“Act of Valor” oder noch so ein Werbefilm

Erstellt am 24. Mai 2012 von Denis Sasse @filmtogo

© Universum Film / Jason Cottle als Terrorist Abu Shabal in "Act of Valor"

„Dieser Film basiert auf wahren Heldentaten“, eine Formulierung die dem Film „Act of Valor“ des Regisseuren-Duos Mike McCoy und Scott Waugh vorangestellt wird. Die beiden Filmemacher, ehemals als Stunt-Männer im Business unterwegs, machen keinen Hehl daraus, dass ihr Spielfilmdebüt nichts weiter ist, als ein Aufruf für junge amerikanische Männer, den Navy SEALs beizutreten. Nach langer Zusammenarbeit und Recherche mit echten SEALs-Einheiten, entschlossen sich McCoy und Waugh dazu, auch im Film mit diesen Männern zusammen zu arbeiten und auf ausgebildete Schauspieler zu verzichten. Zum Schutz ihrer Identitäten, wurden die entsprechenden Namen der Männer nicht in den Abspann übernommen. Davon würde bei „Act of Valor“ auch so manch ein Schauspieler wahrscheinlich gerne Gebrauch machen.

Da wäre zum Beispiel Roselyn Sanchez, die als CIA-Agentin in Costa Rica von einem international gesuchten Waffenschmuggler und dessen Privatarmee verschleppt wird. Für ihre Rettung kommt nur eine Spezialeinheit in Frage: die Navy SEALs um den erfahrenen Lt. Rorke. Bei der Befreiung decken die Männer eine unmittelbar bevorstehende Terrorbedrohung von unvorstellbarem Ausmaß auf. Nur mit einer hoch riskanten Geheimoperation können die Terroristen gestoppt werden. Sie führt Rorke und seine Männer mitten hinein in das Rückzugsgebiet der Terroristen – das von Drogenkartellen kontrollierte Grenzgebiet zwischen Mexiko und den USA.

Lt. Commander Rorke

Wie erzeugt man Emotionen? In Falle von „Act of Valor“ sicherlich nicht durch die Leistungen der Laien-Darsteller, sondern durch die emotional aufgeladenen Bilder, die höchst plakativ in Szene gesetzt wurden. Es beginnt mit einem kindgerechten Eiswagen, der mit lustiger Dudelmusik durch die philippinischen Straßen fährt. Dann macht er auf dem Hof der International School Manila halt und lockt mit der fröhlichen Melodie und natürlich der kalten Süßigkeit die vielen Kinder an, die hier unterrichtet werden – darunter auch der Sohn eines US-Botschafters, der sich zufällig ebenfalls gerade auf dem Schulhof befindet. Ein Mann entfernt sich vom Eiswagen, dieser explodiert und reißt alles Leben in den Tod. Mit Kindern punktet man in der Filmwelt seit jeher bei den Zuschauern, sie sind das Lockmittel für das Publikum, sie sollen die grausamen Taten von Terroristen – hier immer mit flauschigem Bart als Stereotypen dargestellt – noch intensivieren. Während aus dem Off immer wieder pathetisches Geschwätz ertönt, zeigt der Film im Anschluss an diese Eröffnungssequenz zwei SEALs, die sich über das Vater-werden unterhalten. Auf der einen Seite ein Mann, der mit fünf Kindern bereits genügend gesegnet wurde, auf der anderen Seite ein Soldat, der nun zum ersten Mal das Vaterglück erleben darf. Und noch eine Sequenz weiter krabbelt dann ein kleines Baby über den Soldatenbauch seines Papas und die Zuschauer dürften gänzlich verstanden haben, dass das Familienglück eines jeden Soldaten auf dem Spiel steht, der für die amerikanischen Landen in den Krieg gegen den Terror zieht. Was sind das doch für Helden!

