel. Da gibt es gerade nur dich und eine Zone wenige Meter vor Dir. Da ist auf einmal nicht mehr nur das neben dir peripher, sondern im Grunde alles. Schritt um Schritt joggst du gen Wechselzone 1. Mehr als joggen würde ich das auch nicht nennen. Dass dieser Part auch in Führung liegend genau so wehtut, kann ich nun auch bestätigen. Hat Frodo ja auch gesagt. Als erster leidest du genau so hart! Vielleicht nicht danach, aber mitten drin auf jeden Fall.
Du gibst alles!
Knapp 50 Minuten später ist das Tohuwabohu vorbei. Ziemlich happy laufe ich über die Ziellinie. Und – völlig crazy – kann ich zum ersten Mal ein Siegerband in die Höhe reißen! Boom! Erster Sieg im Triathlon. Nicht das die Welt darauf gewartet hätte, aber ich feier es! Und meine Leute mit mir mit.
Ein sehr geniales Gefühl.
Das Siegerinterview ist ungewohnt.
Auf dem Podium ganz oben zu stehen auch.
Leider gab es keine Champagnerdusche.
Dafür aber n‘ Sixxer Bier.
Und das Grinsen blieb den ganzen Tag.
Props gehen raus an Jan Wolfgarten. Das Training unter der Swimazing Flagge schlägt ja mal richtig an! Woche für Woche wirst du in der Swimazing University ziemlich gepusht. Es tut weh, manchmal schaffe ich nicht jede Einheit hundert Prozent. Aber in der Komfortzone wurden ja bisweilen selten Wunder vollbracht.
Machen ist wie wollen, nur krasser.
In diesem Sinne: Schluss jetzt mit den Sprüchen und Vergleichen. Jetzt wird weiter trainiert. Für die nächste hoffentlich erfolgreiche, triathletische Mission.
PS: 15.09.19 – „F60 Triathlon“ aka Saisonabschluss
*Der Speedsuit ist übrigens von den Sportsfreunden von Aquasphere Germany. Geile Produkte und lässige Leute hinter den Kulissen. Würde ich mal vorbeischauen!