Besser oder platter hätte es auch Regisseur Michael Bay nicht inszenieren können, dessen Faible für Soldatenfiguren und Hubschraubern im Sonnenuntergang hier von den Regisseuren McCoy und Waugh abgeguckt wurde. Nur werden die pathetischen, für ihr Land einstehenden Dialoge noch mehr zelebriert. Das Drehbuch scheint aus Werbefloskeln für die Navy SEALs zu bestehen. Dabei wirken die Darsteller, die aufgrund von Geheimhaltungsgründen namentlich nicht genannt werden dürfen, so hölzern, dass der Film einen großen Preis für den Einsatz von unausgebildeten Schauspielern zahlen muss: das Schauspiel, die Dialoge und die Überzeugungskraft der vermeintlichen Darsteller erinnert allenfalls an einen Pornofilm, bei dem die Gesprächsequenzen aufgrund von mangelnder Schauspielkunst zumeist auch auf das nötigste reduziert werden. Und passend zum Porno verkommt das Frauenbild in „Act of Valor“ zur sich sorgenden Hausfrau, zur hilfebedürftigen Geisel oder zum schlichten Sexobjekt. Die Männerwelt ist doch so viel heroischer und mutiger, als es jede Frau jemals sein könnte. Das wird zusätzlich durch die perfekte Darstellung der Männerwelt klar gemacht, die hier ohne jegliche Schwäche auskommt. Sie werden von Einsatz zu Einsatz geschickt und überzeugen mit taktischer Raffinesse, scharfsinnigen Spürsinn und liebenden Familiensinn. Sie tun etwas Gutes für ihr Land. Sie sind heldenhafter als Comic-Superhelden, sie leisten den größten Dienst, den man einem Land erbringen kann. Sie sind das Beste, was es auf der ganzen, weiten Welt gibt. Dafür bleibt die Darstellung trotzdem stumpf und uninteressant, für dieses Heldentum opfert man charakterliche Züge, die es dem Zuschauer erlauben würde, so etwas wie Interesse für die SEALs zu empfinden. So bleiben dann auch theatralische, in Zeitlupe gefilmte Tode eher gähnend langweilig und werden allenfalls mit einem Schulterzucken quittiert.

US Navy SEAL Senior Chief Van O

Allenfalls durch den intelligenten, hübsch anzusehenden Einsatz der Ego-Perspektive, durch die natürlich die Zielgruppe der Videospiele-konsumierenden Jugendlichen zum SEALs-Aufnahmeformular geführt werden soll, weiß „Act of Valor“ einige filmische Glanzmomente zu zeigen. Mit mehr Mut und einer durchgehenden Optik in diesem Stil, hätte man zumindest ein einmaliges Werk geschaffen. Man übertrifft die wenige Minuten lange Sequenz aus dem 2005er Film „Doom“, bei der die Ego-Perspektive ebenfalls schon einmal zum Einsatz kam. Aber dann macht man den Fehler, auch die Struktur des Films an ein Videospiel anzulehnen: Die Soldaten werden zu ihrem ersten Auftrag geschickt und erledigen diesen mit einigen explosiven Komplikationen und einer Verfolgungsjagd durch den Dschungel, retten hier bereits die Geisel und feiern zu der patriotischen Musik von Fernsehfilm-Komponist Nathan Furst ihren erfolgreichen Einsatz. An dieser Stelle, nach der Hälfte des Films, präsentiert sich ein rundes Ende, das nur durch die Flucht des Oberbösewichts weitergeführt wird. Nun entwickelt sich der Film nicht etwa weiter, sondern macht dasselbe Spiel noch einmal von vorne durch: auf einer neuen „Map“ und mit leicht gesteigerten Schwierigkeitsgrad – ein Einsatz mit Nachtsichtgeräten – verkommt die zweite Hälfte von „Act of Valor“ lediglich zu einem neuen Level.

Die US-Armee muss sich reichlich Sorgen um ihre Zukunft machen, hat man doch bereits mit „Battleship“ einen ordentlichen Werbefilm produzieren lassen. Vielleicht wird bald das erste US-Army Filmstudio gegründet um solcherlei Filme eigenständig auf die Kinoleinwände zu bringen. In deutschen Landen wirkt „Act of Valor“ überdimensional patriotisch, mit geradezu unverständlichem Heroismus. Das wirkt sowohl für den „War on Terror“ als auch auf der filmischen Ebene gänzlich abstoßend.

Denis Sasse


‘Act of Valor‘